Familie Josef Hoche & Karl Hölzgen
Die gemeinsame Lebensgeschichte des am 26.01.1888 in Bonn-Beuel geborenen Josef Hoche und seiner Frau Katharina, geb. Schoeneseifen (1895-1981), beginnt im
Josef und Katharina Hoche stammten aus Bonner Schaustellerfamilien, die, wie in einem Zeitungsbericht vom 13.07.1957 zu lesen ist, bereits seit der Jahrhundertwende zu den Beschickern des Pützchens Marktes gehörten.
Die Eltern von Katharina Hoche, Josef und Katharina Schoeneseifen geb. Scharf, habe ich bereits in der Familiengeschichte von Schoeneseifen vorgestellt.
Die Eltern von Josef Hoche waren schon vor 1900 mit einer von der Firma Friedrich Heyn gebauten Berg- und Talbahn mit dem abenteuerlichen Namen „Das Ungeheuer von Loch-Ness“ auf dem Pützchens Markt.
Neben diesem Karussell betrieben sie auch ein Kettenkarussell und eine moderne Schießhalle mit neuartigen mechanischen Figuren. Es waren kleine, flache Figurenreliefs, meist aus Blech, die neben den Leisten zum Abschießen der aufgesteckten Blumen, an einer Leine oder einem Seil befestigt, sich horizontal über einen Keilriemen in einer Endlosschleife bewegten. Sie waren als Zielobjekte bei den Hobbyschützen sehr beliebt.
Josef Hoche war eines von neun Kindern. Der Bonner General Anzeiger schrieb 1958, dass Josef Hoche bereits, bevor er habe laufen können, seine Eltern zum Jahrmarkt in Pützchen begleitete, wie das allgemein bei Schaustellerfamilien üblich ist. Der Vater habe jedoch Wert daraufgelegt, dass seine Kinder nicht auf der Reise, sondern zu Hause in eine feste Schule gehen und im Anschluss eine Ausbildung machen sollten. Deshalb bestimmte er, dass sein Sohn Josef nach der Schule eine Lehre in Fotographie und Kinematografie absolvierte. Nach erfolgreichem Abschluss stellte der junge Mann mit den Eltern, bald nach der Jahrhundertwende, „fotografische Apparate“ auf dem Pützchens Markt vor und fotografierte die Besucher.
Der Bezug zu einem traditionellen Fest, wie im Falle der Köln-Bonner Schausteller zum Pützchens Markt, zieht sich meist wie ein roter Faden durch das ganze Leben und bindet die Schausteller oft über Generationen hinweg an ihre Heimatstadt. Dies gilt besonders auch für die sogenannten „Kirchturmreisenden“, deren Schwerpunkt der Saison die Teilnahme am größten Volksfest ihrer Region ist. Dazu gehörte auch die Familie Hoche.
Nachdem Josef Hoche seine Katharina geheiratet hatte, war das erste Geschäft der jungen Eheleute Hoche der prunkvoll dekorierte Kettenflieger, den Josef Hoche von seinen Eltern bekommen hatte. Die überlieferte Abbildung ist auf 1910 datiert.
Gemeinsam erwarb das Paar zusätzlich eine Verlosungsbude, „Fortuna“ genannt. Sie war von allen Seiten geöffnet. Jahrzehnte später, nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde sie in der Länge geteilt. Die beiden Längsseiten wurden an den Schmalseiten hintereinander aufgebaut und bekamen eine geschlossene Rückwand. So entstand eine riesig lange Verlosungsbude, die über viele Jahre auf dem Pützchens Markt aufgebaut wurde.
Gründungsjahre der Familie
Aber noch einmal zurück zu den Gründungsjahren der Familie, die sich zwischen 1917 und 1920 um vier Kinder vergrößerte. Es kamen zwei Söhne und zwei Töchter zur Welt: 1917 Gottfried, 1918 Anneliese, 1919 Therese (Resi) und 1920 Hans-Herbert.
