Name(n) des Geschäftes | Schiffschaukel |
Typologische Bauaufgabe | Schaukel |
Bauform | Skelettbau |
Baujahr | 1906 |
Hersteller | Blohm & Voss Hamburger Schiffswerft |
Maler | Eduard Laetsch |
Dekorationsstil | Romantische und mythologische Salonmalerei |
Bauherr / Inhaber | Ole-Wilhelm Greger & Sohn |
Vorbemerkung
Schaukelvorrichtungen sind bereits auf alten Stichen des 17. Jahrhunderts zu sehen, es waren einfache Konstruktionen, bei denen eine Sitzgelegenheit zwischen zwei Stützen eingehängt war. Die ersten „Schaukeln“ sind auf einer Skizze von Peter Mundy im Jahr 1620 zu erkennen.
Mundy ein englischer Historiker besuchte auf einer Reise nach Asien im Jahre 1620 das türkische Bairamfest in ‚Phillippopolis‘ (Philippolis), dem heutigen Plodow in Bulgarien.
Auf deutschen Jahrmärkten erschienen die ersten Schaukeln um 1890. Man nannte sie zunächst „Amerikanische Schaukel“ oder „Luftschaukeln“. Bisher ist nicht erwiesen, ob diese Schaukel aus Amerika bekannt geworden war oder ob die in Mode gekommene Amerikanisierung zur Namensgebung geführt hat. Die Fahrgäste standen allein oder zu zweit in kleinen Schiffen und bewegten sich durch eigenen Körperantrieb.
Fritz Bothmann baute ab 1900 diese „amerikanischen“ Luftschaukeln und exportierte sie in die ganze Welt. Bis in die 1960er Jahre waren Schaukeln allgemein auf Festplätzen vertreten, heute tauchen sie nur noch vereinzelt auf.
Die Schiffschaukel der Familie Greger hat eine ganz besondere Geschichte, denn sie wurde nicht von einer „Karussellherstellerfirma“ gebaut, sondern von der Hamburger Schiffswerft Blohm & Voss.
Außerdem ist sie die einzige noch erhaltene Schaukel, auf der die originale Malerei und die Signatur von Eduard Laetsch erhalten sind. Leider ist sie inzwischen eingelagert.
Baugeschichte
Der 1871 in Hannover geborene Ole-Wilhelm Greger war viele Jahre als Kapitän zu See gefahren, als er sich in die Schaustellerin, Maria Malferteiner aus Bremerhaven verliebte. Das Paar heiratete um 1902/03 und Ole-Wilhelm Greger beendete seine Laufbahn als Seemann. Zunächst reisten sie mit einer Ballwerfbude (Zylinder-Werfen).
Aber die Liebe zu Schiffen konnte Ole-Wilhelm Greger auch an Land nicht aufgeben, so ergab es sich, dass die jungen Leute 1906 bei der Hamburger Schiffswerft Blohm & Voss, den Bau einer Schiffschaukel in Auftrag gaben.
Schon zwei Jahre zuvor, 1904 war der Sohn Wilhelm geboren, der eigentlich Pastor hatte werden wollen, aber der Beginn des Ersten Weltkriegs beendete die höherer Schullaufbahn.
Später übernahm er und seine Frau Anita Greger geborene Fehring die Schiffschaukel.
Das Paar bekam drei Kinder, der 1942 geborene Sohn Egon übernahm 1973 mit seiner Frau Bettina geborene Vorlop die Schiffschaukel.
Die Bilder in der folgenden Datei wurden mit Genehmigung von Egon Greger ins Archiv eingestellt. Bitte das © Sammlung Greger beachten.
Baubeschreibung
Ursprünglich war es eine sechsachsige Schiffschaukel mit 12 Schiffen. Sie bestand aus 751 Einzelteilen, die mit 1252 Schrauben miteinander verbunden wurden. Die offene Holzkonstruktion war mit einer Plane überdacht und hatte einen vierstufigen Treppenaufgang zur Einstiegsebene. Der Mittelachse mit Kassenblock schlossen sich symmetrisch zwei Achsen an. An den Querverbindungen waren je drei Doppelschiffe aufgehängt. Die Schiffe wogen etwa 100 kg.
