Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier wurde am 30. Juni 2017 80 Jahre alt.
Dazu wurden ihr viele Glückwünsche für die geschafften acht Jahrzehnte und die Kraft und Gesundheit für die kommenden zwei Jahrzehnte überbracht.
Sie ist die Schirmherrin des ersten, deutschen digitalen Archives für das Kulturgut-Volksfest. Durch ihre Unterstützung und motivierende Art ist dieses Archiv zustande gekommen.
Ihr Porträt zeigt eine Frau, die Kampfgeist, Ausdauer, Zuverlässigkeit, Menschlichkeit und umfangreiches Fachwissen verkörpert.
Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier wird als erste Frau im HOUSE OF FAME des KULTURGUTS VOLKSFEST einen Platz, für ihre besonderen Verdienste für das Kulturgut Volksfest und die Berufsgruppe der Schausteller einnehmen.
Ihre Motivation führte zu einer Doktorarbeit über die wissenschaftliche, kunsthistorische Betrachtung der Architektur und Dekorationen von Karussells und anderen Volksbelustigungen. Außerdem befürwortete sie von Beginn an, die Idee zur Gründung des ersten, deutschen digitalen Kulturgut-Volksfest-Archivs.
Mir als Gründerin des Archivs ist es eine Ehre, Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier an dieser Stelle offiziell zu danken, für ihr Vertrauen und das Gespür für meine individuellen Fähigkeiten.
Begonnen hat es mit dem Thema zur Magisterarbeit im Jahr 2003. Frau Prof. Kier schlug vor, etwas über die ersten Karussells zu schreiben. Hocherfreut begann ich mit der Recherche und hatte schnell viel zu viel Material zusammen. So entschied sie, die Magisterarbeit auf die ersten beiden Karussellformen zu reduzieren und das übrige Material in der anstehenden Doktorarbeit zu verwenden.
Ohne Frau Prof. Kier wäre eine Doktorarbeit über ein völlig neues Thema in der Kunstgeschichte nie entstanden. Sie hat in mich, eine gebürtige Schaustellerin, das Vertrauen gesetzt, mich mit diesem Thema intensiv auseinanderzusetzen.
Durch ihren Impuls erkannte ich, warum die Welt der Schausteller und die von ihnen veranstalteten Volksfeste die Menschen faszinieren. Es liegt an ihrer ganz besonderen Atmosphäre und die hängt mit der speziellen Architektur und ihrer Dekoration zusammen.
Frau Prof. Kier schrieb dazu im Vorwort meiner Doktorarbeit:
„Umso erstaunlicher mag es erscheinen, dass es darüber bisher noch keine umfassende Publikation gab, die diesem Faszinosum auch wissenschaftlich nachgeht. Ein entscheidender Grund dafür ist, dass in die sehr geschlossene Welt der Schausteller keine Außenstehenden Einblick erhalten.“
Frau Prof. Kier wurde mir in vieler Hinsicht zum Vorbild und führte mich zum Ziel. Sie wusste von Beginn an, dass dieser völlig neue Weg ein ganz besonderer in meinem Leben sein würde, einer, der mir über viele Verluste hinweghelfen und es sehr bereichern wird.
Sie hat meine Arbeit langjährig betreut. Ihr Pragmatismus, duldete keine Widerrede und vieler meiner Referate unterbrach sie nach wenigen Minuten mit der Frage:
„Wo beginnt der kunsthistorische Lustgewinn? Die Technik der Karussells hat damit nichts zu tun!“
Es war oft schmerzhaft, aber lehrreich und herausfordernd, auch bei Karussells und sonstigen Belustigungen den kunsthistorischen Lustgewinn zu erkennen.
Darüber hinaus die wissenschaftlich belegte Erkenntnis zu erlangen, wie sehr die Verbindung und Abhängigkeit der Dekorationen von Schaustellergeschäften zur sogenannten Hochkultur besteht, deren Festdekoration auf diese Weise der breiten Bevölkerung erschlossen wird.
Es ist auch von Bedeutung, wenn diese Erkenntnis zur unerlässlichen Grundlage für die angestrebte Anerkennung wird, die Bedeutung der Volksfeste als Kulturgut durch die UNESCO zu erreichen.