Ein schwerer Schicksalsschlag traf das junge Paar im Jahre 1924, als ihr vierjähriger Sohn Hans-Herbert auf dem Platz an einem ungesicherten Stromkabel hängen blieb und starb. Zehn Jahre später, 1934, gebar Katharina nochmals einen Sohn, den sie ebenfalls Hans-Herbert nannte.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs waren Katharina und Josef Hoche froh, dass ihr ältester Sohn Gottfried nach seiner Musterung am 10.02.1936 beim Wehrbezirkskommando Bonn, trotz seines Tauglichkeitgrads I, aufgrund der Tätigkeit als Schaustellergehilfe im elterlichen Betrieb, vom Kriegsdienst freigestellt wurde. Dies war in den ersten Kriegsjahren eine durchgängige Praxis.
Die Nationalsozialisten wollten die Volksfeste als Freizeitgestaltung aufrechterhalten, gemäß der 1933 gegründeten Organisation „Freizeitwerk des Dritten Reichs — Kraft durch Freude“, abgekürzt KdF. Dadurch blieben einige Schausteller und deren Söhne vorerst vom Kriegsdienst verschont.
Aber Gottfried ließ sich mit Fortschreiten des Krieges nicht von dem Wunsch abbringen, für sein Vaterland zu kämpfen. Ein weiterer bitterer Schicksalsschlag traf die Eltern bis ins Herz, als er sich am 16.04.1942 freiwillig zur Ostfront meldete und nur vier Monate später im Alter von 25 Jahren am 16.08.1942 bei Tschernytschi den Soldatentod fand.
Bereits vor Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte die Tochter Anneliese den Schausteller Karla Hölzgen geheiratet und war ihm nach Koblenz gefolgt. 1939 bekamen sie eine Tochter, Marie-Luise. Ein Sonnenschein in diesen schweren Zeiten. Aber das kleine Mädchen starb im Alter von 3 ¾ Jahren an Diphtherie. Die junge Beziehung überstand den Verlust ihres Kindes nicht. Anneliese kehrte zu ihren Eltern nach Bonn zurück und die Ehe wurde bald darauf geschieden. Später heiratete Anneliese den Privatmann Mathias Jongen. Das Paar blieb jedoch kinderlos.
Finanziell war es der Familie der Zeit entsprechend immer recht gut gegangen. Fleiß, Sparsamkeit und ein gesunder Ehrgeiz waren die Devise von Josef und Katharina Hoche.
Bis weit in die zweite Hälfte des Krieges wurden die kleinen Kirmesveranstaltungen und Schützenfeste im Köln-Bonner Raum noch abgehalten, so dass niemand Hunger, Kälte oder sonstige Not erleiden musste.
Endlich war der Zweite Weltkrieg zu Ende und nach dem ersten Aufatmen herrschte überall Aufbruchstimmung. Die ersten Volksfeste wurden wieder abgehalten. Auch für das Schaustellergewerbe sollte es bald bergauf gehen.
Resi und Karla Hölzgen
1946 heiratete Resi Hoche den geschiedenen Mann ihrer Schwester Anneliese, Karla Hölzgen. Karla verließ seine Heimatstadt Koblenz und siedelte nach Bonn zu den Schwiegereltern über.
Anfangs wohnten beide Familien in Bonn-Beuel auf der Broichstraße 109.
Später kaufte Familie Hölzgen in der Rheinaustraße 32, ebenfalls in Beuel, ein ehemaliges Teilgrundstück ihrer Tante Josephine Müller mit einem alten Haus. Nach dem Tod ihres
Mannes erwarben sie auch den hinteren Teil des Grundstücks mit einem zweiten Haus.
Weil nun auch der Schwiegersohn, Karla Hölzgen, in der Familie lebte, erwarb Josef Hoche schon ein Jahr nach Ende des Krieges, 1946, von der Firma Heinrich Mack einen Holzpfosten-Autoskooter. Dabei war eher die Ehefrau die treibende Kraft, wie es nicht selten in Schaustellerfamilien der Fall ist.
