Im Mai 1990 erscheint in der Zeitschrift Rheinischer Genossenschaftsverband ein Artikel über das Kölner Frühlingsvolksfest.
Der Inhalt basiert auf ein Interview mit Rudolf von der Gathen, einem der drei Vorstandsmitglieder der Gemeinschaft Kölner Schausteller, kurz GKS genannt.
Schon in der Einleitung verwundert die Angabe, dass 1990 das 40. Frühlingsvolksfest stattfindet. Eine Zählung beginnend mit der Änderung des Namen der Veranstaltung, 1980 wurde aus Oster-Volksfest, das Kölner Frühlingsvolksfest, konnte nicht gemeint sein.
Eigentlich müsste den Verantwortlichen bekannt sein, dass das 40. Frühlingsvolksfest zu Ostern eine mehr als 900-jährige Geschichte hat.
Fundiert ist die erste Erwähnung dieses Volksfestes, damals noch Jahrmarkt zu Ostern genannt, im Jahre 1075 in der Vita Annonis, der Lebensbeschreibung des Erzbischofs Anno II von Köln, dort wird der weltberühmte Jahrmarkt wie folgt erwähnt:
„Nahte endlich die einzigartige und freudige Feier des Osterfestes, an dem in Köln nicht nur aus allen Städten am Rhein, sondern auch aus überseeischen und noch entfernteren Provinzen zahllose Völkerscharen zu dem in der ganzen Welt berühmten Jahrmarkt zusammenströmten, so war dieser Zulauf für die Kölner Anlass zu doppelten Freude.“ (Fuchs, 1990. Bd. I. S. 111)
Auch die nächsten Angaben entsprechen nicht der Realität.
„Vor zehn Jahren suchten wir Schausteller nach einer seriösen Form, uns zu organisieren“. Rudolf von der Gathen, gehörte nicht zu den Gründungsmitgliedern der GKS, er trat erst später in die Genossenschaft ein und wurde nach dem altersbedingten Ausscheiden von Josef Schoeneseifen und dem Rücktritt von Rudi van Hees zum Ende des Jahres 1983, zeitgleich mit Manfred Ramus vom Aufsichtsrat in den Vorstand bestellt. Sie bildeten gemeinsam mit Willi Kleiner, bis zu dessem altersbedingten Ausscheiden den Vorstand der GKS. Helmut Pilgram folgte Willi Kleiner in den Vorstand.
Unwahr ist auch, dass vor Gründung der GKS im Dezember 1980, die Schausteller meist als Einzelkämpfer oder in Vereinen, die sich schnell gründeten und wieder auflösten, gearbeitet hatten. 20 Jahre organisierte die Arbeitsgemeinschaft Kölner Schausteller die Kölner Volksfeste.
Bereits am 7.12.1960 hatte die Stadt Köln beschlossen, die Organisation des Ostervolksfestes den beiden ortsansässigen Berufsverbänden zu übertragen, dem „Deutschen Schaustellerbund e.V.“ kurz DSB genannt, Ortsverband Köln, und der damaligen Hauptvereinigung des ambulanten Gewerbes und der Schausteller in Deutschland e.V.‘, HAGD . Es wurde eine „Arbeitsgemeinschaft Kölner Schausteller“ gebildet, die sich aus dem Fachschaftsleiter der Fachgruppe I des Bezirksverbands und dem 1. Vorsitzenden des Kölner Schausteller Verband e.V. zusammensetzte. Sie führten 20 Jahre lang die Kölner Volksfest-Veranstaltungen durch. Der Arbeitsgemeinschaft Kölner Schausteller gelang bereits in den 1970er Jahren das Ostervolksfest zu einer in Schaustellerkreisen von München bis Hamburg begehrte Veranstaltung mit hohem Besucher-Potential auszuarbeiten.
Die Angaben der Anschaffungskosten lassen ebenfalls einige Fragen offen.
Kommentar der Verfasserin © Margit Ramus
Artikel von Konrad Kopper im Rheinischen Genossenschaftsverband im Mai 1990
Erfolgreicher Zusammenschluss der Kölner Schausteller
„Köln. Die erste Runde im Karussell, die erste Fahrt im Auto-Skooter — damals, als man noch keinen Führerschein hatte -, die atemberaubende Reise auf der Achterbahn — mit „heiße Backe, Angst im Nacke“, wie es die Kölner Mundart-Formation „Bläck Fööss“ besagt —, das alles sind Erlebnisse, die lösbar mit „Kirmes, Rummel, Volksfest“ verbunden sind. Das 40. Frühlingsvolksfest in Köln vom 14. April bis zum Mai wurde zum 10. Mal von der genossenschaftlich organisierten „Gemeinschaft Kölner Schausteller eG“ (GKS) veranstaltet. Ein Doppeljubiläum für die Kölner Kirmes.
Erster Ansprechpartner
„Vor zehn Jahren suchten wir Schausteller nach einer seriösen Form, uns zu organisieren“, erinnert sich Rudolf von der Gathen, mit Manfred Ramus, Vorsitzender der GKS. „Nach intensiven Gesprächen mit der Stadt Köln kamen wir auf die Form der Genossenschaft.“
Zuvor arbeiteten die Schausteller meist als Einzelkämpfer oder in Vereinen, die sich schnell gründeten und wieder auflösten.
Mit dem genossenschaftlichen Zusammenschluss ist bei den Kölner Schaustellern Kontinuität eingekehrt. „Das ist zurzeit besonders wichtig, weil wir in Köln möglicherweise über einen neuen Festplatz verhandeln müssen“, sagte von der Gathen.
