Name(n) des Geschäftes | Süße Lokomotive |
Baujahr | 1983 |
Größe | 8,50 m Länge; 3,50 m Breite; Höhe des Führerhauses 4,04 m |
Hersteller | Heinrich Mack |
Maler | Heinz-Werner Opitz |
Bauherr / Inhaber | Margit und Manfred Ramus; Yvonne und Gino Winter; Vivien Winter & Franky Schacht |
Baugeschichte
Manchmal reicht ein Augenblick um etwas Besonderes auf den Weg zu bringen.
Im Winter 1982/83 beschloss Familie Ramus, neben ihrem Karussell Jaguar noch ein zweites Geschäft bei der Firma Heinrich Mack bauen zu lassen. Die letzten Jahre hatten sie bereits einen kleinen Wagen für den Verkauf von Süßwaren betrieben.
An einem Winterabend suchte man gemeinsam mit Henny und Fredy Lehmann nach der Idee einer besonderen Formgestaltung.
Es gab schon Geschäfte in Form von Maiskolben für den Verkauf von Mais. In einer Ananas würde man gut Früchte verkaufen können. Die Form einer Banane wäre auch nicht schlecht. Man alberte herum, aber der Funke sprang nicht über. Ein Schlitten wäre nicht schlecht, aber im Sommer nicht so optimal. Kutschen zum Verkauf von Mandeln hatte Mack schon in Serie gebaut. Plötzlich sagte Fredy Lehmann: „Dann lasst euch doch eine Lokomotive bauen.“
Das war es!!
Der nächste Weg führte ins Büro der Weihnachtsmarkt e.G. — Fritz Helwig und Hans Kossmann waren begeistert und versprachen auf Anhieb die Zulassung für den Weihnachtsmarkt 1983 auf dem Alter Markt.
Auch Gerhard Mack war sehr angetan. Die Lokomotive sollte sein erster Auftrag als neuer, junger Mitarbeiter in der Firma seiner Familie sein. Heinz Opitz fertigte den Entwurf.
Der Kaufpreis war gigantisch hoch und stand in jener Zeit, dem eines Karussells nicht weit entfernt. Nach einer weiteren Absicherung bei Herrn Helwig für die Teilnahme mit der „Süßen Lokomotive“ am Weihnachtsmarkt in Köln, wurde der Vertrag bei der Firma Mack unterschrieben.
Es mag am Kaufpreis gelegen haben, dass Heinrich Mack für Deutschland keine weitere Lokomotive verkauft hat. Eine einzige wurde nach Japan geliefert. Andere Firmen wie z.B. die Firma Hellmich folgten später mit einem Nachbau. Aber die Süße Lokomotive von Heinrich Mack ist bis heute einzigartig geblieben und hat nichts an ihrer Attraktivität verloren.
Sie ist noch immer im Familienbesitz und wird heute von der Enkelin der Auftraggeberin, Vivien Winter und ihrem Lebensgefährten Franky Schacht, ganz im Sinne von Margit Ramus perfekt betrieben. Optik und Qualität der Ware erfreut die Besucher vieler Groß-und Kleinveranstaltungen jedes Jahr aufs Neue.
Auf dem Weihnachtsmarkt in Köln wurde sie leider nur einmal zugelassen, schon ein Jahr später, 1984 störte sie angeblich das weihnachtliche Ambiente und eine hölzerne (Bretter-) Bude wurde vorgegeben. C’est la vie!
Alle Abbildungen der folgenden Bildgalerie sind während der Bauphase 1983 bei der Firma Heinrich Mack entstanden. © Sammlung Mack-Even
Galerie I Bau der Lok bei der Firma Mack
Baubeschreibung
Für den rechteckigen Baukörper in Form einer Dampflokomotive diente die „Tenderlokomotive Klasse t3 der Königlich Württembergischen Staats-Eisenbahnen (1843–1920) als Vorlage. Die tatsächlichen Dampflokomotiven bestanden hauptsächlich aus einem Dampfkessel, einer Kolbendampfmaschine, die die Wärmeenergie des Dampfes in mechanische Bewegungsenergie umwandelte, einem Fahrgestell mit Rahmen und Radsätzen und einem Führerstand zur Bedienung der Maschine.
Die Grundlage des Verkaufsgeschäftes Süße Lokomotive bildet im geschlossen Zustand ein acht Meter langer Wagen in Form einer Lokomotive mit tonnenähnlichem Runddach und einem aufgesetzten Führerhaus.