Das dem Bau vorgesetzte Laufpodium war nach vorne mit Geländern abgegrenzt. Daraus resultierte auch der Name „Podium-Schaukel“.
Typisch für eine norddeutsche Schiffschaukel war die Treppenanlage, die zur Einstiegsebene der Schiffe führt. Regional ist eine differenzierte Bauform festzustellen. In Nord und Ostdeutschland wurden die Schiffe über einen Treppenzugang von einem erhöhten hölzernen Podium bestiegen. In Süddeutschland bestiegen die Fahrgäste die Schiffe ebenerdig direkt vom Erdboden.
Die Stützen des Geländers ragten über dieses hinaus und trugen Bogenlampen. Nach hinten war der Bau, die Achsen aufnehmend, mit großen Bildtafeln verschlossen. Später wurde die Schaukel mit 1115 Glühbirnen beleuchtet.
Dekoration vor der Kriegszerstörung
Aufgrund der persönlichen Bekanntschaft der Familie Greger und dem Schausteller- und Kunstmaler Eduard Laetsch konnte dieser damals für die Erstbemalung der Schaukel im Jahre 1906 gewonnen werden. Der Schmuckfries, der zwischen der Balkenkonstruktion und der Dachplane, die Achsen aufnehmend, eingepasst war, bestand aus sechs Bildträgern. Die riesigen Holzrahmen waren von der Firma Holz Gruber aus Hannover mit floralem Dekor geschnitzt worden.
Kriegsschaden
Zu Pfingsten 1943 während des Zweiten Weltkriegs stand die Schaukel auf dem Fleckenmarkt in Cuxhaven direkt neben der Martinskirche. Eine Fahrt auf der Schiffschaukel sollte den Frauen und Kinder in dieser schweren Zeit, nach dem Motto „Kraft durch Freude“ etwas Licht in den Kriegsalltag bringen.
Schon am Eröffnungstag war das Gedränge riesig. Die Menschen standen in Schlangen vor der Schiffschaukel und warteten geduldig auf eine neue Fahrt.
Am Pfingstsonntag zerstörte eine Luftmine die wunderschöne Schaukel bis auf die hölzerne Fundament. Auch die Orgel wurde zerstört. Vermutlich sollte die Martinskirche getroffen werden, in der zu diesem Zeitpunkt viele Zivilisten die Pfingstmesse besuchten.
Die Bilder in der folgenden Datei wurden mit Genehmigung von Egon Greger ins Archiv eingestellt. Bitte das © Sammlung Greger beachten. Sie zeigen die Schaukel kurz vor dem Bombenangriff Pfingsten 1943 und danach.
Nach dem Krieg wurde die Schiffschaukel wieder aufgebaut. Von den ehemaligen 12 Schiffe konnten nur 8 Schiffe wieder restauriert werden, sodass die Gesamtlänge der Schaukel auf 14 Meter reduziert wurde.
Dekoration
Auch nach dem Wiederaufbau malte der Kunstmaler Eduard Laetsch 1948 in der Turnhalle von Cadenberge die neuen Bildtafeln der Schaukel, die noch heute erhalten sind.
Zwischen Balkenkonstruktion und Dachplane war ein Schmuckfries, die Achsen aufnehmend, eingepasst. Auf dessen fünf Bildträgern waren Kartuschen aufgelegt, umgeben von geschnitzten Holzrahmen mit floralem Dekor.
Die illusionistische Malerei erinnert an François Bouchers mythologische Themen. Das obere Drittel der dreieckigen Schaukelböcke war mit doppelseitig bemalten, stofflichen Zungen mit Perlen-Dekorationen ausgefüllt. Darauf waren Porträts, umrahmt von floralem Dekor, gestickt.
Einen Blickfang boten die großen Bildtafeln, die den Bau nach hinten verschlossen. In gemalten Nischen mit Rundbögen waren mythologische Szenen dargestellt.
Provenienz und Verbleib
Die Schiffschaukel stand schon 1909 auf dem Oldenburger Kramermarkt und war bis 1986 auf dem Bremer Freimarkt präsent. Heute ist sie in Cadenberge eingelagert.
© Margit Ramus
In der unteren Bilddatei sind einige Dokumente von Egon Greger eingestellt. © Sammlung Greger.
Quellen | Ramus 2013. Kat. Nr. 12.
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