
Hamburger Winterdom
Das „Größte Volksfest des Nordens“ wird der Hamburger Dom genannt, wobei man zwischen dem Frühlings-Dom, dem Sommer-Dom und dem Winter-oder Weihnachts-Dom unterscheidet. Der Winterdom ist der Älteste und berühmteste. Er hat seinen Ursprung im 11. Jahrhundert.
Namengebend für den Hamburger Dom wurde der alte Hamburger Mariendom. Zu seinen frühen Vorgängerbauten gehörte eine einfache Holzkirche, die vermutlich um 811 als Bischofskirche errichtet wurde. 843 wurde die Kirche erstmals zerstört und wieder aufgebaut. In Folge wurde der Bischofssitz nach Bremen verlegt und in Hamburg blieb nur das Domkapitel. Die Kirche wurde in den folgenden zwei Jahrhunderten noch zweimal zerstört und immer wieder aufgebaut, 1035–1043 erstmals in Stein.
Im 13. Jahrhundert wurde die alte Kirche abgerissen und 1245 der Grundstein für den Mariendom als dreischiffige Basilika in frühgotischem Stil gelegt. Noch während des Baus entschied man sich, die Baupläne zu ändern und stattdessen eine dreischiffige Hallenkirche zu bauen, die am 18. Juni 1329 geweiht wurde. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde sie um zwei Schiffe erweitert und die Westfassade erhielt einen Turm.
Schon in dem steinernen Vorgängerbau hatten Krämer und Händler seit dem 11. Jahrhundert ihre Stände in der Kirche aufgebaut. Weil es immer wieder zu Störung der Gottesdienste kam, vereinbarte 1337 der Hamburger Rat gemeinsam mit dem Domkapitel, dass in Zukunft die Händler nur bei unvermutet eintretendem Regen, oder dem sogenannten „Hamburger Schietwetter“ im Innern des Doms Schutz suchen durften. Auch der Erzbischof Burchard von Bremen (1327–1344) fand das bunte Treiben in dieser Kirche nicht wirklich lustig und soll die Schausteller aus der Kirche verbannt und zeitweise Hausverbote verteilt haben.
Im 16. Jahrhundert, nach der Reformation wurde der Mariendom durch einen im spätgotischen Stil erbauten Predigtsaal, den Schappendom, erweitert. In diesem Schappendom und in den Kreuzgängen vermietete das evangelisch gewordene Domkapitel nun Verkaufsstände an Handwerker, Gewürzkrämer und Leinwandhändler, die sogenannten Moritatenmaler und -sänger, die die neusten Nachrichten dem Volk berichteten.
Ein besonders lebhaftes Treiben herrschte im Dom um die Weihnachtszeit. In allen Bevölkerungsschichten entwickelte sich des Christmarkt der wachsenden Beliebtheit. Entsprechend interessant war es schon damals, als Aussteller zugelassen zu werden. Der Antragsteller musste jedoch in Hamburg sesshaft sein. Fremde wurden nicht zugelassen, worüber das Kramer-Amt streng wachte. Die Standgelder flossen in die Kasse der Domherren.
Es hagelte jedoch auch heftige Proteste. Überliefert ist, dass im 17. Jahrhundert der protestantische Geistliche, Johann Balthasar Schupp, Pastor zu St. Jakobi, das Treiben im ehrwürdigen Dom wie folgt beschrieb:
„Wann wird grössere Wucher, grössere Schinderey und Betriegerey in Hamburg getriben, als an dem Christ Abend, in der Thumbkirchen, wann das Kindlein Jesus Frauen, Kindern und Gesind etwas bescheren sol?“ Petzoldt S. 440
Man ließ jedoch nicht von dem Marktgeschehen im Gotteshaus ab. Denn immer mehr entwickelte sich der Markt zu einem bedeutenden Handelspunkt für Hamburg, der dazu Schutz und Privilegien unter dem Kirchenrecht genoss.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden in dem nicht vom Christmarkt in Anspruch genommenen Teil des Domes Garküchen eingerichtet, zusätzlich wurden Branntwein, Met und Punsch von Schankwirten ausgegeben.
Sehr zum Leidwesen des letzten Domherrn, Friedrich Johann Lorenz Heyer, wurde das Grabmal der Grafen von Schauenburg in der Mitte der Kirche zum bevorzugten Ort für Stelldicheins. Damals hieß es: „Die sparsam erleuchtete Kirche selbst bietet dann der Unsittlichkeit ihre dunklen Schlupfwinkel.“ Petzoldt S.440
Der Dom gehörte bis 1802 zum Bistum Bremen. Recht unerwartet fiel der Dom im „Reichsdeputationshauptschluss“ des gleichen Jahres an die Stadt Hamburg, die sich für den Abbruch entschied. Im Jahre 1804 wurde der Mariendom abgerissen.
Nach dem Abriss der Kirche verteilten sich die Händler und die inzwischen stetig anwachsende Zahl der Schausteller mit ihren Karussells und sonstigen Belustigungsgeschäften zunächst wieder auf die Marktplätze der Stadt. Der Christmarkt, nun bereits Hamburger Winterdom genannt, wurde auf dem Gänsemarkt abgehalten. Die Beschränkung, dass nur Hamburger Aussteller zugelassen wurden, war aufgehoben. Mehrmals wurde der Winterdom in den 1820er und 1830er Jahren verlegt: vom Gänsemarkt, zum Pferdemarkt, zum Zeughausmarkt und zum Großneumarkt.
