- Erste Aufträge für Löffelhardt und Willenborg – 1954
- „Düsenspirale“ – 1957
- „Sputnik“ – 1958
- Übernahme des elterlichen Betriebes – 1960
- „Hula Hoop“ – 1960
- „Caravelle“, „Skilift“, „Melody Swing“ – 1961/62
- Zweites Standbein ab – 1960
- Entscheidende Veränderungen – 1963
- „Bayernkurve“ – 1965
- „Riesenräder“ – 1966
- Polyp Schwarzkopf – „Monster I u. II“
- Polyp Schwarzkopf – „Monster III“
- „Walzerfahrt“ – 1969
- „Zeppelin I und II“ – 1969/71
- „Apollo 14“ – 1970
- „Musikexpress“ – 1971
- „Enterprise“ – 1972
- „Cresta“ – „Alpenblitz“ – 1973
- „Santa Maria“ – 1970
- „Dschunke“ – 1981
- Galerie I
- Deutsche Stahl-Achterbahnen für die ganze Welt – 1964
- Produktionsreihe – „Jet Star“
- Entwicklung der Biegemaschine
- Neue Herausforderung
- Risikobereitschaft von Schaustellern
- Erste Insolvenz-Ankündigung – 1983
- Anton Schwarzkopf verließ die internationale Bühne
- Galerie II
ANTON SCHWARZKOPF Karosserie- und Fahrzeugbau von 1960-1983.
ANTON SCHWARZKOPF, wurde vor 100 Jahren geboren
Am 8. Juli 1924 vor 100 Jahren, wurde Anton Schwarzkopf jr., der später einer der ganz Großen im Fahrgeschäft- und Achterbahnbau war, als zweitältester Sohn von 12 Kindern der Eheleute Anton und Maria Schwarzkopf im schwäbischen Behlingen geboren.
Niemand hätte damals vermutet, dass Anton einmal als einer der größten Konstrukteure und Erbauer von internationalen Stahl-Achterbahnbauten in die Geschichte eingehen würde.
Der Vater, Anton Schwarzkopf sen., war gelernter Stellmacher. Er gründete 1925 in Münsterhausen einen kleinen Wagner- und Stellmacherbetrieb (1925-1960).
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg soll er erste Kontakte zu Schaustellern und Zirkusleuten gehabt haben, für die er damals einige Wagen und Spezialtransporte sowie Anhänger für PKWs baute.
Dann brach der Zweite Weltkrieg aus. Obwohl der Wagner- und Stellmacherbetrieb Schwarzkopf von 1941 bis 1943 Aufträge für die Wehrmacht ausführte, wurde Anton Schwarzkopf sen. zum Kriegsdienst eingezogen. Sein zweitältester Sohn Anton arbeitete schon im Betrieb des Vaters, hatte aber mit fünfzehn Jahren seine Wagner-Lehre noch nicht abgeschlossen. Da der Vater als Lehrmeister nicht mehr da war, brach Anton jr. die Lehre ab, arbeitete jedoch weiter in der Werkstatt. In den letzten Kriegsjahren wurde er eingezogen und geriet schon bald in russische Kriegsgefangenschaft.
Nach Ende des Krieges gelang Anton Schwarzkopf jr. die Flucht aus dem Gefangenenlager.
Wieder zu Hause beendete er seine Lehre und absolvierte anschließend seine Meisterprüfung im Karosseriebau. Sein Meisterstück war ein Bus auf dem Chassis eines VWs.
Im Betrieb des Vaters wurden inzwischen Wohn- und Transportwagen sowie die Eingangsfassade des Circus Krone gebaut. Daneben führte man Reparaturen und Umbauten an Schaustellergeschäften durch.
Nachdem Anton seine Frau Frida geheiratet hatte, lebte das Paar weiterhin in Münsterhausen.
Anton arbeitete nach wie vor im elterlichen Fahrzeugbau. 1955 wurde den Eheleuten Anton und Frida Schwarzkopf der Sohn Wieland geboren und 1960 die Tochter Silvia, auch Sissi genannt.
Erste Aufträge für Löffelhardt und Willenborg – 1954
1954 gab der Schausteller Gottlieb Löffelhardt den Umbau seiner doppelstöckigen Geisterbahn sowie die Firma Willenborg den Umbau eines Rundfahrgeschäftes in Auftrag. Aufgrund der erfolgreichen Ausführung dieser Arbeiten ermutigte Gottlieb Löffelhardt den jungen Anton Schwarzkopf, sich auch an eigene Konstruktionen von Schaustellergeschäften zu wagen. Löffelhardt begeisterte Anton von der Idee eines neuartigen Schienengeschäfts, einer Kombination von Achterbahn und Geisterbahn.
„Düsenspirale“ – 1957
Im gleichen Jahr begann die Planung der „Düsenspirale“. Eine gewaltige Bauaufgabe, der sich Anton Schwarzkopf gegenübersah. Die „Düsenspirale“ wurde Vorläufer der späteren Indoor-Achterbahnen wie z.B. die Bahn „Magic Mountain“. Die Bauphase umfasste drei Jahre.
Schwarzkopfs Bruder Franz, der mittlerweile auch in der Firma beschäftigt war, begleitete den ersten Aufbau der Anlage. Löffelhardt bot ihm daraufhin an, mit der Düsenspirale zu reisen. Nach wenigen Platzwechsel stand fest, dass das Geschäft für den mobilen Auf- und Abbau logistisch und technisch zu schwerfällig konstruiert worden war.
Gottlieb Löffelhardt verkaufte die „Düsenspirale“ 1960 an Anton Karl Kleiner aus Westberlin. Die in Westberlin ansässigen Schausteller waren auf wenige, über mehrere Wochen stattfindenden Volksfeste beschränkt, so dass die Anlage lange an einem Ort stehen bleiben konnte.
1961 baute Kleiner die „Düsenspirale“, anlässlich der 100-Jahr-Feier der Unabhängigkeit und Einheit Italiens, auf dem Vergnügungsgelände der Landesschau „Italia 61“ auf.
Nach nur einer weiteren Saison auf Volksfesten in Deutschland verkaufte Kleiner das Geschäft 1962 an den Österreicher Walter Steindl. Steindl setze die „Düsenspirale“ als stationäre Anlage in den Wiener Prater. 1968 wechselte sie erneut ihren Besitzer und wurde einige Jahre lang in einem Vergnügungspark in Krakau betrieben. Über den weiteren Verbleib ist nichts bekannt.
„Sputnik“ – 1958
Nach Fertigstellung der „Düsenspirale“ begann Anton Schwarzkopf mit dem Bau von anderen Fahrgeschäften. Angeregt durch den Abschuss des Erdsatelliten „Sputnik 1“ und seinen Eintritt in die Erdumlaufbahn, konstruierte er 1958 ein Karussell mit dem Namen „Sputnik“ für die Firma Loeb. Bereits die zweite Ausführung wurde „Weltraumflug“ genannt und nach Köln an die Firma Willi Kleiner geliefert. Schwarzkopf baute für Deutschland nur zwei Modelle dieser Baureihe.
Die Schaustellerfirma Loeb verkaufte Ende 1960 an den Schweizer Schausteller Buser. Beide Anlagen, auch die von Willi Kleiner aus Köln wurden schon Anfang der 1970er Jahre verschrottet.
Übernahme des elterlichen Betriebes – 1960
1960 übernahm Anton Schwarzkopf den Betrieb seines Vaters mit etwa 30 Mitarbeitern. Der Wunsch des Seniors, allen acht Söhnen die Firmenführung gemeinsam zu überlassen, war nicht zu realisieren, aber alle Brüder blieben weiterhin in der Firma beschäftigt.
Betriebsgelände von Schwarzkopf Foto 1969 © Fotosammlung Rosenzweig
„Hula Hoop“ – 1960
Heinrich Mack hatte 1958 das Karussell „Calypso“, ein sogenanntes Offenes-Fahrgeschäft, entwickelt und ein Patent darauf erhalten. Aufgrund eines zweijährigen Gebietsschutz an die Münchener Schaustellerfirma Bausch & Distel, war die Lieferung an andere deutsche Schausteller zunächst nicht möglich.
Löffelhardt war jedoch an dieser Neuheit im offenen Karussellbau sehr interessiert und beauftragte 1959 die Firma Kaspar Klaus mit der Weiterentwicklung und baulichen Veränderung des Karusselltypus, ohne die Patentrechte von Mack zu verletzen.
Der aus Amerika bekannte „Hula-Hoop-Reifen“ wurde namengebend für ein Karussell, dessen Drehscheibe sich im Gegensatz zum „Calypso“ über einen zweifach ausfahrenden Hydraulikstempel um etwa zwei Meter zu einer Schrägstellung hob. Eine bescheidene Dekoration in Form einer geschwungenen Rückwand mit aufgelegten kreisrunden Lampen und senkrecht stehenden Leuchtstelen schmückte den Prototyp.