,,Dies ist vielleicht die letzte Kirmes an der Constantinstraße in Köln-Deutz. An dieser Stelle soll eine große Halle entstehen. Jetzt ist die GKS gefordert, in Gesprächen mit der Stadt Köln ein neues Veranstaltungsgelände zu suchen; im Interesse der rund 120 Kölner Schausteller-Familien, aber auch der Kölner Bürger, die nicht auf eine Kirmes verzichten wollen.“
„Unsere Genossenschaft hat 45 Mitglieder“, berichtet von der Gathen, „ihre gemachten Einlagen geben uns eine solide, finanzielle Basis.“ Dies hat die Kölner Schausteller zu einer verlässlichen Größe im deutschen Volksfest-Kirmes-Geschehen gemacht.
Mitgliederförderung
Dank der GKS sind die Kölner Volksfeste wieder zu einer Attraktion geworden. Bewerbungen von Schaustellern aus dem ganzen Bundesgebiet treffen bei der Kölner Genossenschaft ein. Die legt den Begriff der Mitgliederförderung weit aus. Daher waren auf dem Volksfest nicht nur Mitglieder der GKS mit Ständen vertreten, sondern auch spektakuläre Attraktionen aus anderen Städten wurden gezeigt. „Wer heute ein Volksfest interessant gestalten will, muss Sensationen und technische Neuerungen bieten“, plaudert von der Gathen aus dem Nähkästchen. „Wir würden den Kölner Schaustellern einen Bärendienst erweisen, wenn wir nur unsere Kölner Geschäfte präsentieren würden. Das Interesse der Bevölkerung ginge zurück.“ So wie es vor über zehn Jahren, vor Gründung der GKS, schon einmal war.
Heute sorgen ein gewaltiges Riesen-Rad, eine Achterbahn im Kuppelzelt, eine große Haifisch-Show im größten Seewasser-Aquarium der Welt und viele andere Anziehungspunkte für regen Besuch. „Wir werden die 1-Million-Besuchergrenze in diesem Jahr überschreiten“, prognostiziert von der Gathen.
Erster Fass-Anstich durch eine Frau
Um Ideen darf man nicht verlegen sein, wenn man solche Ziele wie einen Rekord-Besuch in Köln erreichen will. So wurde das Kölner Frühlings-Volksfest als erste Veranstaltung dieser Art in Deutschland mit dem Fass-Anstich durch eine Frau eröffnet. Die Kölner Bürgermeisterin Renate Canisius stieß mit Bravour den Metall-Hahn ins Holz-Fass, und die Tagespresse berichtete in Schlagzeilen und Bildern.
Andere Attraktionen kosten sehr viel mehr Geld. So wurden aus Anlass des Kölner-Volksfest-Jubiläums zwei Feuerwerke abgebrannt. „Zur Eröffnung eines für rund 18 000 Mark“, erklärte von der Gathen. „Zum Abschluss-Feuerwerk haben wir da noch ein paar Mark daraufgelegt.“
Die Anschaffungskosten der aufgestellten Fahrgeschäfte sind schwindelerregend hoch. „Ein Kinderkarussell kostet 700 000 bis 800 000 Mark“, nennt von der Gathen Zahlen.
„Ein Großkarussell erfordert schon rund 1,5 Millionen Mark, und bei solchen Attraktionen wie Achterbahn oder Looping läuft unter sieben bis 14 Millionen Mark gar nichts mehr.“
Ein Volksfest ist eine wirtschaftliche Veranstaltung mit Kosten und Einnahmen. „Jeder Schausteller ist selbständiger Unternehmer“, sagt von der Gathen. „Wir als Genossenschaft vertreten die gemeinsamen Interessen. Bei wirtschaftlichen Problemen hilft uns da der GVR mit Beratung und Betreuung sehr. Die Herren sind jederzeit ansprechbar. Wir bezahlen für die Prüfung natürlich Geld, aber diese Ausgaben lohnen sich.“
Dass solche Kosten in Millionenhöhe nur abgetragen werden können, wenn die ganze Familie bei der Kirmes mithilft; vom Aufbauen und vom Putzen morgens um 7 Uhr bis zum letzten Aufräumen gegen Mitternacht. „Besonders anstrengend sind die Tage zwischen zwei Festen“, erzählt von der Gathen. „Da wird beispielsweise nach einem Volksfest nachmittags schon abgebaut, verladen, am nächsten Tag gefahren und auf einem Schützenfest schon wieder aufgebaut.“
Personal-Sorgen
Für dieses Leben kann man immer weniger Personal gewinnen. „Wer will zudem neun Monate im Jahr unterwegs sein“, meint von der Gathen. „Außerdem müssen die Leute, die bei uns helfen, sehr vielseitig sein; vom Schreinern bis zur Elektrik muss man praktisch von allem etwas verstehen.“
Schausteller Familien bleiben daher immer häufiger auf sich gestellt. „Bei unserem Automaten-Stand und den beiden Verlosungs-Geschäften helfen alle drei Kinder mit“, freut sich von der Gathen. Der Nachwuchs will die Tradition des Schausteller-Gewerbes fortführen. Kein Wunder „schließlich reicht unsere Geschichte als Fahrensleute zurück bis ins 14. Jahrhundert“, sagt von der Gathen.“ © Konrad Kopper
Abschrift vom originalen Zeitungsartikel © Margit Ramus
Quellen | Kopper, Konrad: Genossenschaft feiert Volksfeste. In: Rheinischer Genossenschaftsverband 5/1990
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