1868 wurde der Dom von acht Tagen auf drei Wochen verlängert, inzwischen kamen auch allerlei fremdartige Schaustellungen und Waren dazu. Türken verkauften Schmucksachen, Italiener Alabasterwaren und Holländer Schmalzkuchen.
1881 wurde der Dom zum Dammtorwall beim Holstentor verlegt. Schließlich wurden 1893 die gesamten Volksbelustigungen und Verkaufsstände, auch die vom Spielbudenplatz und dem Pferdemarkt, zusammengefasst und auf dem „Heiligen-Geist-Feld“ platziert.
Der Name Heiligen-Geist-Feld wird erstmals 1497 erwähnt. Das ehemalige Weideland gehörte damals dem Hospital zum Heiligen Geist. Noch heute findet der Dom auf diesem 20 Hektar großen Gelände statt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gesellten sich 1947 zum Winterdom der Sommerdom auch „Hummelfest“ genannt und 1948 der Frühjahrsdom. Der Hamburger Dom ist mit seinen drei jeweils vier Wochen dauernden Veranstaltungen (Frühling, Sommer und Winter) das größte Volksfest Norddeutschlands und das längste Volksfest Deutschlands. Es sind um die 80 Spieltage, die für einige ortsansässige Schaustellerkollegen eine feste Einnahme übers Jahr bedeuten und deshalb auch dazu beigetragen haben, dass viele von ihnen auch während der Saison nicht mehr in Wohnwagen, sondern in Wohnungen oder eigenen Häusern leben.
Heute ist der Hamburger Dom wesentlicher Bestandteil der städtischen Identität und des kulturellen Erbes. Wie viele traditionelle Volksfeste in Deutschland verbindet auch der Hamburger Dom die historische Vergangenheit mit der lebendigen Gegenwart der Stadt.
Etwa 260 Schaustellerfamilien darunter 110 Gastronomiebetriebe werden jedes Jahr mit ihren Geschäften auf dem Heiligen-Geist-Feld zugelassen. Etwa 1200 Frontmeter der Marktstraßen füllen sie aus.
Die drei Großveranstaltungen, die von zehn Millionen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten besucht werden, sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Veranstalter des Volksfestes ist die Stadt Hamburg mit ihrer Behörde für Wirtschaft und Innovation. Gemeinsam mit den Schaustellerfamilien, den Trägerinnen und Träger der Volksfeste, sorgen die Vertreter der Stadt Hamburg und die unzähligen Menschen, die im Hintergrund eines Festplatzes agieren, für das Gelingen des Doms, im Frühjahr, im Sommer und im Winter eines jeden Jahres.
Schausteller pflegen ihre Geschäfte sorgfältig und passen sie dem Zeitgeist und dem Anspruch des Publikums stets an. Ihre Belustigungsangebote wie auch künstlerische und gastronomische Attraktionen sind die wesentlichen Gründe für den Besuch von Volksfesten. Deren hochwertige Präsentation und ständige Weiterentwicklung garantieren das fortbestehende Interesse der Besucherinnen und Besucher. Es liegt jedoch in den Händen der Veranstalter eine optimale Auswahl der neuesten technischen Errungenschaften sowie den älteren Familiengeschäften zu treffen und Tradition und Moderne harmonisch miteinander zu verbinden. Dies gelingt auf dem Hamburger Dom vorbildlich. Es ist jedoch ein besonderes Bedürfnis mit Blick auf die gesamte Bandbreite einer diversen Bevölkerung, auf den Festplätzen der Volksfeste eine spannende Mischung bunter Bilder, Geräusche, Nervenkitzel und Geschmacksreize geboten wird, die es im Gegensatz zu Freizeitparks, bei freiem Eintritt gibt.
Aber es müssen auch Maßnahmen zur Erhaltung berücksichtigt werde. So achten die Organisatoren der Stadt Hamburg sowie die SchaustellerInnen ständig auf Verbesserungen in Hinblick auf Umwelt- und Klimaschutz sowie ökologische Nachhaltigkeit, z.B. durch Mülltrennung, Einschränkung von Plastikverpackungen, Mehrweggeschirr, biologisch abbaubares Hydrauliköl, Grünen Strom und LED-Beleuchtung, und vieles mehr.
Der Hamburger Dom ist tief in der Hamburger Kultur verwurzelt. Es ist ein Ort, der alle Menschen unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft oder Nationalität, Geschlecht bzw. geschlechtlicher Identität, körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, Religion / Weltanschauung, sexueller Orientierung oder sozialer Herkunft herzlich willkommen heißt.
Dies ist in den unruhigen Zeit der Gegenwart ein unschätzbares Gut und muss unbedingt bewahrt werden.
© Margit Ramus
Im Archiv sind einige Geschäfte eingestellt, die auf dem Hamburger Dom platziert werden oder wurden:
Mitschnitt
Quellen | Petzoldt, Leander: Volkstümliche Fest, Führer zu Volksfesten, Märkten und Messen in Deutschland. München 1983. S. 439 f
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