Gottfried Löffelhardt überließ den Prototyp der Hamburger Schaustellerfirma Schippers & v. d. Ville und bestellte einen Folgebau. Um im Wettbewerb mit dem neuen Karussell von Mack bestehen zu können, übertrug Löffelhardt die Gestaltung aller Dekorationselemente des zweiten „Hula-Hoop“ Anton Schwarzkopf, in dessen erstem Jahr seiner Selbständigkeit. Die Bemalung übernahm Herbert Sommer.
„Caravelle“, „Skilift“, „Melody Swing“ – 1961/62
Ermutigt durch den Erfolg des Karussells „Hula-Hoop“ beim Publikum, baute Schwarzkopf nun selbst hintereinander zwei offene Rundfahrgeschäfte für die Firmen Theo Lehmann und Fritz Kinzler.
1961 die „Caravelle“ und 1962 einen „Skilift“, deren Bemalung ebenfalls von Herbert Sommer gearbeitet wurde. Ein Vorgängermodell unter dem Namen „Twister“ war zuvor in Holland entstanden. Theo Lehmann erwarb 1977 noch ein weiteres modifiziertes Karussell dieser Baureihe, den „Melody Swing“.
Zweites Standbein ab – 1960
Gleichzeitig zu diesen Aufgaben für das Schaustellergewerbe übernahm Anton Schwarzkopf Anfang der 1960er Jahre die Produktion von Betonmischern für die in Memmingen ansässige Firma Stetter. Die wöchentliche Abnahme von bis zu 50 Betonmischern sicherte bis 1971 den regelmäßigen und stabilen Umsatz der Firma Schwarzkopf.
Entscheidende Veränderungen – 1963
Die Hamburger Schaustellerfirma Josef Schippers & Otto van der Ville, wollten bei Schwarzkopf einen Autoskooter aus Stahl bestellen. Im Ingenieurbüro Brunner aus München machten Anton Schwarzkopf und die Auftraggeber die Bekanntschaft von Werner Stengel, einem jungen Studenten der technischen Hochschule in München, der bei Brunner einen Semesterferienjob ausübte.
Während der Planungsphase zur Statik für den Autoskooter hielt das Ingenieurbüro den Karosseriebauer Anton Schwarzkopf wochenlang mit den Plänen hin, denn dieser Sonderauftrag soll nicht das große Interesse von Brunner geweckt haben. Klaus Schützmansky schreibt in seinem Buch „Roller Coaster“, dass Werner Stengel, nachdem Anton Schwarzkopf wieder einmal vergeblich in München erschienen war, um sich nach dem Fortschritt der Statik zu erkundigen, seinen Chef gefragt habe, ob er die unfertigen Pläne mit nach Hause nehmen dürfe.
Bereits nach einer Woche habe Stengel die Berechnungen bis ins Detail exakt ausgeführt. Brunner sei begeistert gewesen und habe dem jungen angehenden Ingenieur die Aufgabe übertragen, das Projekt bis zur TÜV-Abnahme zu begleiten.
Während des Baus des Autoskooters lernten die Auftraggeber Josef Schippers & Otto van der Ville, Anton Schwarzkopf und Werner Stengel näher kennen. Josef Schippers & Otto van der Ville waren begeistert von der Präzision der Arbeiten und der Optimierung des Gewichts durch Materialeinsparung. Dies kam ihrem Wunsch entgegen, auch eine Achterbahn aus Stahl zu konstruieren. Zuvor hatten sie bereits Kontakt zu der italienischen Firma „Pinfari“ aufgenommen, die seit 1957 transportable Stahl-Achterbahnen baute, welche aber bisher vom deutschen TÜV nicht zugelassen worden waren.
Während gemeinsamer Besuche von Schippers & van der Ville und Schwarzkopf in Italien, fertigten sie verschiedene Handskizzen und Fotografien an. Damit besuchten sie in München den „Noch-Studenten“ und baten ihn die Bahn zu berechnen. Da Stengel noch nicht die nötigen Abschlüsse hatte, sollte der Auftrag über das Ingenieurbüro Brunner laufen.
So kam es, dass die Hamburger Schaustellerfirma Josef Schippers & Otto van der Ville der Firma Anton Schwarzkopf den Auftrag zum Bau der ersten Stahl-Achterbahn gab, die den Bedingungen des deutschen TÜV entsprach und abgenommen werden würde. (Schützmansky S. 16f)
Anton Schwarzkopf war derjenige, der als Konstrukteur und Hersteller unter Berücksichtigung der Wünsche und Vorstellungen der Kunden die Profile der Böcke und Schienen sowie alle Materialien bestimmte. Stengel berechnete und analysierte die horizontalen und vertikalen Kräfte, die während der Fahrt auftraten. Schiene und Tragkonstruktion wurden so ausgelegt, dass sie weder über- oder unterdimensioniert waren. Dadurch sparte man Material und Kosten ein.
Weitere statische Berechnungen der Fahrlinie (= Herzlinie im Fachjargon) bezogen sich auf den Fahrgast. Die Geschwindigkeit und der Kreis-Radius bestimmten die Neigung der Fahrgast-Chaisen. Dieser Einbezug der Kinematik und Kinetik des menschlichen Körpers während des Fahrablaufs wurden richtungsweisend für die zukünftigen Achterbahnen.
Eine weitere Neuerung ergab sich im Design der Sitzgelegenheiten.
Erinnerten die Fahrgast-Chaisen der Holzachterbahnen eher an Pferdekutschen, wollte Schwarzkopf etwas ganz Außergewöhnliches präsentieren. Er besorgte für die ersten drei Achterbahnen Opel Rekord B-Personenwagen, zerlegte und verkleinerte sie und setzte sie als schnittige Flitzer auf die Schienen. Diese kleinen Wagen wurden für die Statik noch einmal eine besondere Herausforderung. Später wechselte Schwarzkopf zu Modellen des Audi 60.
Von Beginn ihrer Zusammenarbeit an, hatten Werner Stengel und Anton Schwarzkopf das gemeinsame Ziel, Perfektion beim Erleben einer glatten und frei von Schlägen verlaufenden Achterbahnfahrt zu erreichen.
Am 18. September 1964 stellte die Firma Josef Schippers & Otto van der Ville die erste, in Deutschland konstruierte Stahl-Achterbahn, die „Super Acht“, auf dem Münchner Oktoberfest der Welt vor.
Die Bahn hatte bei einer Höhe von 13 Metern ein Grundmaß von 54 x 19 Metern, was zu einer Fahrstrecke von 426 Metern führte. Mit 54 Stundenkilometern rasten die kleinen Wagen die 45° steilen Abfahrten hinunter. Die Fahrgäste und auch die Betreiber waren begeistert.
Anton Schwarzkopf schrieb mit dieser Bahn das erste Kapitel in der weltweiten Stahl-Achterbahn-Entwicklungsgeschichte.
Vergnügungsparks in der ganzen Welt zeigten Interesse an der „Super Acht“, die bald „Wild Cat“ genannt wurde.
Schon im Dezember 1964 wurde eine Bahn in den Freizeitpark „Gröna Lund“ in Stockholm geliefert und der „Liseberg Park“ in Göteborg zog sofort nach. Die praxisgerechte Konstruktion und der schnelle Auf- und Aufbau überzeugten auch die Schausteller.
Die zweite transportable Stahlbahn in der Größe von 54 x 18 Meter wurde an Lulu Herhaus ausgeliefert, die bis dahin mit der Holz-Achterbahn von Friedrich Wilhelm Siebold aus dem Jahre 1910 gereist war. Nach dem Tod von Lulu Herhaus erwarb Aki (Joachim) Löwenthal von der Erbengemeinschaft die Bahn und stellte sie später in den Freizeitpark „Slagharen“ in den Niederlanden.
Schwarzkopf baute in den kommenden Jahren noch 23 gleiche Stahl-Achterbahnen in verschiedenen Grundmaßen, unter anderem in 45 x 16 Meter und 65 x 20 Meter.
Später entwickelte Schwarzkopf eine Anlage in der noch größeren Ausführung von 65 x 20 Meter mit einer Schienenlänge von ca. 600 Meter. Er lieferte sie an den Ostberliner VEB Kulturpark. Willi Vorlop kaufte die Anlage noch vor der Wende. Sie wurde später von seinem Sohn Lutz betrieben.
Noch einmal zurück zu den Anfängen in den 1960er Jahren. Damals bot Anton Schwarzkopf Werner Stengel eine Stelle in seinem Betrieb an, aber Stengel wollte zunächst sein Studium beenden. Außerdem wollte er, auf Anraten von Otto van der Ville, sich auch andere Möglichkeiten offenhalten.
