Name(n) des Geschäftes | Schweizer’s Knusperhaus |
Typologische Bauaufgabe | Verkaufsgeschäft |
Bauform | Pavillonbau Wagen mit Tonnendach |
Baujahr | 1977 |
Hersteller | Josef Zierer |
Maler | Fritz Hilbert |
Dekorationsstil | Neu-Barock |
Dekorationsthema | Märchen Hänsel & Gretel der Gebrüdern Grimm. |
Bauherr / Inhaber | Adolf Schweizer > Werner Schweizer |
Baugeschichte
Bis in die 1950/60er Jahre waren Verkaufsgeschäfte meist einfache rechteckige Pavillonbauten. Erst ab den 1970er Jahren wurden Wagen mit aufwendigen Dekorationselementen von verschiedenen Firmen wie Mack, Stork, Dietz, Zierer und anderen Herstellern gebaut.
„Schweizer´s Knusperhaus“ ist eines der besonderen Verkaufsgeschäfte, welches 1977 von Josef Zierer in Deggendorf gebaut und als einer der letzten großen Aufgaben des Malers Fritz Hilbert gestaltet worden war.
Adolf Schweizer der Sohn von Lorenz Schweizer aus Nürnberg verband mit Fritz Hilbert eine enge Freundschaft. Die sich laut Angaben der Familie Schweizer unmittelbar auf die Dekoration des Knusperhauses ausgewirkt haben soll.
Baubeschreibung
Wie bei anderen Spiel- oder Verkaufsgeschäfte bildet die Grundlage dieser Baureihe im geschlossen, undekorierten Zustand ein zehn bzw. zwölf Meter langer Wagen mit tonnenähnlichem Runddach.
Zum Aufbau der Fassade wird der Wagen an einer Längsseite aufgeklappt. Zweidrittel der Wand werden mit Winden nach oben befördert, ein Drittel nach unten, als Verkleidung von Fahrgestell und Rädern. In dem so entstandenen offenen Raum, im Fachterminus Schaufenster genannt, ist zur Präsentation der Ware eine teilweise getreppte Theke mit Glasaufsatz eingebaut.
Die darunter liegende Sockelzone wird nach vorne von Panneaux geschlossen.
Dekoration
Im abgebauten, transportbereiten Zustand gibt es keine Vorbilder in der Kunst. Erst die baulichen Dekorationselemente orientierten sich an verschiedenen Formen der Architektur, wie zum Beispiel das Fachwerk oder die Dachform.
Ende der 1950er Jahre wurde das Fachwerkhaus mit Sattel- oder Walmdach zum Verkauf von Produkten aller Geschmacksrichtungen eingesetzt. Daneben begann auch die kulissenartige Gestaltung des Dachaufbaus, wie zum Beispiel beim Knusperhaus der Firma Schweizer aus Nürnberg.
Über den Plafonds erhebt sich über einer schmalen Lichtleiste der Dachaufbau eines Satteldachs, der beim Abbau komplett demontiert und in einem eigenen Packwagen verladen wird. Durch etwa 60 Anbauteile verwandelt sich der Runddachwagen zum Hexenhaus aus dem Märchen Hänsel & Gretel der Gebrüdern Grimm.
Im Satteldach ist eine Dachgaube eingelassen, die mit einem Brezelfries eingefasst ist. Die aufgelegten Brezeln oder anderen Leckereien verweisen auf das Produkt, das verkauft werden soll.
Das Hauptmotiv der Fassadengestaltung ist ein Bamberger Hörnchen. Werner Schweizer berichtete, dass sein Vater und Fritz Hilbert einen ganzen Tag in und um Bamberg unterwegs gewesen seien, um das ultimative Bamberger Hörnchen zu finden.
Das Bamberger Hörnchen ist eine alte Kartoffelsorte aus Franken. Die als festkochend geltenden Kartoffeln sind klein und haben eine längliche, fingerförmige, krumme Form. Die Kartoffelhorde ist seit dem späten 19. Jahrhundert bekannt. Sie wird traditionell vorwiegend wieder in Süddeutschland angebaut und erfreut sich großer Beliebtheit. Familie Schweizer hat vielleicht auf die Zeit hinweisen wollen, in der das Bamberger Hörnchen zu den besonderen Spezialitäten der Region gehörte.
Eine Auswahl verschiedener Hörnchen wurden damals zur Firma Zierer nach Deggendorf gebracht um dort die entsprechenden Formen zu erstellen. Andere Dekorationselemente wurden direkt von Zierer nach Kalchreuth/Nürnberg zu Fritz Hilbert in dessen Atelier gebracht.
Weitere Möglichkeiten zur Dekoration boten bei diesem Süßwarengeschäft der Sockel sowie die Seitenverkleidung. Eingefasst von Bamberger Hörnchen hatte Fritz Hilbert die Flächen mit hellen und dunklen Partien in warmen Farben gemalt. Darauf setzte er bezaubernde kleine Tiere, die die Natur widerspiegeln und den Eindruck von Harmonie, Wohlempfinden und regionale Bodenhaftigkeit vermitteln sollten. Was dem Maler vortrefflich gelungen ist.
Erhaltungszustand
Über 50 Prozent der originalen Fritz Hilbert Malerei konnten bis heute erhalten werden. Die sehr UV belasteten Dekorationsteile wurden Anfang der 1990iger Jahre von Sohn Hans Hilbert überarbeitet.
2005 wurde das Geschäft komplett entkernt, saniert und mit modernster Technik ausgestattet. Es wurden eine offene Küche, sowie elektrisch ausfahrbare Kühltheken mit Umluftkühlung und Wärmerückgewinnung eingebaut.
Alle ursprüngliche Dekorationselemente wurden bei Familie Schweizer eingelagert, sodass ein Rückbau in den Originalzustand von 1977 jeder Zeit möglich wäre.
Familie Schweizer erfreute bis zu Beginn der Pandemie mit ihrem bezaubernden Knusperhaus und ihrer qualitativ hochwertigen Ware große und kleine Besucher vieler Volksfestplätze. Zu wünschen ist, dass dies bald wieder möglich ist und unsere Volksfest in der gewohnten Manier wieder stattfinden werden.