Es gäbe noch viel zu erzählen, von dieser großartigen Frau, die ihren 80-zigsten Geburtstag feiert. Möge ihre Tatkraft, ihre Gesundheit und die ihres Mannes, der seit sechs Jahrzehnten an ihrer Seite steht und auch vielen Studierenden lieb geworden ist, noch die nächsten zehn Jahre anhalten.
Ich bin unendlich dankbar, Sie liebe Frau Prof. Dr. Kier kennengelernt zu haben und freue mich auf viele weitere „kunsthistorische Lustgewinne!“
In diesem Sinne, herzlichen Dank und alles Gute zum Geburtstag.
Margit Ramus
Fest-Exkursion
Anlässlich des 80. Geburtstages luden 70 ehemalige und aktuelle Doktoranden und Doktorandinnen, Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier zu einer Schiffstour an Bord der MS Theresia ein. Die zweistündige Reise führte von Bonn nach Linz und wieder zurück bis Remagen.
Während der Fahrt wurden uns einige, am Flussufer auftauchende Sehenswürdigkeiten auf „universitär revierende“ Art in Erinnerung gebracht.
Nach einem Besuch in der Apollinaris-Kirche erfolgte im Klostergarten eine kulinarische, süße Stärkung.
Zu Fuß zurück zum Bahnhof erreichte die Gruppe, nach nur einer Haltestelle, den Bahnhof Rolandseck mit dem Arp-Museum.
Professionelle Erläuterungen zur aktuellen Ausstellung von Henry Moore gaben Dr. Annette Krapp und Frau Magister Birgit Aldenhoff.
Der wunderschöne Tag klang mit einem gemeinsamen Abendessen auf der Terrasse des Restaurants des Arp-Museums aus.
Festakt in Universität
Am 14. Juli 2017 folgte eine akademische Festveranstaltung zum 80. Geburtstag von Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier im Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn.
Nach den Festreden von Prof. Dr. Roland Kanz und der Landeskonservatorin Dr. Andreas Pufke sprach Dr. Martin Bredenbeck ebenfalls eine Laudatio im Namen der ehemaligen Studierenden.
Sie ist unterm folgenden Link nachzulesen:
Bredenbeck Rede Festakt Kier 2017
Ein kleiner Rückblick zum Leben von Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier.
Hiltrud Kier wird am 30. Juni 1937 in Graz geboren, als Drittälteste von vier Kindern der Eheleute Hedwig und Heribert Arnetzl. Der Vater war Oberbaurat und die Mutter Beamtin bei der Graz-Köflacher Bahn.
Nach dem Abitur 1955 geht sie zunächst zu einem Studienaufenthalt nach London und Paris.
Wieder zurück in Wien beginnt sie ihr Studium der Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Klassische Archäologie. Während des Studiums lernt sie ihren späteren Mann Herfried Kier kennen, der ebenfalls Musikwissenschaft studierte. Mit dem sie inzwischen seit fast sechs Jahrzehnten durch Höhen und Tiefen, Dick und Dünn, Schmerz und Freude gegangen ist.
Damals im Jahre 1958 gehen sie gemeinsam zu einem Auslandssemester nach Köln. Aus dem einen Semester wird ein lebenslanger Aufenthalt für beide in Köln.
1968 schließt Hiltrud Kier mit der Promotion bei Prof. Dr. Heinz Ladendorf ihr Studium mit Summa cum laude zum Dr. phil. ab.
Thema ihrer Dissertation: Der mittelalterliche Schmuckfußboden
Im selben Jahr wird sie Gründungsmitglied des Ulmer Vereins, einer Vereinigung junger Kunsthistoriker.
Nach einem Volontariat beim Landeskonservator Rheinland in Bonn, erhält sie ein Stipendium der Fritz-Thyssen-Stiftung zur umfassenden Bearbeitung der Kölner Neustadt (1973–1976).
Daneben erhält sie einen Forschungsauftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über Schmuckfußböden in Renaissance und Barock.