Im März 1965 meldete Stengel in München sein eigenes Ingenieurbüro an. Um Stengels Mitarbeit nicht zu verlieren, schloss Anton Schwarzkopf mit ihm einen Exklusivvertrag ab, in dem Stengel sich verpflichtete, Pläne und Statiken ausschließlich für Schwarzkopfs „Fliegende Bauten“ zu erstellen. Der Vertrag mit einer festen jährlichen Vergütung konnte jeweils zum Schluss eines Jahres von beiden Seiten gekündigt werden.
Werner Stengel errechnete in den ersten 18 Monaten die Statiken von 24 Fahrgeschäften; darunter waren Achterbahnen, Rundfahrgeschäfte, Riesenräder und Autoskooter. Insgesamt sollen 12 Autoskooter von Schwarzkopf gebaut worden sein.
„Bayernkurve“ – 1965
1965 baute Schwarzkopf die „Bayernkurve“ für die Firma Distel aus München.
Zwischen 1965 und 1978 folgten mehr als 50 Anlagen für nationale und internationale Kunden. Kaum nachzuvollziehen ist, dass Ende der 1980er Jahre keine „Bayernkurve“ mehr auf deutschen Volksfestplätzen präsent war. Anders in Frankreich. Dort begeistert das Karussell, nach über fünfzig Jahren in einem erstklassigen Zustand, noch immer die Festplatzbesucher.
Damals beauftragte die Bremer Schaustellerfirma Klaus Renoldi Schwarzkopf, eine „Bayernkurve“ mit Überdachung zu konstruieren. Dem ersten Karussell dieser Bauform, „Höllen Taxi“, schlossen sich noch eine zweite und dritte Ausführung an, der „Schlittenexpress“ für die Firma Zimmer aus Koblenz, der 1970 nach Coney Island verkauft wurde sowie der „Tiger Hai“. Das Karussell „Höllen Taxi“ wurde 2006/7 komplett von der Firma Senk aus Herne umgebaut und der Dachstuhl entfernt.
„Riesenräder“ – 1966
1966 baute die Firma Anton Schwarzkopf ihre ersten beiden Riesenräder für die Freizeitparks „Gröna Lund“ in Stockholm und „Liseberg“ in Göteborg.
1968 folgte für die Firma Willenborg das weltweit erste 33 Meter hohe Riesenrad auf einem Wagen.
1969 lieferte Schwarzkopf für die Bundesgartenschau in Dortmund ein 40 Meter hohes Riesenrad an Franz Josef Koch. Diesem, damals höchsten transportablen Rad, schlossen sich große und kleine Riesenräder an, die jedoch alle sehr massiv und schwer waren.
Zehn Jahre später, 1979, baute Schwarzkopf sein letztes Riesenrad für die Schaustellerfamilie Willenborg in einer damals gigantischen Höhe von 50 Metern. Der Eingangsbereich wurde als Almhütte dekoriert. Das Rad ist noch heute auf dem Oktoberfest in München ein Publikums-Magnet.
Polyp Schwarzkopf – „Monster I u. II“
1962 hatte Kaspar Klaus für die Schaustellerfirma Gormann einen Bautypus entwickelt, der in der Konstruktion der „Spinne“ der Vorkriegsjahre ähnelte. Klaus hatte das Problem des gleichzeitigen Absenkens aller Auslegerarme/Greifarme zum Ein- und Aussteigen der Fahrgäste, welches von der „Spinne“ bekannt war, im Ansatz gelöst. Allerdings erlaubte die komplizierte Technik seines Polyps nur das Anhalten an der jeweils gleichen Position.
Vier Jahre später, 1966, stellte Schwarzkopf einen gleichen Karusselltyp seines Konkurrenten Kaspar Klaus unter dem Namen „Monster I“ vor. Schwarzkopf hatte eine Alternative gefunden, indem er jedem einzelnen der fünf Arme einen eigenen Exzenterantrieb einbaute. Dadurch konnte jeder Arm individuell auf und ab bewegt, aber auch gleichzeitig gesenkt werden. Schwarzkopfs „Monster I“ war jedoch viel zu schwer und für eine transportable Ausführung nicht geeignet. Schwarzkopf neigte schon immer dazu, lieber etwas stabiler, als zu schwach zu bauen.
Erst 1971 gelang Anton Schwarzkopf eine transportable Ausführung dieses Karussells für die deutschen Volksfestplätze. Er wählte den Namen „Monster II“. Den Prototyp erwarb die Firma Klaus Renoldi aus Bremen. Schwarzkopf baute fünf Anlagen des Projektes Monster II.
Polyp Schwarzkopf – „Monster III“
Im Jahr 1979 schloss Schwarzkopf die Entwicklungsphase dieser Baureihe mit dem „Monster III“ ab. Zu den Erstbesitzern eines „Monster III“ gehörten die Firmen Aigner aus München, Wolf aus Nürnberg, Günter Uhse aus Bremen, Fritz Kinzler aus Stuttgart, Oskar Bruch aus Düsseldorf und Peter Rosenzweig aus Köln. Das „Big Monster“ von Rosenzweig wurde 1997 an Familie Raoul Krameyer aus Herford verkauft und ist noch immer in einem bestgepflegten und technisch einwandfreiem Zustand auf den Volksfestplätzen präsent.
1984 folgte u.a. die Firma Barth & Markmann mit ihrem „Octopussy“. Das Geschäft, seit 1998 im alleinigen Besitz von Hubert Markmann, ist ebenfalls noch in einem ausgezeichneten Zustand auf der Reise.
„Walzerfahrt“ – 1969
1968 bestellte Otto van der Ville das Karussell „Walzerfahrt“ und nannte es „Rendezvous“. Zum Hamburger Dom 1969 wurde es ausgeliefert und fand beim Publikum großen Anklang. Ab 1971 wurde das Karussell von Gerd Hermesmeyer betrieben; später erwarb es William Fischer aus Duisburg.
„Zeppelin I und II“ – 1969/71
Nach der Wende zum 20. Jahrhundert revolutionierte die Entwicklung des Zeppelins, besonders bekannt wurde das Luftschiff Hindenburg, die gesamte Passagierluftfahrt. Als die ersten Luftschiffe längst dem technischen Fortschritt hatten weichen müssen, konstruierte Hugo Haase im Jahre 1930 ein Zeppelin-Luftschiff-Karussell.
Mehr als drei Jahrzehnte später, im Jahre 1966, beschlossen Käthe und Theo Rosenzweig, ein modernes Zeppelin-Karussell bei der Firma Anton Schwarzkopf in Auftrag zu geben Die Fahrgastgondeln sollten in Form von Luftschiffen gestaltet werden. Die Mittelkonstruktion sollte dagegen schlank in den Himmel aufsteigen.
Drei Spezialfahrzeuge von 112 Tonnen bildeten das Fundament des Hochgeschäftes „Zeppelin I“, aus dem sich ein 27,5 Meter hoher, stählerner Pfeiler erhob.
Sechs Luftschiffe mit Fahrgastkabinen für je zwölf Personen waren ringförmig um den Pfeiler miteinander verbunden. Sie rotierten aufsteigend bis zu einer Höhe von 17 Metern.
Die Konstruktion wurde von einer flachen, kreisrunden Bodenplatte mit kurzem Stützenkranz umfasst. Die Zwischenräume der Stützen waren mit Geländern geschlossen. Ein Kassenhaus mit Zugangswegen zur Einstiegsebene war der Anlage vorgelagert.
Das von Anton Schwarzkopf gebaute Hochgeschäft war ausgesprochen schwer und robust. Beim Aufbau wurde der Turm liegend am Boden montiert und anschließend mit Hilfe von Hydraulik-Zylindern in die Senkrechte gebracht.
Nach zwei Saisons auf den verschiedenen Volksfesten wurde der „Zeppelin I“ 1971 im Vergnügungspark „Tivoli in Köln aufgestellt. 1974 wurde er in die Niederlande in den Freizeitpark „Slagharen“ der Familie Bembom verkauft und dort erst 1994 wieder abgebaut.
Bereits 1970/71 hatte sich die Familie Rosenzweig für eine Weiterentwicklung des „Zeppelins“ in einer leichteren Bauweise entschieden.
Das Gesamtgewicht lag etwa 20 Tonnen niedriger. Anstelle von sechs Zeppelinen gab es nur noch fünf. Die darunter angebrachten Fahrgastgondeln wurden um ein Erhebliches verschlankt. Sie wurden zum Transport auf Fahrgestelle gestellt und mussten somit nicht demontiert werden.
Der Stahlpfeiler im Zentrum des „Zeppelins II“ ragte 33 Meter auf. Die Fahrt der fünf Flugobjekte erreichte eine Höhe von 20 Metern.