Der 12-jährige Hans-Herbert half nun neben der Schule im elterlichen Betrieb mit. Die Familie soll auch ein Teufelsrad betrieben haben. Leider ist kein Bildmaterial davon überliefert.
Nachdem der Skooter von Mack ausgeliefert worden war, übernahmen die Tochter Resi und ihr Mann Karla Hölzgen das Kettenkarussell und betrieben die Fortuna-Verlosung der Eltern.
Obwohl sie getrennte Betriebe führten, blieb der Zusammenhalt der beiden Familien Hoche & Hölzgen über viele Jahrzehnte bestehen.
Im Jahre 1947 bekamen Resi und Karla einen Sohn Uwe. Der von seiner Mutter ganz besonders behütete Junge hatte bis zum Tod der Eltern eine sehr enge Beziehung zu ihnen, insbesondere zu der Mutter.
In der Familie wurde in späteren Jahren eine kleine Anekdote von der Sorge um Uwes Haarpracht erzählt. Die Haare des kleinen Uwe wollten und wollten nicht kommen. Beim Kinderarzt berichtete die besorgte Mutter, dass sie alles versucht habe, den Haarwuchs zu fördern, sie habe sogar täglich den Kopf des Jungen mit 4711 eingerieben. Die Überraschung und der darauffolgende Lachanfall des Arztes sollen groß gewesen sein. Nachdem diese Therapie eingestellt worden war, sollen auch die Haare endlich gewachsen sein.
Ohne Zweifel können Eltern ihre Kinder immer nur bedingt schützen und vor Unheil bewahren. Als Uwe drei oder vier Jahre alt war, wurde er beim Spielen mit dem Schäferhund der Familie von diesem überraschend angegriffen. Nur durch das Eingreifen von Hans-Herbert Hoche mit einem Hebebaum ließ der Hund von dem Kind ab und Uwe überlebte das Un-glück. An die schweren Kopfverletzungen erinnern immer noch 13 Narben.
Etwa zeitgleich, im Jahre 1952, gehörten Katharina Hoche und ihr Schwiegersohn Karla Hölzgen zu den Gründungsmitgliedern des Schausteller- und Geselligkeitsvereins Bonn e.V., unter der Leitung des ersten Vorsitzenden, Josef Schoeneseifen III.
1953 heiratete Hans-Herbert Hoche eine junge Frau von Privat namens Anneliese, geb. Trimborn. 1954 wurde die Tochter Marie-Luise geboren. Hans-Herbert heiratete später ein zweites Mal, die Schaustellertochter Margret Rosenzweig aus Köln. Die Beiden bekamen 1975 eine Tochter, die den Namen Anja bekam.
Die Tochter Marie-Luise aus erster Ehe heiratete 1975 den Privatmann Walter Schmitz, mit dem sie drei Kinder bekam. Später unterstützte sie ihren Cousin Uwe in dessen Zeltbetrieb.
Beziehung zum Pützchens Markt
Wie schon erwähnt, gehörten die Familien Schoeneseifen und Hoche schon 1958 zu den „Goldjubilaren“ des Pützchens Marktes.
Im Bonner Stadtarchiv aufbewahrte Dokumente belegen, dass Josef Hoche 1959 bereits zum 70zigsten Mal am Pützchens Markt teilnahm. Seine Frau Katharina Hoche erhielt 1965 eine Treue-Urkunde für 50 Jahre Teilnahme am Pützchens Markt.
Aber auch deren Schwiegersohn Karla Hölzgen bleibt in seiner Beziehung zum Pützchens Markt unvergessen.
