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Karussellpalast – Stufenbahn

Name(n) des Geschäftes Karussellpalast-Stufenbahn
Typologische Bauaufgabe Rundfahrgeschäft
Bauform Eingehauster Rundbau
Baujahr 1902 ff
Hersteller Hugo Haase
Dekorationsstil Neubarock
Dekorationsthema Romantische Salonmalerei
Baugeschichte

Hugo Haase wählte die Bezeichnung Stufenbahn für das im Inneren des Karussellpalasts aufgebaute Karussell. Es bezieht sich auf eine am Bodenkarussell angelehnte Karussellform. Grundlegender Unterschied war, dass in dem feststehenden Karussellrundbau Springpferde und andere Besatzungsteile auf drei abgestuften Platten standen. Sie drehten sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gegen den Uhrzeigersinn.
Haase war in Deutschland der erste, der gleich zwei seiner Karussells mit einer Art Chapéteau umgab, dem er eine aufwendig gestaltete Fassadenarchitektur vorsetzte.

Baubeschreibung

Eingeschossiger Rundbau mit Zeltdach, in dessen feststehendes Zentrum eine Dampfmaschine und eine Orgel eingestellt sind. Der innere Arkadenkranz trägt die gesamte Dachkonstruktion.
Der Dachstuhl ist nach unten mit einer abgeschrägten Flachdecke verkleidet. Nach oben ist die Fassade mit einem rundlaufenden Schmuckfries abgeschlossen. 
Nach der Wende zum 20. Jahrhundert hatte Hugo Haase zwei seiner Karussells in wahre Paläste. verpackt. Dem Grand Caroussell Noblesse setzte er eine Fassade mit Jugendstilelementen vor. Weitaus aufwendiger gestaltete er seinen Karussellpalast ). Er konstruierte einen gewaltige  Vorhangfassade mit Zitaten einer Barock- und Rokokoarchitektur.
Seinen Ruhm als „Karussellkönig“ verdankte Haase nicht nur seinen Konstruktionen oder der Größe seines Betriebs, sondern auch der Präsentation seiner mobilen Volksfestarchitekturen.
Hugo Haase, war der Erste, der im Innern des Karussellpaläste Kinderfeste, Kaffeetafeln und andere kostenlose Volksbelustigungen anbot.

Ungewöhnlich für Deutschland war, dass Haase zwei seiner Karussells mit einer Art Chapéteau umgab, dem er eine aufwendig gestaltete Fassadenarchitektur vorsetzte.502

Dekoration

Ein umlaufender breiter Schmuckfries, mit filigranen Spitzen an Jugendstilelemente angelehnt, ist unterlegt mit einer Gold- und Silberfassung. Er wird von einem schmalen Würfelfries nach oben abgeschlossen. Der Rundbau ist eingezäunt von einem Pfeilerkranz. Auf angedeuteten ionischen Kapitellformen sind aufgesetzte Bogenlampen mit Lichterketten verbunden. Reich mit floralem Dekor
geschmückte venezianische Gondeln alternieren mit Springpferden und anderen Tieren. Die Besatzung kann nach Form und Gestaltung Friedrich Heyn zugeschrieben werden. Dem Karussell ist eine Pracht Fassade vorgesetzt. Diese ist vertikal gegliedert.

Dekoration

Ein umlaufender breiter Schmuckfries, mit filigranen Spitzen an Jugendstilelemente angelehnt, ist unterlegt mit einer Gold- und Silberfassung.
Er wird von einem schmalen Würfelfries nach oben fünf Achsen mit Mittel- und Eckrisaliten. Die Mitte
wird durch einen vorgelagerten Portikus mit reich geschmückten neubarocken Stuckelementen betont.
Den tragenden Pfeilern sind Postamente vorgesetzt, auf denen zwei Frauengestalten mit Harfe und Lyra den Eingang säumen. Über dem Portikus erhebt sich ein geschwungener, von Voluten und Krabben gerahmter Giebel. An dessen Spitze schwingt ein Adler seine Flügel. Davor ist eine Figurengruppe aufgestellt. Sie ist auf den überlieferten Abbildungen nur verschwommen
zu erkennen. Dering schreibt, dass drei springende Löwen einen von einem Fackelträger gelenkten Wagen ziehen, der von vier Drachenfiguren begleitet wird. Der Portikus wird von Stuck gerahmten Bildtafeln, die Szenen aus Wagners Oper „Der Ring des Nibelungen“ zeigen, flankiert. Im linken Bildfeld wird Donar im Wagen von zwei Ziegenböcken gezogen. Rechts reiten Walküren zu Pferd. Über den Bildtafeln sind kleine ornamentale Dreipassgiebel aufgesetzt. Darin sind Pfauen mit aufgestelltem Rad eingestellt. Darunter sind Hasen in Medaillons zu sehen, die in Anlehnung an
den Namen des Erbauers Hugo Haase als Motiv gewählt wurden. Auf beiden Eckrisaliten kämpft Siegfried gegen den Drachen. Darunter stehen in von zwei Säulen getragenen Nischen tanzende weibliche Skulpturen. Die Sockelzone wird von einem durchlaufenden Ornamentband aus stilisierten Blütenkelchen mit eckigen und runden Formen gebildet. Für Haase typisch, zeigt
er in der Dekoration eine Mischung aus Neubarock und Rokokoarchitektur. 

Besonderheiten: Die gesamte Fassade einschließlich der Skulpturen war nicht aus Holz geschnitzt, sondern bestand aus Zink.504 Die Innenräume wurden mit einem umlaufenden Kranz von Bogenlampen und etwa 3.000 Glühlampen erhellt. Sie waren mit Gemälden, Nachbildungen von Gemälden aus der Zeit des Klassizismus, unzähligen Facettenspiegeln und aufwendigen Schnitzereien ausgeschmückt.505
Auf der Deckenverkleidung sind Stilelemente des Art Nouveau zu erkennen.

Provenienz und Verbleib

1911 wurde das Karussell an den Vergnügungspark Coney Island/New York verkauft und in EL Dorado umbenannt. 1923 wurde die Fassade verschrottet. Ende der 1960er Jahre wurde die Stufenbahn an einen japanischen Elektrounternehmer verkauft. Sie ist heute noch im Toshimaen Amusement Park bei Tokio in Betrieb.

© Margit Ramus

Ramus 2013. Kat. Nr. 09

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