Aber auch bei der zweiten Version wurde der Turm liegend am Boden montiert und anschließend mit Kettenantrieb in die Senkrechte hochgezogen. Erst der Firma Huss gelang beim „Ikarus“ eine neue Technik.
Anfang der 1980er Jahre gelangte auch der „Zeppelin II“ in den Besitz des Holländers Bembom und wurde in dessen Freizeitpark „Kirchhorst“ bei Hannover stationiert. 1986 wurde er in den holländischen Freizeitpark „Slagharen“ versetzt. 1987 wechselte er noch einmal seinen Standort in das „Dreamland Margate“ an der englischen Küste. Nach drei Jahren an diesem Ort wurde er wieder abgebaut. Über den weiteren Verbleib ist nichts bekannt.
„Apollo 14“ – 1970
Die Firma Beuermann aus Berlin übernahm gleich beide Ausführungen der von Anton Schwarzkopf entwickelten Konstruktion einer Weltkugel, um die ein Gondelkranz kreiste. Eine Anage stellte Beuermann in den Freizeitpark „Tivoli“ in Köln. Mit der zweiten reiste er und bekam auch Platz auf dem Münchner Oktoberfest. Später wurden beide Geschäfte im Freizeitpark „Slagharen“ nebeneinander aufgebaut, nachdem sie zu einem riesigen Kettenflieger umgerüstet worden waren.
Firmeninterne Veränderung – 1970
1970 wechselten Antons Brüder Franz und Hermann als technische Berater zur Firma „Karussell- und Wohnwagenbau Josef Zierer“. Zur gleichen Zeit hatte die Firma Schwarzkopf bereits etwa 200 bis 250 Mitarbeiter beschäftigt.
Inzwischen war auf dem Betriebsgelände die größte freitragende, stützenfreie Traglufthalle errichtet worden. Die Maße betrugen 121 x 35 Meter mit einer Höhe von 24 Meter. So mussten auch in den kalten Jahreszeiten die Arbeiten nicht unterbrochen werden.
„Musikexpress“ – 1971
1971 baute Schwarzkopf einen einzigen „Musikexpress“ der als Erfolgskarussell, der Firma Mack, zugeschrieben wird.
„Enterprise“ – 1972
Im Jahr 1972 entwickelte Schwarzkopf ein Looping-Überkopfkarussell. Zunächst ließ sich kein Bauherr finden, der das finanzielle Risiko einer Neukonstruktion eingehen wollte.
Die Firma Hilde Tolisch aus Bremen erteilte endlich den Auftrag. Man einigte sich auf den Namen „Enterprise“, bezugnehmend auf die erfolgreiche Fernsehserie. Premiere war auf dem Bad Kreuznacher Jahrmarkt im Jahr 1973.
Tolisch hatte jedoch für seinen „Enterprise“ eine Exklusivität für ein Jahr ausgehandelt. 1974 erhielt die Firma Beuermann nach langem Warten einen baugleichen „Enterprise“. Es blieb bei zwei Exemplaren in dieser Exklusivausführung.
Schwarzkopfs Enterprise war der Einzige mit einem Schrägpodium, sowie einem senkrecht, auf 90 Grad, hochfahrende Rad. Die Fahrgastgondeln hatten die Form kleiner futuristischer Raumschiffe mit Faltdachtüren.
1975 brachte die Firma Huss einen technisch und optisch ausgereiften, jedoch vereinfachten Nachbau des Looping-Karussells „Enterprise“ mit vier Fahrgondeln mehr, auf den Markt.
„Cresta“ – „Alpenblitz“ – 1973
Im Jahre 1969 hatte die Firma Heinrich Mack für die Firma Tiemann aus Bremen ein neues Schienengeschäft, den „Tokaido-Express“ gebaut.
Vier Jahre später, 1973, lieferte Anton Schwarzkopf an die Firma Rudolf Robrahn den „Cresta“. Eine ähnliche Anlage wie das Mack Geschäft, allerdings bedeutend schwerer, kompakter, eben typisch für alle Schwarzkopf-Geschäfte.
Die Dekoration war von dem Maler Herbert Sommer minimalistischer gestaltet, als die von Heinz Opitz bei Mack. Außerdem saßen die Fahrgäste in den Gondeln hintereinander und der Zug fuhr nach links im Uhrzeigerlauf.
Das Geschäft war sehr störanfällig und so bestellte Robrahn nach der ersten Saison einen modifizierten Folgebau. Die konstruktiven und technischen Veränderungen nahmen das ganze Jahr in Anspruch. Schwarzkopf überholte den „Cresta“ und verkaufte ihn nach Holland an die Firma Emmo van der Veen.
Am 8. November 1975 bekam Robrahn seinen ersten „Alpenblitz“ zum Hamburger DOM.
Im darauffolgenden Jahr, zu Karneval in Köln 1976, übernahm Josef Schoeneseifen den zweiten, und zum Staufenplatz in Düsseldorf wurde der „Alpenblitz“ Nr. 3 an Oscar Bruch geliefert. Aber auch an diesen Anlagen waren die technischen Störungen noch nicht behoben. Deshalb trennte sich die Firma Robrahn schon nach einer Saison wieder von dem Geschäft und verkaufte es nach Argentinien.
Oscar Bruch fand drei Jahre später einen Käufer und stieg gemeinsam mit Fritz Kinzler mit dem „Looping Star“ in die Achterbahnszene ein.
Nur Josef Schoeneseifen, fand keinen Käufer und vertraute darauf, dass die technischen Störungen behoben werden würden. Erst nach sechs Jahren fand sich ein Interessent. Erstaunlicherweise ist dieser „Alpenblitz“ noch immer im „Queensland Park Chennai“ in Indien in Betrieb. Dort konnten die technischen Probleme behoben werden, indem eine Frequenzregelung eingebaut wurde, die die Geschwindigkeit während der Fahrt reguliert und dadurch die Laufrollen nicht mehr so stark belastet. Außerdem wurde das Gewicht durch eine Verkürzung des Zuges gemindert.
„Santa Maria“ – 1970
Anton Schwarzkopf konstruierte 1977/78, zeitgleich mit der Herstellerfirma Huss, eine Riesen-Schaukel. Schwarzkopf verzichtete auf den Schaukelbock und entwickelte stattdessen auf einer Unterbaukonstruktion eine halbkreisförmige Zwillingsschiene. Darauf wurde die riesige Fahrgastgondel in Form eines Piratenschiffes, gesetzt, die nach rechts und links bewegt wurde. Das Geschäft hatte ein Gesamtgewicht von 85 t und eine Schienenlänge von 48 Metern, sodass die Fahrgastgondel eine Schwinghöhe von etwa 20 Metern erreichte.
Der Prototyp, die „Santa Maria 1“, wurde im August 1978 an den Schausteller Julius Ahrend geliefert. Insgesamt wurden drei dieser Anlagen innerhalb Deutschlands betrieben, zwei von den Firmen Aki Löwenthal und Aki Löwenthal & Heiner Roie. Eine Vielzahl wurde weltweit verkauft.
„Dschunke“ – 1981
1981 konstruierte Anton Schwarzkopf die „Dschunke“, ein doppelter “Fliegender Teppich“ des Herstellers Zierer, jedoch mit zwei Schiffen als Fahrgastgondeln. Eine der Anlagen wurde an die Firma Heinrich aus München geliefert, die etwa 10 Jahre damit reiste.
Eine weitere „Dschunke“ erwarben die Brüder Rudolf und Günter Barth und ihr Cousin Josef Barth aus Andernach in einer Gemeinschaftsaktion.
Die Fahrgeschwindigkeit des Familiengeschäfts war sehr gemäßigt und eher harmonisch. Auch das Beladen der beiden Schiffe nahm viel Zeit in Anspruch. Deshalb beschloss die Firma Barth bereits in der ersten Winterpause die Anlage umzubauen, ein Schiff zu entfernen, die Fahrweise zu beschleunigen und diese eher dem damals erfolgreichen „Fliegenden Teppich“ anzupassen.
Obwohl die „Dschunke“ ein optisch durchaus ansprechend gestaltetes Geschäft war, blieb der wirtschaftliche Erfolg, auch nach dem Umbau, aufgrund immer wieder auftretender maschinenbautechnischer Probleme, aus. 1993 wurde die Anlage eingestellt und die Dekoration verschrottet. Der Rest wurde von der Firma Wieland Schwarzkopf aufgekauft, umgebaut und als „Sturmvogel“ im „Hansa-Park“ im Ostseebad Sierksdorf aufgestellt. Dort lief sie problemlos bis etwa 2010.
Galerie I
Deutsche Stahl-Achterbahnen für die ganze Welt – 1964
Achterbahnen waren Schwarzkopfs Leben. Ohne Zweifel gelang dem Autodidakten Anton Schwarzkopf die Konstruktion vieler Schaustellergeschäfte, darunter auch Wildwasserbahnen, aber seine Hauptaufgabe sah er im Bau von Achterbahnen.