Aufgrund seines sozialen Engagements und seiner Initiative wurde 1957 die Benefizveranstaltung für Waisenkinder und Behinderte eingeführt. Zunächst sollte sie nur am Dienstag-morgen des Jahres 1957 auf dem Pützchens Markt stattfinden. Aber von Beginn an wurde die Aktion von allen Beteiligten, den Bonner Bürgern und natürlich von den Kindern mit Begeisterung aufgenommen, so dass es zur Tradition wurde. Außerdem schlug Karla Hölz-gen vor, zur Eröffnung des Pützchens Marktes Bonns ältere Bürgerinnen und Bürger zu Kaffee und Kuchen ins Festzelt auf Kosten der Schausteller einzuladen.
Ein weiterer Glanzpunkt seit den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts war es, dass die sogenannte „Komödianten-Musik-Kapelle“ jeweils am Dienstag über den Pützchens Markt zog und den Schaustellern sowie allen frühen Besuchern ein Ständchen brachte.
Es waren damals und heute Mitglieder aus namhaften Komödianten-Familien, die ehemals mit kleinen Menagerien und Circus-Unternehmen gereist waren. Niemand von ihnen hatte ein Instrument spielen gelernt. Aber nicht selten waren virtuose Musiker unter ihnen.
Noch heute setzt sich die Tradition fort. Auch dies wurde von Karla Hölzgen wohlwollend unterstützt.
Am 9. Juni 1965 erhielt Karla Hölzgen von dem Schausteller-Seelsorger, Pastor Heinz-Peter Schöning, die Ehrennadel in Gold für seine Arbeit zur Förderung der Circus- und Schaustellerseelsorge.
Auch in der Vereinsarbeit war Karla Hölzgen rege. 1967 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Schaustellerverein Bonn e.V. Am 9. März 1978 wurde er zu dessen Ehrenvorsitzenden ernannt und erhielt für seine besonderen Verdienste zur Gründung des Verbandes die Goldene Vereinsnadel.
Bald wurde Onkel Karla, wie er überall genannt wurde, über die Tore Bonns hinaus bekannt. Ihm wurde 1980 das Bundesverdienstkreuz am Bande für die Einführung des „Tags der Waisenkinder“ verliehen. In der Presse stand, dass der damalige Bürgermeister Hans Steger, im Auftrage des Bundespräsidenten Karl Carstens im Rathaus die Ehrung übernahm. Hans Lennarz, Bezirksvorsteher von Bonn-Beuel soll damals gesagt haben: „Karla Hölzgen gehört zum Pützchens Markt, wie Beethoven zu Bonn“.
Auch für die kleineren Bonner Kirmesveranstaltungen engagierte er sich. So wurde ihm eine Ehrenurkunde und die Ehrenmitgliedschaft vom Bürger-Schützen-Verein-Delhoven 1926 e.V. verliehen.
Aber schauen wir noch einmal zurück in das Jahr 1960
Die Familie Hoche bestellte damals bei der Firma Mack einen neuen Acht-Säulen-Autoskooter, der nun schon von ihrem Sohn Hans-Herbert und dessen Frau Margret betrieben wurde.
Den bewährten Holzpfosten-Autoskooter übernahmen die Tochter Resi, ihr Mann und der heranwachsende Sohn Uwe.
Aus den Beschicker-Listen des Pützchens Marktes geht hervor, dass die Familien Hoche und Hölzgen 1962 mit acht Geschäften auf dem Pützchens Markt vertreten waren.
Am 10. März 1966 feierten Josef Hoche und seine Frau das Fest der Goldenen Hochzeit.
In der Laudatio im Bonner General Anzeiger wurde Katharina Hoche als „Manager“ beschrieben, die resolut den Betrieb dirigierte und daneben auch gerne als „Fastelovendsjeck“ im Karneval feierte.
Es war ein ungleiches Paar, die große, stämmige, energische, geliebte und gefürchtete Katharina, die bis heute unter dem Namen „Tante Trina“ Vielen in Erinnerung geblieben ist und der etwas kleinere, eher schmächtige und ruhige Josef, die jedoch beide gerne feierten.
