Historische Schaustellergeschäfte A - Z

1891 Krinoline

Krinoline von Johann Munck. Foto 1920er Jahre. © PUMU.
Name(n) des Geschäftes Krinoline
Typologische Bauaufgabe Rundfahrgeschäft
Bauform Rundbau
Baujahr ab 1891 
Hersteller Bothmann; Heyn; Schwarzkopf/Gerstlauer
Maler unbekannt; Specht
Dekorationsstil Neubarock
Dekorationsthema Romantische Landschaften
Bauherr / Inhaber Johann Muck; Michael Großmann; Rainer Roie
Baugeschichte

Bereits 1891 soll Fritz Bothmann eine Schwankende Weltkugel angeboten haben. Ein
Plattformkarussell, aus dessen feststehendem Mittelbau ein Mast herausragte, der durch ein Gelenk drehend und schwankend bewegt werden konnte. In seinem Katalog bietet Bothmann dieses Karussell für ausländische Interessenten an.

Um 1900 greift auch Friedrich Heyn die Idee des Plattformkarussells auf. Heyn verändert die schwankende Konstruktion in einen feststehenden Rundbau und nennt das Karussell Krinoline.

Baubeschreibung

Heyn baute einen feststehenden Rundbau mit Zeltdach und umlaufender Schmuckdachkante.
Das Sockelpodest mit hölzernem Umgang schloss er mit bemalten Panneaux und grenzte sie mit  einer Balustrade ein. Ein mehrstufiger Treppenaufgang führte in die Einstiegsebene.
Die Dachkonstruktion wurde von einem umlaufenden Stützenkranz getragen.
Die kreisrunde schwankende Plattform mit Gondelkranz war direkt an einer kegelförmigen Mittelkonstruktion aufgehängt.

Dekoration

Die Dekorationen, der in den kommenden Jahren gebauten Krinolinen, wurden individuell nach deen Wünschen der Auftraggeber gearbeitet.

Die Kartuschen der Schmuckdachkante der Krinoline von Johann Muck sind nach oben geschwungenen, ihre geschnitzten Rahmen zeigen florales Dekor und sind mit kleinen Rocailles bekrönt. Die Bildinhalte zeigen Szenen des höfischen Lebens und romantische Landschaftsdarstellungen, die von Voluten gerahmt sind. Die Übergänge sind von ornamentierten Blenden mit kleinen aufgesetzten Köpfchen verdeckt. Der umlaufende Stützenkranz wird von einem geraden Gebälk verbunden, die später mit Glühbirnen nachgerüstet wurden. An den Wangen der Fahrgastgondeln sind Zitate von barocker Dekoration zu erkennen. Im Inneren sind die Gondeln mit einem Bogenkranz verbunden.

Auch die Bildinhalte der Krinoline von Michael Großmann sind an romantische Landschaftsdarstellungen des 19. Jahrhunderts angelehnt. Die Übergänge von ornamentierten Blenden verdeckt, denen ebenfalls kleine Köpfchen aufgesetzt sind. Aber die neubarocke Ausstattung wurde ein wenig zurückgenommen.

Die Abbildung der Krinoline der Firma Sachs  aus dem Jahre 1951 zeigt, dass die Schmuckdachkante des Karussells noch immer mit Zitaten von barocken Stilelementen dekoriert ist. An den umlaufenden Panneaux und Umgangsgitter finden jedoch auch  Elemente des Jugendstils Verwendung.

Antrieb

Obwohl die Firma Ernst Sachs & Karl Fichtel bereits 1909 einen Elektromotor für den Antrieb ihrer Krinoline konstruiert hatte, wurde dieses Karussell noch bis weit in die Mitte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Walther und Adam Sachs manuell zum Schwanken gebracht.  

Auch  die Krinoline von Michael Großmann wurde noch bis 1938 manuell angetrieben. Erst dann gelang Großmann die eigene patentierte Konstruktion eines elektrischen Antriebs.

Provenienz und Verbleib

Über den Verbleib der Krinoline der Firma Muck ist nichts bekannt.
Die von der Familie Sachs ist eingelagert.
Die Großmann-Krinoline ist seit 1924 auf dem Münchner Oktoberfest zugelassen.
Die Krinoline von Großmann ist weitgehend im Originalzustand erhalten. Die Bildtafeln der Schmuckdachkante wurden allerdings mehrfach renoviert. An den dargestellten Themen, die höfische Szenen zeigen, wurde festgehalten. Im Jahr 2007 wurde die Schmuckdachkante erneut neu gemalt.

Nach dem Tod von Michael Großmann im Jahr 1961 wurde dessen Krinoline von seiner Frau geführt. 1980 übernahm der Enkel Theodor Niederländer die Krinoline und betreibt sie nur noch auf dem Oktoberfest in München.
Auch im Jahre 2022 erfreute sie viele Menschen auf dem Münchner Oktoberfest.

Krinoline der Firma Roie

Im Jahr 1993 baute das neue Team von Anton Schwarzkopf unter Berücksichtigung technischer Errungenschaften einen einzigen Folgebau der Krinoline für den deutschsprachigen Raum. Auftraggeber waren die Eheleute Heiner und Vera Roie aus Frankfurt. Im Jahre 2010 stellte die Familie Roie den Betrieb der Krinoline als Karussell ein.

© Margit Ramus

© Ramus 2013. Kat. 06.
Dering 1986. S. 90 f.
KR SP DDR. S. 13 f.
Katalog der Jubiläumsausstellung Münchner Stadtmuseum, Das Oktoberfest, 1985, S. 376. 

 

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