Seit 1964 perfektionierten Anton Schwarzkopf und sein Diplom-Ingenieur Werner Stengel eine glatte und frei von Schlägen verlaufende Achterbahnfahrt.
Schwarzkopf war einerseits sehr risikofreudig, aber andererseits bekannt dafür, dass er mit scharfem Verstand seine Werke auf Biegen und Brechen bis zur Produktionsreife führte. Nicht selten wollte er mit dem Kopf durch die Wand.
Im Betrieb führte er ein strenges Regiment, war der größte Arbeitgeber der Region und dafür geschätzt, dass er auch ungelernte Hilfskräfte einstellte. Für ihn zählte vorrangig die Leistung seiner Mitarbeiter.
Eine Auflistung der vielen Achterbahnen, die in die ganze Welt geliefert wurden, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Deshalb wird nur auf einige Meilensteine und Rekorde im Achterbahnbau hingewiesen. Einige dieser Achterbahnen sind im Kulturgut Volksfest Archiv bereits ausführlich beschrieben.
Produktionsreihe – „Jet Star“
Schon während der seriellen Produktion des „Wild Cat“ kam Anton Schwarzkopf die Idee eines neuen Achterbahntyps, eine Art Bobbahn im Eiskanal. Schwarzkopf wollte die Fahrgastsitze als schmale Bobschlitten für je zwei hintereinander sitzende Personen konstruieren. Außerdem sollten alle Täler und Kurven im gleichen rasanten Tempo durchfahren werden. Dafür wurden hochkomplizierte Berechnungen ausgeführt, die zu einem weltweit einmaligen Ergebnis im Achterbahnbau führten.
Den ersten „Jet Star“ übernahm der österreichische Schausteller Steindl. Die Premiere als „Cortina Bobbahn“ fand 1967 im Wiener Prater statt. Das Grundmaß der 66 t schweren Anlage betrug 44 x 22 Meter Frontlänge mit einer Fahrstrecke von 538 Metern. Mit 55 Stundenkilometern rasten die Bobs durch die 68° steilen Kurven und brachen alle bisher dagewesenen Rekorde. Schwarzkopf baute 15 Anlagen des „Jet Star 1“.
1970 stieg die Stuttgarter Schaustellerfamilie Fritz Kinzler mit dem „Jet Star 1“, den sie „Super Bob“ nannten in die Achterbahnszene ein. Vor der Mannheimer Herbstmesse 1972 erwarb Fritz Kinzler den aktuellen Bautyp der Jet-Star-Reihe, den „Jumbo-Jet“. Er verkaufte den „Jet Star 1“ an die Familie Häsler. Häsler betrieb ihn bis 1981.
1982 übernahm der Schausteller Hans-Josef Schoeneseifen aus Köln die Achterbahn. Nach mehreren fast völlig verregneten Saisons ging der „Jet Star“ im Juni 1985, nach dem Deutsch – Amerikanischen Volksfest in Bitburg an die Firma Schwarzkopf zurück. Noch im gleichen Jahr verkaufte Schwarzkopf diesen „Jet Star“ nach Holland in den Freizeitpark „Avonturenpark Hellendoorn“. Dort wurde er bis 1990 in einer Halle als „Black Hole“ betrieben. Dann wechselte der „Jet Star“ in den Berliner Spreepark und wurde da bis 2001 als „Bobbahn“ betrieben. Dann stand dem „Jet Star“ ein großer Transport nach Peru in den „Aventura Park“. 2008 folgte die zunächst letzte Station des „Jet Stars“ in einen anderen Park in Peru, den „Aventura Park Callao“, dort wurde die Achterbahn bis 2011 betrieben. Danach verliert sich die Spur.
Bereits im Herbst 1970 hatten die Eltern von Hans-Josef Schoeneseifen aus Köln einen „Jet Star“ als „Euro Jet“ von Schwarzkopf erworben. Premiere wurde auf dem Simon-Juda-Markt in Euskirchen gefeiert. Im Herbst 1975 bestellte Familie Josef Schoeneseifen bei Schwarzkopf den „Alpenblitz“ und gab die Achterbahn nach der Allerheiligen Kirmes in Soest in Zahlung.
Schwarzkopf verkaufte den „Jet Star“ in die USA (Coney Island). Nach einem Jahr ging der „Jet Star“ wieder zurück an Schwarzkopf, der ihn 1977 an die Firma Knoebels verkaufte, die ihn bis 1992 betrieben haben soll. 1992 wechselte er nach New Jersey in die „Money‘s Pieres & Beachfront Water Parks“. Ab 2000 soll er im Luna Park des „Club Med Palmyre Atlantique“ in Frankreich im Einsatz sein.
Anton Schwarzkopf gab sich mit dem bisher Erreichten nicht zufrieden.
Schon bald kreisten seine Gedanken um weitere Entwicklungsstufen dieser Baureihe. Er wollte die einzelnen Bobs, statt sie wie üblich mit Hilfe eines Kettenlifts auf den Turm zu ziehen, mit einem Elektromotor ausstatten.
1970 war es soweit. Die Bobs des „Jet Star 2“ gelangten durch eigenen Antrieb über die spiralförmig angelegte Auffahrt zur höchsten Stelle und rasten dann, ohne weitere Stromzufuhr, mit 63 Stundenkilometern ungebremst in die Kurven. Den Prototyp dieser Baureihe erwarb der Schausteller Walter Rick aus Hannover.
1971 folgte der größere und höhere „Jet Star 3“, auch „Jumbo-Jet“ genannt. In den Streckenverlauf war eine zusätzliche Abfahrt eingebaut worden. Zum ersten Mal konnten bei einer Schwarzkopf-Achterbahn zwei Wagen zum Zugverband aneinandergekoppelt werden. Ursprünglich war der „Jumbo-Jet“ als stationäre Anlage für die USA geplant worden. In der Fachzeitschrift „Der Komet“ vom 30.09.1971 wird jedoch bekannt gegeben, dass der Schausteller Hilmar Gropengießer auf dem Münchner Oktoberfest 1971, die Weltpremiere des „Jumbo-Jets“ feierte. Von dort ging die Bahn in die USA nach New York und San Francisco.
Zur Düsseldorfer Rheinwiese 1972 bekam Hilmar Gropengießer einen neuen „Jumbo-Jet“.
Etwa gleichzeitig mit Gropengießer präsentierte die Firma Rick & Löffelhardt zum Hamburger Dom im Sommer 1972 ihren „Jumbo-Jet“.
Auf der Cranger Kirmes 1972 hatte der „Jumbo-Jet“ von der Firma Schäfer Premiere.
Im Herbst 1972 berichtete „Der Komet“ über die Premiere des „Jumbo-Jets“ von Fritz Kinzler anlässlich der Mannheimer Herbstmesse. 1973 präsentierte auch die Firma Schippers & van der Ville auf dem Frühjahrs-Dom in Hamburg einen „Jumbo-Jet“.
1988 hat auch die Firma Pötzsch aus München zum Oktoberfest einen „Jumbo-Jet“ gebaut.
Ohne Zweifel baute Anton Schwarzkopf bereits 1972 den „City-Jet“.
Er wurde wegen seiner Schienenlänge um die 400 Meter auch „Jet Star 400“ genannt. Diese Anlage war von ihren Dimensionen her deutlich kleiner als der „Jet Star 2“. Allerdings ermöglichten die massiven Stützpfeiler das Befahren der Strecke mit aneinander gekoppelten Fahrgast-Chaisen. Genau wie beim „Jumbo-Jet“ konnte die Kapazität dadurch deutlich gesteigert werden. Schwarzkopf lieferte fünf baugleiche Anlagen vom „City-Jet“, u.a. an die Firmen Müller-Brühne, Birkeneder, Hartmann und den Schweizer Schausteller Hablützel.
Entwicklung der Biegemaschine
Anton Schwarzkopf und Werner Stengel fanden mit ihren komplizierten und komplexen physikalisch-mathematischen Berechnungen immer wieder bahnbrechende Lösungen zur Steigerung der Dynamik von Stahl-Achterbahnen.
In den ersten Jahren ihrer Zusammenarbeit entwickelte Anton Schwarzkopf zudem eine Biegemaschine, die es ermöglichte, Stahlrohre nicht nur wie bisher in warmem, sondern auch in kaltem Zustand zu biegen. Dafür wurden spezielle nahtlose Röhren für die Fahrschienen von der Firma Mannesmann genutzt.
Auch andere nationale und internationale Firmen hatten den „Achterbahn-Boom“ entdeckt und brachten interessante Projekte mit neuen Schienenführungen auf den Weltmarkt.