Trotzdem oder gerade deshalb hatten Josef und Katharina Hoche die 50 gemeinsamen Ehejahre geschafft und schauten mit Stolz auf ihr Leben, aber manchmal auch mit Wehmut auf den Verlust ihrer beiden Söhne und der kleinen Enkeltochter zurück, den sie nie ganz verkraftet hatten.
Josef Hoche starb nach einem erfüllten Leben am 8. Januar 1967 in Bonn. Auch ohne das aufgefundene Testament, welches seine Frau Katharina als alleinige Erbin bestätigte, bestand kein Zweifel darin, dass die alte Dame zwar weiterhin als Oberhaupt der Familie agierte, aber an den mit ihrem Mann bereits getroffen Entscheidungen festhielt. Hans-Herbert Hoche (1934-1998) betrieb den Autoskooter, der heute noch von seiner Tochter Anja mit deren Mann geführt wird.
Eine Zeit lang blieb Katharina Hoche bei Sohn und Schwiegertochter; die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie bei ihrer Tochter Resi. Sie war bei allen Schaustellern immer will-kommen. Als sie am 28. Dezember 1981 im Alter von 86 Jahren starb, wurde sie in der Presse als „Grande Dame“ der Familie bezeichnet.
Inzwischen hatten die Eheleute Karla und Resi Hölzgen die Führung ihres Betriebs nach und nach ihrem Sohn Uwe anvertraut, obwohl die Einnahmen immer noch von den Eltern verwaltet wurden. Uwe war strebsam und ehrgeizig und verstand schon früh, sein Leben zielorientiert zu organisieren.
Familie Uwe Hölzgen
Nur im Privatleben startete Uwe Hölzgen mehrere Anläufe. In 1. Ehe heiratete er die Schaustellertochter Hanni Ehrhardt aus Koblenz. Die Ehe wurde schon bald geschieden. Dann hei-ratet er in 2. Ehe am 06.02.1976 die Schaustellertochter Marion Mark aus Düren. Das Paar bekam 1981 eine Tochter und nannten sie nach dem Großvater, Carla.
Die Ehe endet überraschend im Jahre 1993. Dies erlebte Karla Hölzgen nicht mehr, denn er starb einen Tag nach seinem 75. Geburtstag am 06.11.1990. Seine Frau Resi Hölzgen folgte ihm im Januar 2001.
Später heiratete Uwe noch ein 3. Mal.
Bereits 1969 hatte Uwe Hölzgen mit seinen Eltern zusammen bei Heinrich Mack einen neu-en Autoskooter bestellt. Nun waren in Bonn gleich vier Schaustellerfamilien ansässig, die moderne Autoskooter betrieben. Rudolf Barth, sein Bruder Günter Barth, Graesler-Kipp, Uwe Hölzgen und Hans-Herbert Hoche. Letzterer hatte sich jedoch ab den 1980er Jahren mehr auf Plätze in Köln orientiert und dort versucht, gemeinsam mit seiner aus Köln stammenden Frau seine Ansprüche auf die lukrativen Karneval- und Osterplätze geltend zu machen.
Untereinander bestand zwischen den zwar freundschaftlich verbundenen Bonner Familien aber doch eine gewisse geschäftliche Rivalität. Ehrgeizig war jeder bemüht, die eigenen Ge-schäfte, das Wagenmaterial und das gesamte Equipment in bestem Zustand zu präsentieren.
Es waren die Jahre der Expansion in der Entwicklung der Schaustellergeschäfte und des Aufstiegs vieler Schaustellerfamilien, z.B. in der Heimatstadt von Hoche und Hölzgen die Familien Barth, Kipp und Markmann.
So war Rudolf Barth 1970 ins Achterbahn-Geschäft eingestiegen, 1979 fand die Premiere des Doppel-Loopings statt und 1984 die des Dreier-Loopings und schließlich 1989 des Fünfer-Olympia-Loopings, was indirekt auch Ansporn für die anderen Bonner Kollegen gewesen sein kann.
