Definition des Begriffs Schausteller

Was versteht man unter dem Begriff Schausteller?
Wer sind diese Menschen, die das Schaustellergewerbe ausüben?
1822 Theodor Heinsius

Der Begriff Schausteller soll erstmals 1822 bei Theodor Heinsius aufgetaucht sein. Heinsius erklärt, dass ein Schausteller etwas zur Schau stellt oder etwas anbietet, das belustigt oder unterhält. (Heinsius 1822. S.122)

1902 Theodor Hampe

Theodor Hampe schreibt im Jahre 1902 über Schausteller:  „In der Hauptsache begreift man darunter diejenigen Fahrenden, die sich die Erheiterung und Unterhaltung ihrer Mitmenschen zum Beruf und zu ihrem Geschäft gemacht haben.“ (Hampe 1902. S. 7)

1980 Hermann Arnold

Der Historiker Hermann Arnold legt dar, dass „die heutige Sozialgruppe der Schausteller erst mit der modernen Schaustellerei entstanden ist.“ (Arnold 1980. S. 265) 
Es seien Handwerker gekommen, die mit den Geschäften hätten umgehen und Kaufleute, die hätten ‚rechnen’ können.

1981 Michael Faber

Der Volkskundler Michael Faber beschäftigte sich 1981 in seiner Dissertation ausführlich mit der Sozialstruktur von Schaustellern. Er definiert Schausteller so, wie sie es selbst tun, als Menschen, die nach Schaustellerart ihr Geschäft betreiben und mit Wohn- und Gerätewagen Volks- und Schützenfeste bereisen. (Faber 1981. S. 82ff)

Faber versucht die Schausteller in sozialer kultureller und in geringem Maße auch ethnischer Hinsicht in vier Subgruppen zu differenzieren. (Faber 1981. S. 165)

  1. Faber unterteilt in: „Echte Schausteller“ (Faber 1981. S. 281), die, seiner Meinung nach, meist aus der stationären Gesellschaft kommend, seit mehreren Generationen mit Karussells und Buden Jahrmärkte und Kirmessen bereisen.
  2. Eine zweite Gruppe bezeichnet er als Komödianten, die ehemals im Bereich der Kleinmenagerien und Artistik tätig waren und erst im Verlauf der letzten Jahrzehnte, vornehmlich nach dem Zweiten Weltkrieg, auf Schaustellergeschäfte umgestiegen sind.“  (Faber 1981. S. 281)
  3. Als dritte Gruppe sieht er die sogenannten Bauern: „die erst seit wenigen Jahren, vielfach in der ersten Generation, schaustellerisch tätig sind und aufgrund ihrer bürgerlichen Herkunft von ihren Schaustellerkollegen kaum anerkannt werden.“ (Faber 1981. S. 281)
  4. Die vierte Gruppe bilden für Faber die sogenannten Manischend. h. Zigeuner, die vornehmlich aus dem Gaukler- und Dompteurmetier kommen.“  (Faber 1981. S. 281)
Definition der Berufsgruppe 

Schausteller sind eine Berufsgruppe von mittelständischen Gewerbetreibenden, die sich aus Handwerkern wie Schlosser, Schreiner, Bäcker, Metzger, Handels- und Marktleuten entwickelt haben. 
In das Schaustellergewerbe wird man meist geboren und die Kinder führen das Geschäft der Eltern fast immer fort.
Quereinsteiger sind wegen der besonderen mobilen Lebensform eher selten, aber es gibt sie durchaus, besonders durch Heirat. In den 1960/70er Jahren heirateten Söhne aus Schaustellerfamilien junge Frauen, die nicht aus der Berufsgruppe stammten. Heutzutage ist dies eher seltener geworden. Umgekehrt ist es wenig bekannt.
Es gab in der Vergangenheit auch Quereinsteiger, die durch ihr handwerkliches Können im Schaustellergewerbe Fuß fassten und ihre Aufgaben voll und ganz erfüllten, z.B. Bäcker, deren Nachkommen noch heute mit einer Waffelbäckerei auf vielen deutschen Volksfesten vertreten sind. Auch bei den Imbissbetrieben finden sich in früheren Generationen Metzger, die eine andere Lebensform einschlugen, indem sie ihr Handwerk mobil ausführten und an ihre Kinder weitergaben.