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Franz-Josef Koch hatte z.B. die Idee einer Achterbahn, bei der die Fahrgastgondeln frei pendelnd hängend unter der Schiene geführt wurden. Koch gab gemeinsam mit dem Schausteller Max Zierer den Auftrag zum Bau der Anlage der „Donauwörther Rüstungsfirma Messerschmitt-Bölkow-Blohm“.
Premiere war auf dem Münchner Oktoberfest 1975
Zum Ende der Veranstaltung wurde bekannt, dass der TÜV, die Betriebserlaubnis nicht verlängern würde. Die festgestellten Mängel wurden aus Kostengründen nicht behoben und nach nur einer Veranstaltung, wurde der „Alpenflug“ verschrottet und damit zu einem Millionen-Verlustgeschäft.
Neue Herausforderung
Das Desaster des „Alpenflugs“, der von der Donauwörther Rüstungsfirma Messerschmitt-Bölkow-Blohm entwickelt worden war, hielt Schwarzkopf nicht davon ab, die Achterbahnszene auf den Kopf zu stellen.
Bereits 1846 hatte der Franzose Claviéres die Pariser Bürger mit seiner Looping-Achterbahn begeistert. Auch in den USA wurden um 1900 solche Bahnen gebaut. Alle waren damals allerdings wegen gesundheitlicher Beschwerden der Fahrgäste bald wieder geschlossen worden.
Für Schwarzkopf und Stengel begann ein weiter Weg mit unzähligen durchgearbeiteten Nächten, um die altbekannten technischen und physikalischen Hürden zu bewältigen. Bisher hatten sie nur ein Überkopfkarussell, den „Enterprise“ gebaut.
Schon Mitte des Jahres 1974 hatten die Betreiber des kalifornischen Parks „Six Flags Magic Mountain“ bei Schwarzkopf angefragt, ob es nicht doch möglich sei, eine Anlage mit einem Looping zu bauen. Bis dahin war es, aufgrund der einwirkenden physikalischen Kräfte, nicht ohne Probleme für die Fahrgäste zu realisieren gewesen.
Schwarzkopf und Stengel fanden die Lösung für das Problem des Kreisloopings bei Achterbahnen, inspiriert durch ein Geometrieelement im Straßenbau, die Klothoide, die 1938 von dem Autobahningenieur Hans Lorenz bei der Planung der Reichsautobahn Wien–Brünn–Breslau eingesetzt wurde. Anstelle einer reinen Kreisform baute Schwarzkopf eine Klothoide, eine langgezogene Kurve in den Kreis. Dies ermöglichte sanftere Übergänge bei Ein- und Ausfahrt aus dem Looping, machte den Looping bei Achterbahnen zu einem besonderen Erlebnis und das körperliche Wohlbefinden der Fahrgäste wurde gewährleistet.
Schon 1970 hatte Stengel das Prinzip Fahrlinie (= Herzlinie im Fachjargon) entwickelt. Es war der gedachte Weg, den das Herz eines Fahrgastes während der Fahrt auf der Achterbahn zurücklegt. Aber erst 1976 konnte Stengel Anton Schwarzkopf vom Prinzip der Herzlinie überzeugen und dass dadurch gesundheitliche Belastungen verhindert werden würden.
Das Prinzip der Herzlinie führte zu einer weiteren Revolution im Achterbahnbau. Es machte den Weg frei für die Umsetzung der Superlative, die mit einem einzelnen Looping begann und schließlich zum „Olympia-Looping“ führte.
Am 17. Juni 1976 wurde der erste vertikale Looping der „Looping Speed Racer“ an den kalifornischen Park „Six Flags Magic Mountain“ übergeben. Die Menschen waren nicht zu halten und schon bald wurde die Achterbahn zum Thema eines Hollywood-Films.
1977 folgte der „Shuttle Loop“, auch „American Loop“ genannt. 10 dieser Anlagen wurden in alle Welt verkauft.
1978 war das Jahr, in dem der erste transportable „Looping Star“ von Oscar Bruch und Fritz Kinzler auf der Cranger Kirmes Premiere feierte.
Das Reisen mit dieser Anlage war nur möglich geworden, weil Anton Schwarzkopf das geniale Konus-Steck-System entwickelt hatte. Die zeitaufwändigen Verschraubungen fielen fast alle weg und die Anzahl der Böcke verringerte sich im Vergleich zu älteren Anlagen erheblich. Dadurch wurden Material, Zeit und Geld beim Auf- und Abbau eingespart.
1978 schloss sich das „Katapult“ an. Fünf Anlagen wurden der Reihe nach an die Firmen Altrogge/Heitmann, Norbert Witte, Edgar Arnoux, Madame Hoffmann aus Paris und die Firma Merkl/Goetzke geliefert.
Das „Katapult“ war eine Loopingbahn auf kleinster Grundfläche. Dabei wurde die eine Seite der Streckenacht um 90 Grad aufgerichtet. Bis dahin war es die erste Anlage, bei der die Fahrgäste in einem neungliedrigen Zug platziert und außer den regulären Sicherheitsbügeln mit Schulterbügeln gesichert wurden.
1979/80 hieß die neue Achterbahn „Silberpfeil“. Drei Anlagen wurden gebaut. Eine bekam Werner Robrahn. Die Besonderheiten an dieser etwas niedrigeren Bahn waren, dass der Looping mit einem Durchmesser von 12 Meter nicht zur Front ausgerichtet, sondern schräg in das Schienensystem eingefügt war und dass mit und ohne Looping gebaut werden konnte.
Der zweite „Silberpfeil“ unter dem Namen „Skorpion“ eröffnete 1981 in den „Bush Gardens“ in Tampa, USA. Die dritte Anlage wechselte mehrfach ihren Standort in europäischen Vergnügungsparks.
1982 übernahm Fritz Kinzler den „Jumbo V“, die letzte Achterbahn der Baureihe „Jet Star“. Nach nur einer Saison wurde die Anlage nach England in den „Rotunda“ Park in Folkstone verkauft. Später wechselte sie in den „Pleasurewood Hills“ ein Familienpark in Großbritannien.
Risikobereitschaft von Schaustellern
Mit Mut zum Risiko und Vertrauen unterstützten die Schausteller, Fritz Kinzler aus Stuttgart, Oscar Bruch aus Andernach/Düsseldorf und Rudolf Barth aus Bonn/München, den Ehrgeiz von Anton Schwarzkopf die Entwicklung von transportablen Stahlgiganten voranzutreiben. Ohne deren Konkurrenzkampf um den größten, schnellsten und höchsten Stahlkoloss hätte der Achterbahnbau nicht so anspruchsvoll weiter betrieben werden können.
Fritz Kinzler, 1935 in Stuttgart geboren, war im Laufe seines Schaustellerlebens mit 43 Geschäften gereist. Neben vielen Fahrgeschäften übernahm er 1972/73 den Prototyp des Jet Star 3 den „Jumbo-Jet“ und stieg damit in die Achterbahnszene ein.
Nur wenige Jahre später, 1978, erwarb er zusammen mit Oscar Bruch den ersten „Looping Star.“ Letztendlich reizte ihn 1982 der „Jumbo V“, die letzte Achterbahn der Baureihe „Jet Star“. Später folgten noch zwei „Wilde Mäuse“, die Fritz Kinzler zu einer Doppelanlage nebeneinander aufbaute.
Oskar Bruch erwarb, wie schon erwähnt, 1978 in Kooperation mit Fritz Kinzler den bereits genannten „Looping Star“ mit dem ersten Vertikal-Looping und 1981 den „Colossus“ in Gemeinschaft mit Werner Robrahn. Der „Colossus“ wurde nur einmal gebaut. Später gelangte die Bahn unter dem Namen „Colossal Fire Dragon“ in den „Lagoon Park“ in Farmington, USA.
Im Juli 1983 nahm Oskar Bruch auf dem Großen Düsseldorfer Schützenfest die „Himalaya-Bahn“ in Betrieb. Das Gewicht der Anlage betrug 600 Tonnen und bei einer Grundfläche von 86 m × 32 m und einer Höhe von 32 Metern erreichten die Züge auf 910 Metern Fahrstrecke eine maximale Geschwindigkeit von 80 km/h. Zum ersten Mal konnten bei einer transportablen Anlage nach Bedarf bis zu fünf Züge gleichzeitig eingesetzt werden. Im Jahr 1987 änderte die Familie Bruch den Namen „Himalaya-Bahn“ in „Achterbahn“.
Zehn Jahre später, im Winter 1997, wurde die Einstiegsebene, im Fachjargon „Bahnhof“ von „AFAW – Atelier für angewandte Werbung“ in Bremen umgestaltet. Thematisiert wurde eine Alpenlandschaft, die zur Namengebung „Alpina Bahn“ führte. Im Juni 2020 erhielt die Bahn neue Züge von der Firma „Gerstlauer Amusement Rides“.