Uwe Hölzgen betrieb mit seiner Frau Marion einen Autoskooter, einen Imbiss und einen Ausschank und organisierte zusätzlich einige lukrative und erfolgreiche Veranstaltungen, nämlich das „Amerikanische Volksfest in Bitburg“ und die Großveranstaltung „Rhein in Flammen“ in der Bonner Rheinaue.
Marion Hölzgen erzählte der Verfasserin, dass der Ehrgeiz ihres Mannes damals jedoch noch nicht gestillt gewesen sei und er nach einem Rundgang über den Pützchens Markt die Idee hatte, ein Festzelt bauen zu lassen und darin seine Zukunft sah.
1987 erwarben er und seine Frau Marion gemeinsam mit der Firma Jakob Wolters ein Festzelt.
Den Kauf und die Gestaltung der Fassade des Zeltes übernahmen Uwe und Marion in Eigenregie.
Schon nach der ersten Saison, in der sie zwei Plätze, Herborn und Pützchen gehalten hatten, übernahmen Uwe und Marion Hölzgen das Festzelt alleine. Von Beginn an fand auch Uwes Cousine Marie-Luise Schmitz, geborene Hoche, ihren Platz im Festzeltbetrieb.
1989 kaufte die Familie Uwe Hölzgen ein zweites, um ein Vieles größeres Festzelt. Mit der „Hölzgen-Bayern-Festhalle“, in der 2500 Besucher Platz fanden, gelang der Sprung in die erste Liga der Volksfestplätze. Dazu zählten viele Großveranstaltungen: Düsseldorfer Schützenfest, Cranger Kirmes, Pützchens Markt, Bremer Freimarkt, Oldenburger Krammarkt, Soester Allerheiligen Kirmes, Hamburger Dom und andere.
Die Familie Hölzgen zeichnete sich durch Fleiß, Organisationstalent sowie einen vorbildlichen Zeltbetrieb mit gutem Rahmenprogramm aus. Der Durchbruch war geschafft.
Inzwischen war auch ein weiteres Grundstück auf der Broichstraße in Bonn erworben worden. Darauf baute Uwe dann ein Doppelhaus für seine Eltern und die eigene Familie.
Neben der erfolgreichen Bewirtschaftung des Zeltes, saß Marion zunächst an den Spieltagen noch selbst an der Kasse des Autoskooters, dann übernahm diese Aufgabe ihre Mutter, Tante Mucki (Mark), die inzwischen ihre Raupe eingestellt hatte. Nach einigen Jahren wurde der Skooter von Werner und Kirstin Schmid aus Köln betrieben und um das Jahr 2005 in den Skyline Park von Löwenthal verkauft.
1993 trennten sich Marion und Uwe Hölzgen.
Nach der Trennung übernahm Marion Hölzgen den Imbiss und den Ausschank-Betrieb, um deren Auf- und Abbau und Transport sich Uwe auch weiterhin kümmerte.
Den Zeltbetrieb führte Uwe mit seiner neuen Partnerin weiter. Das Paar heiratete einige Jahre später.
Im August 2009 schlug das Schicksal in der Familie erneut zu. Nach dem feuchtfröhlichen ‚Gemütlichen Abend‘ in Crange, zu dem die Stadtverwaltung von Herne alljährlich die Schaustellerfamilien einlädt, verließ Uwe Hölzgen die Veranstaltung. Man hat nie erfahren, ob er im Glauben nach Hause oder woanders hinfahren zu wollen, in sein Auto stieg, welches neben seinem Wohnwagen geparkt war und wegfuhr. Nach nur wenigen Kilometern, auf der Autobahn in Fahrtrichtung Bonn, verunglückte er und überlebte nur knapp seine schweren Verletzungen.
Als Uwe Hölzgen nach einem sehr langen Krankenhausaufenthalt mit wochenlangem Koma ins Leben zurückkehrte, war er nicht mehr der Alte. Nichts erinnerte mehr an den Workaholic, den „Stressman“, den immer unter Strom stehenden Perfektionisten.
