Schaustellerbranche im Spiegel der Tagespresse A - Z

1988 Bodenmühle für 2000 Goldmark

Wird das Telsemeyersche Karussell unter Denkmalschutz gestellt?

Ein Siebenfamilienhaus an der Schützenstraße war der Grundstock für die Schaustellerkarriere des Bäckers Albert Telsemeyer:
Von einem Kriegskameraden auf den Geschmack gebracht, verkaufte er das elterliche Anwesen und erstand für 2000 Goldmark ein Karussell mit Pferdeantrieb. Das war 1921.
Fortan zog er Jahr für Jahr von Kirmes zu Kirmes: Von Osnabrück nach Mettingen und Hopsten, nach Rheine, Lingen und Nordhorn, nur nicht nach Iburg, denn die Steigung bei „Herrenrest“ mochte er seinen drei Pferden nicht zumuten. Heute ist das alte Telsemeyersche Karussell nur noch auf dem Weihnachtsmarkt zu bewundern. Es gehört zu den ersten „fliegenden Bauten“, die der TÜV abgenommen hat. Und es könnte das erste Karussell sein, das unter Denkmalschutz gestellt wird.

Telsemeyers „Bodenmühle“ stammt aus der Zeit der Jahrhundertwende. Schon 1896 waren die beiden Gondeln auf einer Grottenbahn in England befestigt. Unter der beinahe zentimeterdicken Farbschicht verbirgt sich reines Blattgold. Nicht ganz so alt sind die zwei Triller (auch Kaffeemühlen) und die beiden Schiffe, denen ein Gestänge während der Fahrt zu einem gewissen Seegang verhilft. Liebhaber alter Kirmeskultur halten die 15 hölzernen Reitpferde für einen Schatz. Jedes hat nicht nur einen Schweif aus echtem Rosshaar, sondern auch einen eigenen Namen wie Muck, Susi, Alex oder Jim.
Pferde haben in der Geschichte des Karussells schon immer eine besondere Rolle gespielt: Sie zogen die ganze Habe der Schaustellerfamilie von einer Kirmes zur nächsten. Und im Winter schafften sie Kohlen von Ibbenbüren nach Osnabrück. Telsemeyers Nachbar an der Kommenderiestraße war Kohlenhändler.
Wer genau hinschaut …

Stadt Osnabrück, 17. Dezember 1988

Abschrift vom originalen Zeitungsartikel © Margit Ramus

Stadt Osnabrück, 17. Dezember 1988

 

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