Schon im Mittelalter wurden die Standplätze zum Kirchweihfest als Sakrales Fest, von den Kirchengemeinden, oder zum jährlich wiederkehrenden „Jahrmarkt“ von den Ortsvorstehern oder Kommunen an die Bewerber vergeben. Dies hat sich teilweise bis in die Gegenwart fortgesetzt.
Veranstalter
Gegenwärtig werden die Standplätze der großen und kleinen Volksfeste zu 90 % von den kommunalen Verwaltungsbehörden vergeben. Ausnahmen gibt es bei privaten Veranstaltern.
Inzwischen werden Volksfeste nach den in §§ 60b bzw. 68 der Gewerbeordnung oder nach in den Gemeindeordnungen der Länder festgelegten Regeln durchgeführt.
Die Gewerbeordnung, ein Bundesgesetz, regelt u. a. das Wesen der Volksfeste. Auswahlkriterien wie Bekanntheit und Bewährtheit, Attraktivität, Neuartigkeit, auch Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit, sind von der Rechtsprechung anerkannte Kriterien.
Es gibt Ausnahmen, bei Schützenvereinen, wie zum Beispiel der St. Sebastianus Schützenverein e.V. Düsseldorf, der sein Schützenfest und die Vergabe der Plätze eigenständig durchführt.
Bei einigen Veranstaltungen wird die Untervermietung auch von Schausteller-Vereinigungen wie z.B. der Gemeinschaft Kölner Schausteller e.V. kurz GKS, zum Kölner Frühlingsvolksfest oder zum Kölner Herbstvolksfest übernommen.
Einige Veranstaltungen insbesondere Straßenfeste werden von Schaustellern selbst organisiert. Diese Konstellationen nehmen jedoch Einfluss auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Volksfeste, weil in der Regel die Standmieten für die Beschicker ansteigen.
Zulassungskriterien in der Vergangenheit
Vor dem Zweiten Weltkrieg wurden in vielen Städten die Standplätze zum Volksfest versteigert oder verlost. Im Stadtarchiv von Köln wurden exemplarisch Schriftstücke der Marktordnung der Jahre 1932 bis 1934 aufgefunden, die die damaligen Verpachtungsbedingungen belegen. Dort heißt es:
„1. Die Verpachtung geschieht für die Zeit vom 15.–24.4.1933, also für 10 Geschäftstage im Wege der Versteigerung. Die kleineren Geschäfte werden verlost.“(1)
In einem Schreiben vom 28. März 1933 an den Kölner Bürgermeister Dr. Brandes bitten Vertreter des „Vereins rheinischer Fahrgeschäfts-Inhaber und Schausteller Köln“ auf die Verlosung von Plätzen zu verzichten.
„Wir gestatten uns, Ihnen folgendes zu unterbreiten: Wir bitten für Ostern eine Versteigerung der Plätze für die Fahrgeschäfte jeglicher Art, Karussells, Schiffschaukeln etr. vorzunehmen, da es unmöglich ist, durch eine Verlosung unsere Existenz einem reinen Zufall preiszugeben.“(2)
Heute sind Versteigerungen von Standplätzen nicht mehr vorstellbar. Städte, Kommunen und private Veranstalter legen die Höhe der Standmieten individuell fest.
Veranstaltungskriterien
Ab August jeden Jahres werden die in der kommenden Saison stattfindenden Veranstaltungen öffentlich in den Fachzeitschriften „Der Komet“, und der „Kirmes und Park Revue“ ausgeschrieben.
Etwa 5.300 Schaustellerunternehmen bereisen – auch über nationale Grenzen hinweg – mit ca.12.300 Schaustellergeschäften die Volksfeste. Durchschnittlich erhält eine größere Veranstaltung ein Vierfaches an Anfragen der zu vergebenden Verträge.
Zulassungsgesuche müssen fristgerecht, in der Regel im letzten Quartal eines Jahrs, für die nächste Saison eingereicht werden.
Pützchens Markt
Die Stadt Bonn kann etwa nur 400 Bewerber, (einschließlich Händler und kleine Stände) von rund 1.300 Anträgen berücksichtigen. Für den Pützchens-Markt in Bonn muss z.B. bis zum 30. September eines Jahres für das kommende Jahr eingereicht werden. Dann erfolgt in der Regel ein Auswahlverfahren. In den Zulassungsrichtlinien für Pützchens-Markt heißt es:
„Eine Bewerbung begründet gemäß § 70 I Gewerbeordnung keinen Rechtsanspruch auf eine Zulassung oder einen bestimmten Platz.“(3)
Zum Pützchens-Markt erfolgte bisher die Zulassung in folgender Reihenfolge: Attraktivität der dekorativen Ausstattung des Geschäfts, danach erst die Relevanz des Antragstellers nach „bekannt und bewährt“. Bei gleicher Beurteilung entscheidet das Los.
Die Architektur und die Dekoration der Schaustellergeschäfte sind also nicht nur bedeutsam hinsichtlich der Attraktivität für die Eigentümer, sondern ebenso für die Vergabe von Stellplätzen. Das erklärt die große Sorgfalt, die auf ihre Ausführung gelegt wird.
Cranger Kirmes
Für die Cranger Kirmes in Herne werden etwa 2.000 Anträge eingereicht, von denen knapp 500 Bewerber einen Zuschlag bekommen.
Die Zulassungsmöglichkeiten sind aufgrund des Bebauungsplans des zur Verfügung stehenden Geländes bzw. der Standorte der Volksfeste bei fast allen Veranstaltungen beschränkt.
