Glossar A - Z

Gewerbeordnung in der DDR

„GEWERBESCHEIN 
Gewerbeausübung der privaten DDR-Unternehmen wurde umfassend überwacht. Um den Verwaltungsaufwand zu minimieren und Eigenverantwortlichkeit der staatlichen Organe stärken zu können, trat am 1. Januar 1957 eine überarbeitete Verordnung über die Regelung der Gewerbetätigkeit in Kraft. Sie diente als Grundlage für die einer Gewerbegenehmigung. Anträge zur Ausübung eines Gewerbes wurden grundsätzlich nur genehmigt, wenn dafür ein volkswirtschaftliches Bedürfnis bestand. 
Der Antragsteller musste seine Eignung und persönliche Zuverlässigkeit nachweisen können.

Im § 3, Absatz c der Gewerbeordnung wurde festgelegt, „dass die Voraussetzungen zur Ausübung eines Gewerbes nur dann gegeben sind, wenn dem Antragsteller die erforderlichen Räumlichkeiten, Einrichtungen oder sonstigen Betriebsmittel zur Verfügung stehen und er die arbeitsschutzmäßigen, baugesetzlichen sowie hygienischen Voraussetzungen nachweisen konnte“.

Für die Ausübung des Schaustellergewerbes bedeutete das, dass der Antragsteller bereits bei der Antragstellung den Nachweis über ein vorhandenes Geschäft, mit genauen Angaben über den Erwerb und die Geschäftsart, erbringen musste. Dadurch wurden Genehmigungen für das Schaustellergewerbe ab 1957 eingeschränkt. Außenstehende hatten kaum noch eine Chance, einen Schaustellerbetrieb zu gründen, da die Antragsteller nun auch den Nachweis erbringen mussten, dass Familienangehörige bereits in diesem Gewerbe tätig waren.

Hierzu mussten genaue Angaben, seit wann welche Geschäfte betrieben wurden, gemacht werden. Für Schaustellerkinder war es bis in die siebziger Jahre auch nicht einfach, die Gewerbeerlaubnis zu bekommen, da die Gründung von neuen privaten Unternehmen bis dahin nur noch in Ausnahmefällen genehmigt wurde.

Ein makelloser Leumund und die richtige Geschäftsart waren wichtige Voraussetzungen für eine Genehmigung des Antrags. Der Gewerbeschein musste am Wohnort des Antragstellers beantragt werden. Der Rat des Bezirkes überprüfte dann genauestens die gemachten Angaben. Falls ein Überangebot der beantragten Geschäftsart bestand, wurde der Antrag abgelehnt. Die erteilte Gewerbegenehmigung war damals für jeweils ein Kalenderjahr gültig, konnte aber jederzeit widerrufen werden, falls die Voraussetzungen für die Genehmigung von vornherein nicht bestanden oder nachträglich wegfielen.

Falsche Angaben oder Nichteinhaltung der erteilten Auflagen sowie die Unterbrechung der Gewerbetätigkeit ohne Erlaubnis hatten ebenfalls den Entzug der Erlaubnis zur Folge. Nach dem Tod des Inhabers des Gewerbetriebes erlosch die Genehmigung automatisch nach sechs Monaten.

Der Ehepartner oder die Erben waren berechtigt, in diesem Zeitraum den Betrieb weiterzuführen. Konnte nur ein anderer Verwandter den Betrieb weiterleiten, musste dieser erst eine Ausnahmegenehmigung beantragen.

In den achtziger Jahren wurden die Regelungen zur Ausübung der Gewerbetätigkeit gelockert, da die staatlich gelenkte Industrie und der Handel immer weniger in der Lage waren, die Wünsche der Bevölkerung zu befriedigen. Für den Schaustellernachwuchs bedeutete die Lockerung zwar weniger Bürokratie und staatliche Gängelung, aber auch Einschränkungen, durch die das Gewerbe gar nicht ausgeübt werden konnte. 
Lutz Hofmann erinnert sich beispielsweise, dass sein Gewerbeantrag in den achtziger Jahren nur „ohne Anspruch auf Dieselkraftstoff“ genehmigt wurde. Da allerdings die zuständige Behörde auf die Frage wie er mit seinem Laufgeschäft ohne Kraftstoff reisen solle, keine Antwort wusste, wurde sein Betrieb mit Anspruch auf Dieselkraftstoff genehmigt.“

© Rolf Orschel.

© Rolf Orschel. Gewerbeschein In: Sonderband der Kirmes und Park Revue Kirmes Special. S. 37

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