Schaustellergeschäfte A - Z

Alpenblitz

Alpenblitz der FamSchoeneseifen. Foto Dürener Annakirmes 1977
Alpenblitz der Familie Schoeneseifen. Foto Dürener Annakirmes 1976. © Sammlung Schoeneseifen
Alpenblitz
Hochgeschäft
Skelettbau
1975
Größe 41 m Länge; 24 m Tiefe; 13 m Höhe der Rückwand;
4,5 m max. Höhe der Schienen
Transportfahrzeuge 2 Bahnhofspaletten; 2 Schienenwagen; 1 Bockwagen;
1 Frontwagen; 1 Kassenwagen
Schwarzkopf, Anton
Herbert Sommer
Winterlandschaft; Sommerlandschaft
Robrahn; Schoeneseifen; Bruch;
Baugeschichte

Im Jahre 1969 baute die Firma Heinrich Mack für die Firma Tiemann aus Bremen ein neues Schienengeschäfte, den Tokaido-Express. Es folgte der Tokaido-Express 2 (Tahichi- Express), für Peter Dom der Blaue Enzian und für Fritz Kinzler die Schwäbische Eisenbahn u.a.

Bereits 1973 in Oldenburg lieferte Anton Schwarzkopf an die Firma Robrahn den Cresta Cresta. Eine ähnliche, modifizierte Anlage wie die Mack Geschäfte, allerdings bedeutend schwerer, kompakter, eben typisch für Schwarzkopf. Die Dekoration war viel minimalistischer gestaltet, als die von Mack . Außerdem saßen die Fahrgäste in den Gondeln hintereinander und der Zug fuhr nach rechts, entgegen dem Uhrzeigersinn. Die Kasse stand auf der linken Seite des Bahnhofs.
Das Geschäft war noch sehr störanfällig und so bestellte Robrahn nach der ersten Saison bereits einen Folgebau. Die konstruktiven und technischen Veränderungen nahmen das ganze Jahr in Anspruch. Schwarzkopf überholte Cresta komplett und verkaufte nach Holland an die Firma Emmo van der Veen.

Am 8. November 1975 bekam Robrahn seinen ersten Alpenblitz zum Hamburger DOM. Im darauffolgenden Jahr, zu Karneval in Köln 1976 (26.02.1976 Premiere) bekam Josef Schoeneseifen (Vater der Verfasserin) den zweiten und zum Staufenplatz in Düsseldorf wurde der Alpenblitz Nr. 3 an Oscar Bruch ausgeliefert. Familie Bruch entschied sich für eine sommerliche Alpenlandschaft. 
Aber auch an dieser dritten Anlage waren die technischen Störungen noch nicht alle behoben. 

Nach den Erfahrungen der Betreiber war der Chaisenzug eine Fehlkonstruktion. Die Räder zu klein und die Motoren zu schwach. Im Betrieb brannten die Motore immer wieder durch und die Räder liefen heiß.
Deshalb trennte sich die Firmen Robrahn schon nach einer Saison wieder von dem Geschäft und verkaufte nach Argentinien. Später wurde das Alpenblitz verschrottet.
Oscar Bruch fand erst drei Jahre später einen Käufer und stieg gemeinsam mit Fritz Kinzler, mit dem Looping Star, in die Achterbahnszene ein. 

Nur Josef Schoeneseifen fand keinen Käufer und vertraute darauf, dass die technischen Störungen behoben werden würden. Leider war dies nicht der Fall und die Anschaffung des Alpenblitz stellte sich als totale Fehlentscheidung, in seinen bis dahin so erfolgreichen Lebensweg heraus. Erst nach sechs Jahren fand sich ein Käufer.

Baubeschreibung

Auf zwei nebeneinander angeordneten und miteinander verbundenen Kreisfundamenten aus Stahl, Sohle genannt, war ein geschlossenes Schienensystem in Form einer Acht konstruiert. Berge und Täler der Schienenführung waren durch Schienenböcke in unterschiedlichen Höhen ermöglicht. Als Kontergewicht waren in die Zentren der Schienenkreise große Wasserbecken eingebaut. Die Anlage, in den Grundmaßen von 41 x 24 Metern, war nach hinten mit einer Rückwand verschlossen. Zum Betrachter hin, war dem Schienensystem eine Einstiegszone, auch Bahnhof genannt, vorgesetzt. Eine dreistufige Treppenanlage führte aus der Wartezone in die Ein- und Ausstiegsebene des Chaisenzuges. 