1989 entschied das Verwaltungsgericht Münster für NRW, dass Großveranstaltungen in Zukunft Richtlinien zur Vergabe von Standplätzen festlegen müssen. Diese Vergaberichtlinien beinhalten, dass die Attraktivität eines Geschäfts Priorität hat, allerdings Neuheiten vorrangig behandelt werden müssen.
Münchner Oktoberfest
Das Münchner Oktoberfest, dessen Ursprung als Höfisches Fest einzuordnen ist, wird als Beispiel für besonders strenge Zulassungskriterien herangezogen.
In München, der Landeshauptstadt von Bayern wird vom „Tourismusamt, Referat für Arbeit und Wirtschaft“ ein Bewerbungsbogen herausgegeben, der durch einen Stadtratsbeschluss vom 14. November 1979 anwendbar wurde.
Der Zulassungsantrag muss dort bis zum 31. Januar eines Jahres eingereicht werden.
Er beinhaltet neben den technischen Details des Geschäfts auch Fragen zur antragstellenden Person, für die in der Regel eine aktuelle Meldebestätigung der Stadt München vorliegen muss.
Es werden jedoch auch Schausteller zugelassen, die nicht in München gemeldet sind. Diese Ausnahmen beziehen sich in der Regel auf die Geschäftsart. Angerechnet wird ebenfalls die Anzahl der vorangegangenen jährlichen Bewerbungen.
Außerdem müssen Angaben zur Rechtslage der Gewerbeberechtigung, die Eigentumsverhältnisse des Geschäfts durch Vorlage von Kaufvertrag und Finanzierungsunterlagen der Firma und durch Vorlage des aktuellen Handelsregistereintrags belegt werden.
Darüber hinaus verzichtet der Antragsteller auf sein Recht auf Datenschutz, indem er das Tourismusamt der Stadt München bevollmächtigt, bei den zuständigen Behörden Auskünfte über seine Gewerbesteuer sowie über etwaige Steuerschulden einzuholen.
Für die Antworten werden intern Punkte vergeben. Bonuspunkte können durch Beiträge zur Nachhaltigkeit im Klimaschutz, Ökologie, Umweltschutz und Nostalgie (nostalgische Gestaltung der Geschäfte) gesammelt werden.
Der Bewerber mit der höchsten Punktzahl einer gleichen Geschäftsart kommt bei der Vergabe zum Münchner Oktoberfest in die engere Wahl. Die letzte Entscheidung trifft der Stadtrat.
Es werden bis heute keine Verlosungsgeschäfte, diverse Spielautomaten sowie Verkaufsgeschäfte von Schmuck und Textilien, die nicht zum Charakter des Oktoberfests passen, zugelassen.
Die ausführliche Darstellung der Münchener Zulassungskriterien vermittelt einen Einblick in den Wettbewerb in der Schaustellerbranche. Es wird jedoch nicht bei allen Großveranstaltungen nach diesem drakonischen Reglement verfahren.
Der Besitz einer Reisegewerbekarte, der Abschluss einer Haftpflichtversicherung, ein gültiges Baubuch für Fliegende Bauten und eine Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft sind allerdings für die Bewerbung zu allen Volksfesten Voraussetzung.
Allgemeine Kriterien
Auch bei von Schaustellern selbst organisierten Veranstaltungen zählt die Attraktivität der Geschäfte. In der Regel wird jedoch auch hier alljährlich ein gewisser „Stamm“ von Schaustellern und Geschäftsarten berücksichtigt. Dazu zählt man das Riesenrad oder die Achterbahn, den Autoskooter, Kindergeschäfte, Spiel- und Verkaufsgeschäfte sowie klassische Rundfahrgeschäfte. Wechselnd werden Laufgeschäfte sowie Geisterbahnen zugelassen. Neuheiten werden außerdem vorrangig in die Planung eingebaut.
Bei kleineren Veranstaltungen beschränkt man sich meist auf sogenannte „Stammbeschicker“, die seit Jahren an der gleichen Kirmes teilnehmen. Obwohl auch hier die volkswirtschaftliche Bedeutung der Volksfeste mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, denn ein attraktiv gestalteter Festplatz zieht zweifelsfrei mehr Besucher an.
Wirtschaftlichkeit
Heute sind Versteigerungen von Standplätzen nicht mehr vorstellbar. Städte, Kommunen und private Veranstalter legen die Höhe der Standmieten individuell fest.
Ohne Zweifel nehmen die deutschen traditionsreichen Volksfeste eine wichtige Position im Stadtmarketing ein. Sie sind positive, regionale, nationale oder internationale Imageträger der ausrichtenden großer und kleiner Städte, Kommunen und Gemeinden für den Tourismus aus dem I- und Ausland.
2000 lagen die Werbebudgets größerer Volksfeste zwischen 25.000 und 500.000 Euro. (Marktstudie, 2000) Volksfeste sind auch wirtschaftliche Veranstaltungen, die sich überwiegend durch ihre Einzigartigkeit und Anziehungskraft durch das anhaltende Interesse bei den Besucher manifestiert haben.
Die Größe einer Veranstaltung sagt im Übrigen nichts über ihre Kosten und ihre Lukrativität aus.
Inzwischen finden über die ganze Bundesrepublik geografisch verteilt etwa 9.750 große und kleine Volksfeste statt. Sie wurden laut der Marktstudie von 2012 jährlich von etwa 189 Millionen Menschen besucht, die die Volksfesttradtion erfolgreich fortführen.
Mehr dazu: Volkswirtschaftliche Bedeutung der Volksfeste
© Margit Ramus
Dazu Volksfeste im Archiv Kulturgut Volksfest
Cranger Kirmes
Dürener Annakirmes
Kölner Frühlingsvolksfest
Münchner Oktoberfest
Nördlinger Mess‘
Pützchens Markt
Quellen |
|