Firmendaten KASPAR KLAUS Karosseriebau- und Fahrzeugfabrik 1933-1970
Ende des Karussellbaus
Kaspar Klaus ist als derjenige zu nennen, der die optimale Nutzung von Hydraulik sowie pneumatischer Höhensteuerung in den deutschen Karussellbau einbrachte und damit dessen Fortschritt entscheidend beeinflusste. Geleitet wurde der Produktionszweig von dem Maschinenbautechniker Matthias Haug. Er konstruierte Karussells in Skelettbauweise, jedoch ohne auf zusätzliche Dekorationen Wert zu legen.
Im Jahr 1933 hatte Kaspar Klaus, Sohn eines Wagners, in Memmingen eine „Karosseriebau- und Fahrzeugfabrik“ gegründet. Er befasste sich zunächst mit Reparaturen, später, nach dem Zweiten Weltkrieg, mit der Konstruktion von Transportfahrzeugen. Bereits 1948 wurde der „Klaus-Bremsluft-Schnellkipper“ ein großer Erfolg und weltweit wurden über 100.000 Stück exportiert. (www.multiparking.com)
Die Verbindung zur Schaustellerbranche ergab sich eher zufällig. Den Münchner Schausteller Georg Koch beschäftigte seit Jahren die Idee eines Luftfliegerkarussells. Nachdem er lange niemanden für die Konstruktion gewinnen konnte, nahm Koch 1950 Kontakt zu Kaspar Klaus auf, der an seinem Vorhaben interessiert war.(Dering 1986. S. 74.) Bereits ein Jahr später stieg die Fahrzeugbaufirma Kaspar Klaus mit der Konstruktion eines Auslegerflugkarussells namens Hurricane mit pneumatischer Höhensteuerung und einem völlig neuen Bewegungsablauf in den Karussellbau ein.(Ruisinger, Rundfliegeranlagen von Klaus. In: KR 6, 1997, S. 16.) Mit technischen Verbesserungen folgten vier Entwicklungsstufen des Hurricanes: 1955 der Vampir, 1958 der Schiefe Turm oder Titan und 1966 der Mirage.
Anfang der 1950er Jahre hatte der Amerikaner Frank Hrubetz ein Karussell mit hydraulischem Hebemechanismus entwickelt. Aufgrund der schnellen Umdrehungsgeschwindigkeit und der damit auftretenden Zentrifugalkraft wurden die Fahrgäste stehend mit den Rücken zur Wand in einen runden Käfig gepresst. Der Schwede Gunnar Manson importierte die erste Anlage nach Europa und verkaufte sie 1957 an den deutschen Schausteller Gustav Emde. Bereits 1958 wurde Kaspar Klaus aufgrund seiner Kenntnisse in Pneumatik und Hydraulik von Emde beauftragt ein Karussell nach Vorlage des amerikanischen Originals zu bauen. Klaus baute noch im gleichen Jahr acht Ausführungen unter Beibehaltung des Namens Round Up.(Bonhoff, Round Up. In: KR 7, 1998, S. 62) (Ramus 2013. Kat. Nr. 42)
Im Jahr 1959 konstruierte Kaspar Klaus einen Karusselltypus ähnlicher Bauweise wie das von der Firma Heinrich Mack gebaute Karussell Calypso. Zwei Jahre zuvor war der Münchner Schausteller Heinz Distel bei einem Besuch in Amerika auf die völlig neue Fahrweise des Karussells Scramble aufmerksam geworden. Gemeinsam mit seinem Kollegen Bausch hatte er sich, wie bereits erwähnt, bei der Firma Heinrich Mack eine zweijährige „Exklusivität“ (Koppel, Calypso. In: KR 12, 1999, S. 21) gesichert. Dies bedeutete, dass die Firma Mack sich vertraglich für zwei Jahre an Bausch & Distel als einzigen Bauträger gebunden hatte. Daher nahm der Schausteller Gottlieb Löffelhardt Verhandlungen mit Kaspar Klaus auf. Es galt, ein Karussell ähnlicher Bauweise zu konstruieren, ohne die Patentrechte von Mack zu verletzten. Klaus gelang die Weiterentwicklung, indem er die Drehscheibe des Karussells über einen zweifach ausfahrenden Hydraulikstempel um etwa zwei Meter zu einer Schrägstellung anhob. Der aus Amerika bekannte „Hula Hoop Reifen“ wurde namengebend.