Im April 1975 organisiert sie gemeinsam mit dem Verband Deutscher Kunsthistoriker die Tagung „Die Kunst, unsere Städte zu erhalten“ in Köln. Das Hauptanliegen ihrer denkmalpflegerischen Laufbahn ist schon früh die Rettung abbruchgefährdeter Gründerzeit-Häuser in Köln.
1978 erhält Hiltrud Kier einen Werkvertrag mit der Stadt Köln, zur Erstellung des Verzeichnisses erhaltenswerter Bausubstanz, der späteren Kölner Denkmalliste. Die Denkmalpflege zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. Sodas sie im gleichen Jahr einen Lehrauftrag an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn erhält. Zehn Jahre später, im Jahre 1988 wird ihre überregionale Bedeutung als Kunsthistorikerin und Denkmalpflegerin durch die Verleihung der Honorar-Professur im Fach Kunstgeschichte von der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn gewürdigt.
Am 1. August 1978 wird sie zur Stadtkonservatorin von Köln ernannt. Ein Amt, welches sie bis zum 30. November 1990 mit viel Energie und der ihr so eigenen Durchsetzungskraft ausübt. In dieser Zeit geht ihr Ruf bis weit über das Rheinland hinaus.
Im Jahre 1981 initiiert Hiltrud Kier die Gründung des Fördervereins Romanischer Kirchen Köln. Als zweite Vorsitzende ruft sie zusammen mit dem ehemaligen Diözesanbaumeister Wilhelm Schlombs das Jahr 1985 zum „Jahr der Romanischen Kirchen“ aus, mit der Zielsetzung der Beseitigung der Kriegsschäden.
Dieses Anliegen stößt auf großes positives Echo in weiten Teilen der Bevölkerung; der Verein gewinnt bereits innerhalb eines Jahres 4000 Mitglieder. Thematisiert werden die romanischen Kirchen in den ersten vier Bände der Stadtspuren – Denkmäler in Köln. Eine von Hiltrud Kier ins Leben gerufenen wissenschaftlichen Buchreihe.
Von 2002–2008 agiert Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier erneut als Vorstandsmitglied des Fördervereins Romanische Kirchen Köln.
Zurück in die 1980er Jahre. Von 1988 bis 1997 wirkt sie als aktives Vorstandsmitglied des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker, sowie als Vorstandsmitglied des Architekturforum Rheinland.
1990 wird Prof. Dr. Hiltrud Kier Ende von Hugo Borger zur Generaldirektion der Museen der Stadt Köln und Leiterin der Kölner Bodendenkmalpflege ernannt.
Parallel dazu hatte sie 1980 bis 1993 den Vorsitz des Arbeitskreises Denkmalschutz beim Städtetag Nordrhein-Westfalen inne. Von 1993 bis zu ihrer Pensionierung 1997 leitete sie außerdem das Wissenschaftliche Forschungsreferat der Kölner Museen beim Kulturdezernat der Stadt Köln.
Frau Prof. Dr. Hiltrud Kier, die ehemalige langjährige Kölner Stadtkonservatorin und ehemalige Generaldirektorin der Museen der Stadt Köln machte die Denkmalpflege weit über die Grenzen der Stadt Köln populär und setzte sich engagiert für die Bauten der 1950er Jahre ein.
Zu den wichtigsten Lebensaufgaben zählt der Erhalt und Wiederaufbau der großen romanischen Kirchen in Köln zum Jahr der Romanischen Kirchen 1985.
Ehrungen:
- 1982 Ehrenplakette des Architekten- und Ingenieur-Vereins Köln für Verdienste um die gebaute Umwelt
- 1983 Bundesverdienstkreuz am Bande, für Verdienste in der Denkmalpflege
- 2013 Rheinlandtaler des Landschaftsverbandes Rheinland
- 2017 Eintrag in das House of Fame des Kulturguts Volksfest
- 2017 Akademische Festveranstaltung im Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. Hiltrud Kier
© Margit Ramus
Quellen | Birgit Aldenhoff; Martin Bredenbeck; Annette Krapp; Denis Kretschmar; Stefanie Odenthal; Sabine Philipp; Margit Ramus; Regine Schlungbaum als Hrsg.: Denkmalpflege – Städtebau. Beiträge zum 70. Geburtstag von Hiltrud Kier. J. P. Bachem, Köln 2008. |