Der Ansatz von Michael Faber, Schausteller in vier Gruppen einzuteilen, der zweiten Gruppe die Komödianten und der vierten die „Zigeuner“ zuzuordnen, ist nicht haltbar.
Sinti und Roma  sind nationale Minderheiten und Schausteller sind eine Berufsgruppe.
Beiden gemeinsam sind die Vorurteile, die ihnen aufgrund ihrer reisenden Lebensweise entgegen gebracht werden. Schausteller kämpfen teilweise noch heute, nicht als Randgruppe der Gesellschaft gesehen zu werden, sondern gleichberechtigt zu anderen Gewerbezweigen. Dazu gibt es einen interessanten Brief von Käthe Rosenzweig an den Kölner Express:

Brief von Käthe Rosenzweig an den Kölner Express 26.04.1965

Allerdings ist es legitim, neben den heutigen Schaustellern auch die Komödianten zu nennen. Sie sind aber nicht als Subgruppe, also als Untergruppe innerhalb der Schausteller festzumachen, sondern bilden gemeinsam mit den Schaustellern die Schaustellerbranche. Sie unterscheiden sich aufgrund ihrer Tradition und ihrer Lebensphilosophie.

Die Wurzeln der Komödianten reichen bis ins frühe Mittelalter zurück. Auch sie zogen von Jahrmarkt zu Jahrmarkt. Komödianten bereicherten mit Tanz, Gesang, Menagerien und sonstigen artistischen Darstellungen den mittelalterlichen Markt bis ins 20. Jahrhundert.
Viele Komödianten haben sich bis heute eine eigene Lebensphilosophie, oft mit besonderer Neigung zu Musik und Tanz, oder auch sprachliche Eigentümlichkeiten über Generationen hinweg erhalten. 
Sie haben bis nach dem Zweiten Weltkrieg oft als Artisten in Kleinzirkusunternehmen oder in Menagerien gearbeitet. Erst später wechselten manche den Erwerbszweig und stiegen ins Schaustellergewerbe um. Meist besitzen sie Belustigungs-, Spiel- oder Verkaufsgeschäfte. Fahrgeschäfte werden größtenteils von Schaustellern betrieben.

Schausteller sehen sich in erster Line als Kauf- und Geschäftsleute. Das Geschäft steht meist im Vordergrund, alles ist durchorganisiert und meist diszipliniert wie bei einem mittelständischen Betrieb üblich. Daneben ist der Familienverbund ebenfalls ausgeprägt und das soziale Verhalten innerhalb der Familie sehr konservativ.
In der heutigen Zeit sind Hochzeiten zwischen Schaustellern und Komödianten nicht selten.

Alle Angehörigen der Schaustellerbranche, Schausteller und Komödianten, haben einen festen Wohnsitz! Die Zeiten, in denen sie als Nichtsesshafte ohne festen Wohnsitz durch die Lande reisten, sind seit der Einführung der Gewerbeordnung im Jahre 1784 vorbei. 

Schausteller und Komödianten sind in mindestens einer der beiden Berufsorganisationen, DSB und BSM für die Schaustellerbranche vertreten. Sie leben während der Saison meist in ihren Wohnwagen. Nach der Saison auf angemieteten oder eigenen Grundstücken. Viele wohnen im eigenen Haus auf ihrem Betriebsgrundstück mit Halle, Werkstatt und Personalunterkünften. 
©  Margit Ramus

Ausführliche Informationen und Bildmaterial zum „Leben als Schausteller“ finden Sie beim Anklicken von:

Vom Fahrenden Volk zum Schausteller der Gegenwart
Schule und Ausbildung
Wohnsituation der Schausteller