Dekoration

Die Rückwand dieses Skelettbaus war als winterliche, schneebedeckte Berglandschaft gestaltet. In der Bergwelt waren kleine, beleuchtete Hütten und eine Bergbahn zu integriert. Über die Rückwand hinaus ragten strahlenförmig angeordnete Lichtleisten, die die aufgehende Sonne suggerierten. Der Name Alpenblitz in großen Leuchtbuchstaben schloss die Fassade ab. Die Rückwand der zweiten Anlage für Schoeneseifen war um ein vielfaches höher als die von Robrahn. Auf den überlieferten Abbildungen kann man die zusätzlich aufgelegten Lichtquellen bei Schoeneseifen erkennen.

Im vorderen Teil war der Bahnhof mit Geländern und Lichtständern eingegrenzt. Auch hier unterschieden sich die Anlagen von Robrahn und Schoeneseifen. Robrahn hatte Lichtständer in Tulpenform. Bei Firma Schoeneseifen waren die Lichtquellen formal als Tannenbäume gestaltet. Sie korrespondierten mit großen, beleuchteten Bäumen im Inneren der Schienenkreise. Die als Kontergewichte eingesetzten Wasserbecken hatten einen individuellen Farbauftrag.
Bei allen drei Anlagen waren im rechten Vordergrund des Bahnhofs, als Fachwerkhaus mit Schindeldach, die Kasse und der Fahrstand platziert. 

Technische Probleme des Alpenblitz

Beim Anfahren benötigte der Alpenblitz eine Anlaufspannung von über 700 Ampere, deshalb das Flackern des Lichtes. Dies war jedoch nicht auf falsche Berechnungen zurückzuführen.
Der Antrieb erfolgte durch acht Motoren vorne als Zug- und hinten als Schubantrieb. Der zehnteilige Zug hatte zwei Antriebe mit acht Motoren, vier im ersten Wagen und vier im letzten. Der Zug wurde vorne gezogen und von hinten angeschoben.
Für die Motoren wurden je 17,5 kW (Kilowatt) benötigt. Die Gehäuse dieser Größenordnung passten jedoch nicht in die Chaisen. Anton Schwarzkopf, der schon immer mit dem Kopf durch die Wand gegangen war, ließ deshalb die 17,5 kW Motore in das Gehäuse von 15 kW Motore einbauen. 
Bei hoher Belastung wurden die etwas zu kleinen Gehäuse warm und brannten durch. Die Geschwindigkeit konnte nicht runter genommen werden, weil der Zug über eine Sterndrucksteuerung gefahren wurde.

Erst später, entweder in Italien oder erst in Indien, wurde eine Frequenzregler-Steuerung eingebaut. Damit konnte die Geschwindigkeit reguliert werden und beim Einfahren des Zuges in die Kurven zurückgenommen werden. Außerdem wurde der Zug um drei Fahrzeuge auf sieben Chaisen gekürzt. Dadurch wurden 3000 kg Gewicht eingespart. 
Durch die baulichen Veränderungen wurden die Probleme behoben. 
Warum niemand bereits in Deutschland auf diese Lösung gekommen war, bleibt unerklärlich und damit unbeantwortet.
© Infos des Zeitzeugen Hans-Josef Schoeneseifen, der das Geschäft gemeinsam mit seinen Eltern betrieben hatte.

Stationäre Anlage für Parks im In- und Ausland

1976 verkaufte Schwarzkopf eine Anlage an den US-Freizeitpark Great Adventures in Jackson, NJ (heute Six Flags Great Adventures). Nach drei Jahre wurde er bereits wieder weiterverkauft.
1978  erwarb das Phantasialand in Brüh l einen Exemplar dieses Bautyps. Dort lief die Achterbahn bis sie in einem Feuer am 01.05.2001 zerstört wurde und danach zur Verschrottung kam.
1979 eröffnete das Bobbejaanland in Belgien einen Alpenblitz. Entweder kam die Anlage neu in den Park oder wurde aus New Jersey erworben.
1986 wurde auch in Bottrop im Traumlandpark ein Alpenblitz betrieben. 