Am 17. Mai 1986 eröffnete der Vierer-Looping “Thriller“ auf der Freiburger Mess’. Die Grundfläche betrug 78 m × 38 m. Bei einer Schienenlänge von 996 Metern und einer Höhe von 33,53 Metern erreichten die Züge eine Höchstgeschwindigkeit von 85,3 km/h.
1988 standen die beiden Achterbahnen ein einziges Mal direkt nebeneinander gebaut auf der Düsseldorfer Rheinwiese.
Nach dem Hamburger Dom 1997 wurde die Bahn an die US-amerikanische Freizeitparkkette „Six Flags“ verkauft.
1995 folgte der „Euro-Star“, des Herstellers Intamin, der als Auslandsrepräsentant von Anton Schwarzkopf zu seinem engeren Kreis gehörte. Der „Euro-Star“ gehörte mit 1200 t Gewicht, 843,8 Metern Fahrstrecke, 126 Schienenelementen und 30,15 Metern Höhe zu den Superlativen im weltweiten transportablen Achterbahnbau.
Bis 2008 betrieb die Familie Oscar Bruch den „Euro-Star“. Daneben erwarb sie noch andere Bahnen wie den „Cyberspace“, die „Spinning Mouse“ und den „Spinning Racer“.
Rudolf Barth hatte sich ebenfalls nie gescheut Risiken einzugehen. Er wollte das technische Wunderwerk der neuen Stahl-Achterbahn der Firma Bruch & Kinzler, mit dem ersten Looping toppen.
Bereits zum Pützchens Markt 1979 fand die Premiere des „Doppel-Loopings“ statt. Ganz Bonn stand Kopf und das gleich zweimal. 1980 präsentierte Rudolf Barth den „Doppel-Looping“ auf dem weltbekannten Münchner Oktoberfest. Der Erfolg beim Publikum war unbeschreiblich. Bei einer Schienenlänge von 632 Metern und einer Höhe von 25,89 Metern erreichten die Züge eine Höchstgeschwindigkeit von 79 km/h.
1984 folgte die Weltpremiere des „Dreier-Loopings“ auf dem Schützenfest in Hannover. Auch der „Dreier-Looping“ wurde in Barths Heimatstadt Bonn wieder mit Begeisterung angenommen. Nun betrug die Schienenlänge 990 Meter, die Höhe 32,53 Meter und die Höchstgeschwindigkeit der Züge 85,9 km/h. Der „Doppel-Looping“ wurde 1983 in die USA an Conklin Shows verkauft. Nach 2008 soll die Anlage nach Pakistan übereignet worden sein, der Verbleib ist jedoch unklar.
Als Antwort auf den „Vierer-Looping“ „Thriller“ von Oscar Bruch präsentierte Rudolf Barth 1989 den Fünfer-Looping „Olympia Looping“. Ein gigantisches, technisch und ästhetisch filigranes Wunderwerk, dessen Standort in wenigen Tagen gewechselt werden kann. Bis zur Gegenwart ist dieser Stahlkoloss die größte transportable Achterbahn der Welt.
Erste Insolvenz-Ankündigung – 1983
Noch einmal zurück in das Jahr 1983. Wegen der großen Erfolge hatte niemand damit gerechnet, dass Anton Schwarzkopf in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte. Am 6.11.1983 schlug die Nachricht wie eine Bombe ein, dass die Firma Schwarzkopf, trotz 14 Millionen DM Auftragsbestand, in Insolvenz gehen würde. Gerade hatte Rudolf Barth bei Anton Schwarzkopf den Vertrag für den Dreier-Looping unterzeichnet, die Planung lief auf Hochtouren.
Wieland Schwarzkopf, Sohn von Anton Schwarzkopf, erklärte, dass der wesentliche Grund für die Insolvenz ein Liquiditätsengpass war.
Ein Großauftrag über einige Achterbahnen für Venezuela seien storniert worden.
Zeitgleich verweigerte Schwarzkopfs Hausbank eine Anzahlungsbürgschaft, die die Anzahlung auf Schwarzkopfs Konto in Deutschland sicherte, sie war zweckgebunden für einen Multimillionen-Auftrag für das „Sun City Spielparadies“ in Südafrika. Schwarzkopf wollte jedoch gleichzeitig eine Monrail mit einer Länge von 2 km, baugleich zur Anlage im „Phantasialand Brühl“, bauen.
Vier Wochen später wurde öffentlich, dass die Hausbank durch Immobiliengeschäfte selbst in Schwierigkeiten geraten war, was sich auf Anton Schwarzkopf auswirkte, obwohl das Auftragsbuch über ein Jahr hinaus gefüllt war.
Bei Ankündigung der Insolvenz versuchten Anton Schwarzkopf und sein alter Freund, Gottlieb Löffelhardt, eine neue Bank zu finden. Doch die Zeit war zu kurz.
Bisher war die Firma Anton Schwarzkopf im Ausland durch die Firma Intamin AG repräsentiert und hatte Achterbahnen in die Vergnügungsparks der ganzen Welt geliefert. Nun aber war Schwarzkopfs internationaler Generalvertreter nicht daran interessiert, dessen Insolvenz aufzufangen.
Am 8. November 1983 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Die Produktion von zwei „Dreier-Loopings“ stand auf dem Spiel und die Planung für den „Thriller“ hatte ebenfalls bereits begonnen. Auf Empfehlung Löffelhardts wurde Ende April 1984 Herbert Breidenbach aus Kürten im Bergischen Land, ein Unternehmer aus der Fördertechnik-Branche, als Investor für die insolvente Anton Schwarzkopf GmbH gefunden.
Ohne lange zu zögern gelang es Rudolf Barth mit Herbert Breidenbach und Wieland Schwarzkopf eine eigene Herstellerfirma zu gründen. Sie übernahmen aus der Schwarzkopf-Insolvenzmasse das Projekt Dreier-Looping und sicherten damit die Fertigstellung der Anlage im alten Betrieb.
Auch Anton Schwarzkopf gab nicht auf und kämpfte um sein Lebenswerk. Nachdem ihm der Zutritt zu seinem eigenen Firmengelände immer öfter verweigert worden war, gründete er im Januar 1984 zusammen mit seiner Tochter Sissi, seinem ehemaligen langjährigen Mitarbeiter und Tüftler Gerhard Klein, und einem weiteren Mitarbeiter das „Planungsbüro Anton Schwarzkopf“.
Ein Jahr später stieg die Firma „Bayerische Berg-, Hütten- und Salzwerke AG“, kurz BHS genannt, in Peißenberg in den selbständigen Bau von Achterbahnen ein. Anton Schwarzkopf wurde Konsultant und Wieland Schwarzkopf Vertriebsleiter. Die BHS, die bis dato als Zulieferer von Stahlkomponenten für Schwarzkopf agiert hatte, wurde somit unmittelbarer Nachfolger der Firma Anton Schwarzkopf.
Die ursprüngliche Firma Anton Schwarzkopf wurde ab Mai 1984 von Breidenbach geleitet. Aber auch Breidenbach scheiterte, denn er hatte nicht mit so vielen Außenständen gerechnet.
Nur ein Jahr später musste auch Breidenbach Insolvenz anmelden und beging bald darauf Suizid.
Nach dem Tod Breidenbachs setzte das Gericht, noch während der Viererlooping „Thriller“ für den deutschen Schausteller Oscar Bruch in der Produktion war, einen neuen Verwalter ein.
Lanfer schreibt dazu in der KR 58/2002 S. 61: „Der neue Verwalter zweigte einen Millionenbetrag der Konkursmasse in die eigene Tasche ab. Zwar wanderte er dafür ins Gefängnis, aber das half der angeschlagenen Firma nicht mehr weiter.“
Das Werksgelände der Firma Anton Schwarzkopf in Münsterhausen, sowie die verbliebenen Angestellten übernahm der ehemalige Betriebsleiter Stephan Stein. Das Projekt „Monster III“ wurde fertig gestellt.
Während des Baus der weltweit größten transportablen Indoor-Schienenbahn „Magic Mountain“ für den Bremer Schausteller Klaus Renoldi kam auch die Firma Stein in finanzielle Schwierigkeiten und musste schließen. Daraufhin wurde der „Magic Mountain“ von der Firma Renoldi selbst fertiggestellt.
Rudolf Barth hatte schon während der Bauphase des „Dreier-Loopings“, gemeinsam mit Werner Stengel, begonnen, einen weiteren Superlativ im Achterbahnbau zu planen. Gleich fünf Looping-Ringe sollten durchfahren und damit ein neuer Weltrekord für transportable Bahnen aufgestellt werden.