Süße Lokomotive im abgebauten Zustand. Foto Herbst-Volksfest Köln-Deutz 2017. © Foto Franky Schacht
Zum Aufbau der Fassade wird der Wagen an der kompletten Längsseite, etwa knapp zweidrittel aufgeklappt. In dem entstandenen offenen Raum, im Fachterminus Schaufenster genannt, ist auf der linken Seite eine Kühltheke eingebaut. Im verbleibenden Teil ist zur Präsentation der Ware eine weitere Theke eingebracht, die nach vorne mit einem Glasaufsatz abgeschlossen ist.
Als Verkleidung von Fahrgestell und Rädern werden aus Polyester, reliefartig gearbeitete Panneaux eingehängt.
Der Innenraum wurde ähnlich einer Küche mit Hochschränken und Unterschränken sowie einer Arbeitsplatte ausgestattet. Im Kopf des Kessels ist eine große Kühlanlage eingebaut. Über der Mandelmaschine rundet ein großer kupferner Kamin das edle Ambiente der Materialien ab.
Dekoration
Aus der Kunstgeschichte ist der Begriff Funktion und Form bekannt, der von Nikolaus Pevsner (Pevsner.1998) für die Industriebauten des 19. Jahrhundert verwendet wurde. Die Funktion bestimmte die Form. Bei der Süßen Lokomotive wurde die Funktion einer Dampflokomotive zweckentfremdet und als Verkaufswagen umstrukturiert. Dabei erwies sich die Form bereits als Dekoration für das Süßwarengeschäft, wobei die Produktorientierung für den Betrachter völlig unberücksichtigt blieb.
Die äußere Form des Verkaufswagens als Dampflokomotive mit Führerhaus und Langkessel bildete den Schwerpunkt der Dekoration. Dazu kamen nur wenige Anbauten.
Bei der Planung zur Gestaltung der Sockelzone gelang Heinz Opitz die freie Nachbildung eines Kolben-Dampftriebwerks mit drei Radsätzen.
Auf dem Langkessel sitzen zwei kleine sogenannte Dampfdome, sowie ein großer kreisrunder Kamin. Aus dem Kamin ragt ein weißes Schild in Form einer Rauchwolke, auf dem der Name „Süße Lokomotive“ in Leuchtbuchstaben aufgelegt ist.
Lichtleisten akzentuieren die Fenster des Fahrerhaus, den Kamin, die Rauchwolke und auch den Langkessel.
Unter dem Fahrerstand befindet sich das Eingangselement mit einer Tür, die von zwei Kohlen-Kästen flankiert ist. Zwei Puffer sind darunter angebracht.
Galerie II Transport der Süßen Lokomotive
Restauration
Unter der neuen Leitung von Vivien Winter & Franky Schacht erfolgte 2017 die erste Restauration des Innenraums. Die jungen Leute entschieden sich für ein helles Gelb für die Schränke, was dem Geschäft ein neues frisches Aussehen beschert.
Galerie III Restauration der Lokomotive
Provenienz und Verbleib
Von 1983 bis 1992 wurde die Süße Lokomotive von Margit Ramus betrieben. Im Jahre 1993 wurde sie an Tochter und Schwiegersohn, Yvonne und Gino Winter übergeben. Nachdem Margit Ramus die Lokomotive in den Jahren 2004 bis 2014 wieder selber führte, wird sie seit 2015 von deren Enkelin Vivien Winter und Franky Schacht betrieben.
Die Süße Lokomotive ist ein Süßwarengeschäft der besonderen Art und noch immer ein Augenschmaus auf vielen Volksfestplätzen. Auch in diesem Jahr wieder auf vielen großen Veranstaltungen.
Galerie IV Tradierte Überlieferung des handwerklichen Könnens generationsübergreifend
In der letzten Bildgalerie sind persönliche Aufnahmen der Familie in der Süßen Lokomotive zu sehen. Auch diese Aufnahmen gehören zur Geschichte der Süßen Lokomotive, in der bereits die dritte Generation des Familienunternehmens auf- und hinein wächst und auf die Zukunft dieses schönen Geschäftes verspricht.
© Archiv Ramus
Quellen | © Margit Ramus |
Vielen Dank, dass Sie uns an der Entstehungsgeschichte der „süßen Lokomotive“ teilhaben lassen. Sie ist sehr originalgetreu gestaltet, auch wenn kein echter Dreizug-Dampfkessel eingebaut ist. Eine Augenweide ist sie allemal, nicht nur für Kinder.
Ich bedanke mich auch, für Ihren Kommentar. An der Süßen Lokomotive hängt schon immer mein Herz. Glücklicherweise wird sie von meiner Enkeltochter und ihrem Lebensgefährten gut betrieben und gepflegt, sodass sie sicherlich noch viele Jahre auf der Reise sein wird.
Freundliche Grüße Margit Ramus