Provenienz und Verbleib

Anton Schwarzkopf baute von diesem Bautypus, nur den Cresta Cresta und drei Alpenblitze für Deutschland. 
Die Firmen Robrahn und Bruch trennten sich schnell von dem Fahrgeschäft, weil es immer wieder zu technischen Störungen kam. 
Robrahn verkaufte nach Argentinien in den Parque de la Cludad in Buenos Aires und das Geschäft wurde später verschrottet.
Oscar Bruch verkaufte 1979 nach drei Jahren ihren Alpenblitz an Konrad Spengler in die Schweiz. Er soll wieder nach Deutschland zurückgegangen sein und später nach Moskau in den Gorkiy Park gelangte. Nach Schließung des Parks im Jahre 2009 wurde der Alpenblitz verschrottet.
Josef Schoeneseifen verkaufte seine Anlage erst 1981 an den Vergnügungspark „Eden Landia Neapel“. Hans-Josef Schoeneseifen begleitete den Verkauf und Transport nach Italien und baute den Alpenblitz in dem Park auch noch einmal auf.
Etwa 2000/2001 wurde er nach Indien exportiert.
Der Alpenblitz ist noch heute im „Queensland Park Chennai“ in Indien in Betrieb. Dazu das kleine Video. Auf dem Video erkennt man den verkürzten Chaisenzug.

© Margit Ramus


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Dazu Schaustellergeschäfte im Archiv Kulturgut Volksfest:

 

 

Ramus 2013. Kat. Nr. 65.
Gespräch mit Hans-Josef Schoeneseifen, dem Bruder der Verfasserin.
Das gesamte Bildmaterial ist von der Familie Schoeneseifen/Ramus. © Archiv Ramus

4 Beiträge zu “Alpenblitz

  1. Thorsten Janke

    Vielen Dank für diese Verlinkung.
    Der Beitrag hat so einige Fragezeichen aus meinem Kopf beantworten können.
    Im Premierenjahr ging eine weitere Anlage an den US-Freizeitpark Great Adventures in Jackson, NJ (heute Six Flags Great Adventures). Wurde dort für drei Jahre betrieben und dann bereits wieder weiterverkauft.
    Eine Custom designed Anlage ging 1978 an das Phantasialand in Brühl. Dort lief die Achterbahn bis sie in einem Feuer am 01.05.2001 zerstört wurde und danach zur Verschrottung kam.
    Unklar ist der Einsatzort / Besitzer der sechsten Anlage. Zum Jahr 1979 eröffnete das Bobbejaanland in Belgien einen Alpen-Blitz. Entweder kam die Anlage neu in den Park (Man besass schon eine Schwarzkopf Wildcat und ein Schwarzkopf-Riesenrad. So dass diese Anschaffung einen weiteren Kauf vom Hersteller darstellt. Alternativ könnte es sich bei dieser Anlage aber auch um einen Reimport aus New Jersey handeln.

    Antworten
  2. Rainer Wallenfang

    Die Motorenprobleme gab es schon beim Bau im Werk. Ein ehemaliger Schwarzkopf-Mitarbeiter erzählte mir, dass beim Anfahren des Zuges die Lichter in der Halle sehr dunkel wurden! Es floss ein zu hoher Strom. Anton Schwarzkopf war sehr wütend und schimpfte,es seien falsche Berechnungen vorgenommen worden. Dass sich das jedoch im Betrieb wiederholte, wundert mich. Aber es macht Spaß, auf dieser Seite hier zu lesen! Schade, denn ich komme auch aus Köln und der Alpenblitz an Karneval in Köln 1976 was DAS Thema an der ganzen Schule! Sie waren alle ganz verrückt nach dieser Bahn. Alleine schon wegen dem Tempo! Die Tatsache, dass die eine Bahn heute noch existiert, lässt darauf schließen, dass man das Motorenproblem später doch noch lösen konnte.

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