Nach den Erfahrungen mit dem „Dreier-Looping“ gründete Rudolf Barth zusammen mit einigen ehemaligen Mitarbeitern von Anton Schwarzkopf ein Konstruktionsbüro. Die Statik für das Projekt eines „Fünfer-Loopings“ wurde von Werner Stengel ausgeführt. Intamin hatte u.a. von Schwarzkopf Patente gekauft und einige davon dem Konstruktionsbüro Rudolf Barth für das neue Projekt in Lizenz zur Verfügung gestellt.
Mit den fertigen Produktionsplänen suchte Rudolf Barth einige Achterbahnhersteller auf, darunter auch die Firmen „Vekoma Rides“ aus den Niederlanden sowie die schweizerisch-liechtensteinische Firma „Intamin AG“. Schließlich übergab Rudolf Barth den Auftrag an die „Bayrische Berg,- Hütten- und Salzwerke AG“ in Peißenberg (BHS).
Wieland Schwarzkopf und Partner entwickelten in ihrem ebenfalls 1984 gegründeten Konstruktionsbüro später auch Fahrgeschäfte wie zum Beispiel die „Krinoline“ oder den „Polyp“. Außerdem übernahm Wieland Schwarzkopf die Vertretung für Service und Ersatzteile von bestehenden Schwarzkopf-Anlagen.
1992 erwarb Hubert Gerstlauer die ehemalige Schwarzkopf-Produktionsstätte in Münsterhausen. Er war viele Jahre als Elektromeister bei Schwarzkopf beschäftigt gewesen und hatte 1981 seine eigene Firma gegründet. Als „Gerstlauer Elektro GmbH“ lieferte er die elektrischen und pneumatische Systeme für die Achterbahnen, die in Kooperation zwischen Zierer, BHS und Anton Schwarzkopf entstanden.
Anton Schwarzkopf verließ die internationale Bühne
Bereits 1987 war Anton Schwarzkopf an Parkinson erkrankt, trotzdem blieb er bis 1993 aktiv. Auch in diesen Jahren hatten ihn gesundheitliche Rückschläge nie ganz aus der Bahn seines Lebens herauswerfen können. Ein Leben, in welchem er sich viele Träume erfüllt hatte und er emotional mit jeder seiner Anlagen sehr verbunden war. So war er immer der Erste, der eine neue Achterbahn als Fahrgast testete.
Im Januar 1996 wurde er auf der Fachmesse „Interschau in München“ mit dem Ehrenpreis des Verbandes der Deutschen Vergnügungsanlagenhersteller ausgezeichnet.
Der Mensch Anton Schwarzkopf war ein typischer Schwabe und in seiner Heimatstadt sehr beliebt. In den 1960er und 1970er Jahren war er zweiter Bürgermeister von Münsterhausen und Ehrenmitglied in verschiedenen Vereinen. Er unterstützte den Vereinshallenbau des örtlichen Sportvereins. Aus Ehrerbietung ließ seine Heimatgemeinde den weltberühmten Schriftzug „Schwarzkopf“ auf dem Dach des ehemaligen Werks I bis zu seinem Tod stehen.
Der Autodidakt Anton Schwarzkopf verstarb nach seinem langjährigen Parkinson-Leiden am 30. Juli 2001. Er geht als einer der größten Konstrukteure und Erbauer von Achterbahnen in die Geschichte ein und wird unvergessen bleiben.
© Margit Ramus
Kommentar von Rainer Wallenfang
„Sehr geehrte Frau Dr. Ramus,
Ich stolpere im Internet bei meinen Interessen für Fahrgeschäfte immer wieder über Ihre tolle Seite. Gestern habe ich lange an dem frisch überarbeiteten Text über Anton Schwarzkopf gelesen.
Ich bin sehr traurig, dass ich diesen Mann nie persönlich kennengelernt habe. Allerdings hatte ich vor 12 Jahren mal den Herrn Gerhard Klein in Münsterhausen besucht. Der erzählte so viel über seinen Chef, mit dem er auch privat befreundet war. „Ein Freund fürs Leben“ waren seine Worte. Oft habe er sonntagsmorgens bei ihm am Frühstückstisch gesessen und seine ständigen neuen Ideen mit ihm besprochen und ausgetüftelt.
Wenn ich so zurückschaue, hat Anton Schwarzkopf in den 23 Jahren, in der er die Firma hatte, gewaltige Schritte nach vorn gemacht!
Meine erste Begegnung mit dieser Firma war die Enterprise, die 1973 an Hilde Tolisch aus Bremen ausgeliefert wurde. Die sah ich erstmalig 1974 in Kirn /Nahe, eine Woche vor dem Bad Kreuznacher Jahrmarkt.
Diese einmalige, damals weit ihrer Zeit voraus gebaute Technik ließ mich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wer dachte denn 1973 schon an rückspeisefähige Maschinen? Das Enterprise konnte das! Sie ist die Einzige, die genau senkrecht auf 90 Grad hochfahren konnte, hatte Schrägpodium, einen Mittelbau, der einzigartig aufwändig gebaut wurde und aus meiner Sicht die schönsten Fahrgastgondeln überhaupt, sie sahen sehr futuristisch wie kleine Raumschiffe aus und besaßen Faltdachtüren.
Überhaupt hat Schwarzkopf alles bis ins kleinste Detail bedacht. Wenn Wikipedia bei der Huss Enterprise von einem „verbesserten Nachbau“ spricht, so kann ich dies nicht bestätigen. Eher müsste es heißen: „vereinfachter Nachbau“, denn mir hat in 1976 ein Schausteller gesagt, die Huss Enterprise sei 100.000 DM billiger als die von Schwarzkopf, zudem hatte sie 4 Gondeln mehr, ist aber nur 80cm höher als die von Schwarzkopf. Außerdem fahren Schwarzkopf Enterprisen schneller, min.1U/min schneller.
1974 wurde das weitgehend baugleiche Enterprise für Beuermann gebaut und leider ist es dann bei diesen 2 Exemplaren in dieser Exklusivausführung geblieben.
Ich war damals 13 Jahre alt, als ich mich entschloss, trotz anfänglicher Angst mit dem Enterprise zu fahren. Danach wich die Angst der Begeisterung. Es gibt im Internet Fotos von einem Jungen in der Gondel, das bin ich.
Gott möge mir einen Wunsch erfüllen: mit diesem tollen Enterprise noch mal fahren zu können und viele Fotos und Videos zu machen, weil die auch noch so ein tolles Anfahrgeräusch macht, man fühlt sich dabei wie bei einem Flugzeugstart, wenn der Pilot auf dem Runway Vollgas gibt.
Jedenfalls hat das mein Interesse an der Fahrgeschäfts Technik geweckt und als ich 18 Jahre alt war, ging auch schonmal Theo Lehmanns „Melodie Swing“ durch meine Hände, sprich, ich habe ihn mit auf- und abgebaut. Ein purer Knochenjob! Darum ziehe ich vor Leuten wie Markmann & Co, eben allen, die es zu schätzen wissen, ein Schwarzkopf-Fahrgeschäft zu hegen und zu pflegen, den Hut! Und gottseidank denken immer mehr Leute so und holen lieber alte Fahrgeschäfte mit Flair zurück, als dieses immer wieder “Höher, schneller, weiter“ zumal die neuen Fahrgeschäfte irgendwie kein Flair mehr haben.
Vor wenigen Tagen war Anton Schwarzkopfs 20.ter Todestag. Schade, solche Menschen, die Deutschland nach vorne brachten, sterben aus.
Ich lese immer wieder gerne auf Ihrer Seite über diese tolle Zeit. Macht echt Spaß!
Gruß
Rainer Wallenfang“ Mail vom 21.08.2021
Galerie II
Dazu Schaustellergeschäfte im Archiv Kulturgut Volksfest:
Alpenblitz
Monster 2
Monster 3
Zeppelin I und II
Quellen | Die recht brisante Geschichte der Insolvenz von Anton Schwarzkopf und seinen Nachfolgern wurde von Wieland Schwarzkopf, und Otto Barth Korrektur gelesen. |
Weitere Literatur | Dering, Florian: Volksbelustigungen. Bildreiche Kulturgeschichte von den Fahr-, Belustigungs-, und Geschicklichkeitsgeschäften der Schausteller vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nördlingen 1986. |
Sehr geehrte Frau Dr. Ramus,
sowie ich heute nach Stöbern im Netz gelesen habe, ist auch Herr Gerhard Klein, engster Mitarbeiter von Anton Schwarzkopf im Mai diesen Jahres im Alter von 80 Jahren verstorben. Er hat von der Lehre an (1955) bis zur Rente 2006 dort gearbeitet, zuletzt bei Gerstlauer. Trotz fortgeschrittener Demenz hat er mir letztes Jahr am Telefon noch viele Einzelheiten erzählt. Hätte dieser Mann Tagebücher geschrieben, wären wir über die Firma Schwarzkopf bestens informiert. Hoffentlich hat er da oben an seinem „letzten Platz“ seinen alten Freund Anton wieder getroffen!