Für Kaspar Klaus waren Form und Funktion eines Karussells ausschlaggebend. Die Anbringung von Bildträgern für eine mögliche Dekoration spielte für ihn keine besondere Rolle. Um im Wettbewerb mit der Mack-Konstruktion bestehen zu können, ließ der auftraggebende Schausteller deshalb die Dekoration für das neue Karussell mit dem Namen Hula Hoop bei der Firma Anton Schwarzkopf fertigen.(Koppel, Calypso. In: KR 12, 1999, S. 21)
1963 gelang Klaus mit dem Sessellift-Karussell Allround ein Pendant zur Innovation des holländischen Karussellbauers De Broer. Erneut herausgefordert wurde Kaspar Klaus 1966, indem er die technischen Probleme eines Bautypus löste, der unter dem Namen Spinne bereits 1936 von den Amerikanern nach Deutschland exportiert worden war.(10) Klaus gelang das gleichzeitige Absenken aller Arme zum Ein- und Aussteigen der Fahrgäste. Aufgrund der konstruktiven Form erhielt dieser Karusselltyp den Namen Polyp. Eine technisch aus gereiftere Lösung des gleichzeitigen Absenkens aller Auslegerarme gelang 1968 erst Anton Schwarzkopf.(Kirmes Special, 2006, S. 94f)
Parallel zur Entwicklung des Polyps verkaufte der Bremer Schausteller Erich Winter 1966 an Kaspar Klaus die Nachbaulizenz eines von ihm selbst entwickelten Looping-Karussells, genannt Passat (Ramus 2013. Kat. Nr. 45). Klaus lieferte den Prototyp die holländische Schaustellerfamilie Peeters, die mittlerweile in Deutschland beheimatet ist und u.a. den Huss-Ufo „Alpha 1“ betreibt. (s. Kommentar)
Zwei Jahre später, 1969, ließ auch Erich Winter bei Klaus einen Passat unter dem Patent Nr. 1478273 bauen und nannte ihn Mondlift. Alle Fassadenteile und Dekorationselemente fertigte die Firma Heinrich Mack aus Waldkirch.(Kirmes Special, 2006, S. 83f)
Trotz seines Erfolgs in der Schaustellerbranche grenzte Kaspar Klaus die Stückzahl seiner Hydraulik-Karussells in Skelettbauweise ein und beendete im Jahr 1971 die Produktion ganz. Die Lizenzrechte des Allrounds (Ramus 2013. Kat. Nr. 49) gab er an die Fahrzeugbaufirma Fähtz ab, die damit in den Karussellbau einstieg.(Kirmes Special, 2006, S. 75)
Kaspar Klaus gehörte zu den Konstrukteuren, denen durch die Nutzung von Hydraulik und Pneumatik eine Revolution im Karussellbau gelang. Dennoch stieg er auf dem Zenit der Entwicklung des Karussellbaus der 1970er Jahre wieder aus der Branche aus und legte seinen Schwerpunkt auf Hydrauliklösungen beim LKW-Bau. Im Gegensatz zu anderen deutschen, im In- und Ausland erfolgreichen Karussellbaufirmen hat Klaus vermutlich frühzeitig die Gefahr einer gewaltigen Überproduktion erkannt.
© Margit Ramus
Dazu Schaustellergeschäfte im Archiv Kulturgut Volksfest:
Hula Hoop
Polyp Klaus
Round Up
Allround
Quellen | Ramus 2013. Kat. Nr. 52. |
Sie erwähnen einen holländischen Schausteller, an den der Prototyp des „Passat“ geliefert wurde. Da kann ich Ihnen sogar mit dem Namen behilflich sein. Es handelt sich um die Familie Peeters, die mittlerweile in Deutschland beheimatet ist und u.a. mit dem Huss-Ufo „Alpha 1“ tourt. Ein Foto jener Anlage könnte ich eventuell sogar mit Genehmigung der Fa. Peeters liefern, da ich seit vielen Jahren mit ihnen freundschaftlich verbunden und auch als Rekommandeur tätig bin.
Hallo Herr Hoffmann
danke für die Info,habe den Eintrag bereits ergänzt. Ein Bild der Anlage wäre natürlich super. Die entsprechende Genehmigung des Fotografen, muss jedoch vorliegen.
Mit freundlichem Gruß Margit Ramus