Zunächst wurde er von seiner Frau zu Hause gepflegt. Eintretende Spätfolgen führten jedoch dazu, dass eine Heimunterbringung unumgänglich war und er seit einigen Jahren in einem Pflegeheim lebt.
Im Jahre 2017 wurde die große „Hölzgen-Bayern-Festhalle“ an Jan Patrick Wolters aus Bremen verkauft.
100 Jahre Familiengeschichte
Mehr als 100 Jahre sind inzwischen vergangen, seit Josef und Katharina Hoche während des Ersten Weltkriegs ihren Ehebund schlossen. Sie ahnten nicht, dass sie noch einen zweiten Weltkrieg erleben würden, der ihnen auch ihren zweiten Sohn nehmen würde. Trotzdem schauten sie am Tag ihrer Goldenen Hochzeit auf ein erfülltes und reiches Leben zurück. Ihr Lebenswandel, ihr Fleiß, ihre Innovationsbereitschaft, ihr Engagement in den Schausteller-vereinen und für ihren geliebten Pützchens Markt und letztendlich der Zusammenhalt ihrer Familie hatten ihnen und dem Schaustellergewerbe viel Anerkennung und Ehrungen beschert.
Josef und Katharina Hoche waren Vorbild auch für ihren Schwiegersohn, Karla Hölzgen, der sich besonders um Waisenkinder, alte Menschen und zusätzlich um soziale Projekte verdient gemacht hatte, für die er die Goldene Ehrennadel und das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte.
Auch Uwe Hölzgen führte die Tradition der „Tag der Heim- und Waisenkinder“ mit an-schließender Bewirtung und Bespaßung der Kinder im Festzelt weiter. Er wurde dabei von seinem Freund Dr. Hans Riegel, Chef der Firma Haribo aus Bonn, unterstützt.
Letztendlich wurde das mit Fleiß und Ehrgeiz gestartete Schaustellerleben von Uwe Hölzgen, durch einen tragischen Autounfall frühzeitig beendet.
Noch immer ist der Name Hölzgen auf dem Pützchens Markt und auch auf dem Bonner Weihnachtsmarkt ein Garant für Qualität und solide Geschäftsführung.
© Margit Ramus
Einen Überblick über die Ahnenreihe finden sie unter folgendem Link:
Tabellarischer Stammbaum der Familien Josef Hoche und Karl Hölzgen
Bild-Galerie
Quellen | Alle Angaben zur Familien- und Firmen-Chronik wurden von Marion und Carla Hölzgen sowie von Marie-Luise Schmitz geb. Hoche gemacht. Sie haben die Richtigkeit des Inhalts und die Veröffentlichung aktuell im April 2022 bestätigt. |
Guten Tag,
es hat mir viel Freunde bereitet die Geschichte zu lesen. Der Autoscooter der Famillie Hoche stand in den 90ern immer in meinem Heimatort Immekeppel auf der Kirmes.
2002 war er dann auf einmal weg, gut 20 Jahre später dachte ich mal Googlen was daraus geworden ist und bin auf den Artikel gestoßen.
Der Scooter der Famillie Hoche wurde wohl 2002 nach Serbien verkauft, im Jahr 2002 stand dann ein anderer Scooter in Immekeppel (ein sehr altes Modell mit Leuchtstoffröhren an der Front usw.) Wissen Sie ob das der aktuelle Scooter der Familie ist, der in diesem Jahr dann modernisiert wurde?
Hallo Herr Müller, schön, dass Sie Freude beim Stöbern im Archiv hatten. Im Bericht Hoche & Hölzgen ist zu Lesen, dass der Autoskooter von Hölzgen verkauft wurde. Anschließend nur noch die Bayer-Festhalle und ein Imbiss betrieben wurde. Heute reist nur noch Marion Hölzgen mit Imbiss und Ausschank. Viele Grüße Margit Ramus