Schaustellergeschäfte A - Z

Santa Maria Schaukel

Santa Maria von Joachim Löwenthal © Archiv Uwe Holzmann
Name(n) des Geschäftes Santa Maria 
Typologische Bauaufgabe Schaukel
Baujahr ab 1978
Bauform Hochgeschäft
Hersteller Anton Schwarzkopf
Maler Knorrn, Harry; Peter Petz; Gebrüder Stritzel; Wolfgang Bühren u.a.
Bauherr / Inhaber Löwenthal 
Baugeschichte

Schon im 18. Jahrhundert gab es einfache Schaukeln auf deutschen Jahrmärkten. Bald gab es aufwendig dekorierte Schaukeln, dessen Hersteller oft nicht überliefert sind. Um 1890 baute Bothmann bereits eine sogenannte Amerikanische Schaukeln. Die Fahrgäste standen allein oder zu zweit in kleinen Schiffen und bewegten sich durch eigenen Körperantrieb.

Nach der Wende zum 20. Jahrhundert konstruierte man ein großes, sich auf Schienen hin und herbewegendes Schiff. Eine größere Anzahl an Fahrgästen fand darin Platz. Eine solche Anlage wurde als Hutschmaschine im Wiener Prater bekannt. 
In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre begannen etwa zeitgleich die Firmen Huss, Schwarzkopf und Zierer mit dem Bau von großen Schaukeln. Das neue Fahrgeschäft wurde in der Branche Schiff genannt und die Auftraggeber wählten individuelle Namen und Dekorationsthemen. Aber der Oberbegriff Schaukel hat sich gehalten.

Santa Maria von Schwarzkopf

Schwarzkopf konstruierte 1977/78, zeitgleich zu der Herstellerfirma Huss ebenfalls eine Riesen-Schaukel. Anton Schwarzkopf verzichtete auf den Schaukelbock, entwickelte stattdessen eine Schienen-Konstruktion. Auf einer Unterbaukonstruktion war eine halbkreisförmige Zwillingsschiene montiert. Darauf wurde die riesige Fahrgastgondel gesetzt, die nach rechts und links — auf und ab — bewegt wurde. Das Geschäft hatte ein Gesamtgewicht von 85t und eine Schienenlänge von 48 Meter, sodass die Fahrgastgondel ein Schwinghöhe von ca 20 Meter erreichte.
Der Prototyp, die Santa Maria 1 von Schwarzkopf wurde im August 1978 an den Schausteller Julius Ahrend geliefert.

Dekoration

Auch bei den Anlagen von Schwarzkopf wurden in der Dekoration Abenteuer der ersten Weltumsegler thematisiert. Auf der Rückwand segelten riesige Dreimaster  am Horizont oder hatten vor einem Landstreifen Anker geworfen. Die Sockelzone der Anlage war mit einer Steinornamentik verkleidet. Die roten Kreuze auf den Segeln symbolisierten die Entdeckungsreisen des Seefahrers Christoph Kolumbus. Kolumbus hatte seine erste Seereise in einem Kloster des Tempelordens im andalusischen La Rhábida vorbereitet und zu Ehren des Ordens dessen Kreuze an seinen Segeln angebracht.

Manfred Gugel übernahm 1982 die Schaukel und tauschte die recht aufwendige und schwere Rückwand gegen eine leichtere Variante aus. Dadurch konnte ein Transport eingespart werden.

Bereits einen Monat vor der Auslieferung des Prototypes der neuen Anlage, hatte auch Joachim Löwenthal aus Bremen im Jahre 1978 seine Santa Maria in Betrieb genommen. Bereits im folgenden Jahr, 1979 gab Löwenthal gemeinsam mit Heiner Roie aus Frankfurt eine weitere Schaukel bei Schwarzkopf in Auftrag, die Santa Maria 2

Provenienz und Verbleib

Julius Ahrend trennte sich bereits nach zwei Jahren und verkaufte seine Santa Maria 1 an Manfred Gugel aus Fürth. Die Anlage wechselte zu Beginn der Saison 1986 in den Trans World Festival Garden Park in Liverpool/England. Die Familie hatte sich für einen Ranger entschieden. Noch im gleichen Jahr ging der Park in Konkurs und alle Geschäfte wurden an die ehemaligen Eigner zurückgegeben. Gugel gab seinen Ranger an die Firma Schmidt aus Stuttgart ab. Die Santa Maria 1 hatte in kurzer Zeit in England sehr gelitten, sodass eine Generalüberholung anstand. 1998 feierte die Santa Maria 1 ihr 20-jähriges Jubiläum. Zur Jahrtausendwende gab Gugel seine Schaukel an die Firma Kronauer aus Heidelberg. Nach zwei Saison 2002 wechselte die Santa Maria 1 in den Fantasy Kingdom Park in Bangladesh.

Joachim Löwenthal betrieb seine Schaukel nur zwei Jahre. Neuer Besitzer wurde Wilfried Grupe aus Darmstadt. Später fand die Santa Maria einen festen Platz im Park Bobbejaanland in Belgien.

Die gemeinsame Santa Maria 2 von Roie/Löwenthal wurde bis 1985 betrieben. 1986 wanderte sie in den Park Circus World Orlando, später Boardwalk Park & Baseballworld. 1990 kam sie nach Europa zurück. Marino Salvatore,  ein Schausteller aus Frankreich reiste einige Jahre damit. Die letzte Station der Santa Maria 2 wurde der französische Pirate Park.

 

© Margit Ramus 

Dering. Volksbelustigungen. 1986.  S.48f
Blunck, André: Piraten: In KR. 5/1997. S. 22ff
Schottenloher, Michael: Auf Kolumbus Spuren: In KR. 9/1998. S. 38ff
Ramus 2013. Kat. Nr. 68
Gespräche der Verfasserin mit Harry Knorrn in Bestwig im Juni 2005.
Gespräche der Verfasserin mit Gustav Schneider Juni 2010 und Februar 2018.

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