Name(n) des Geschäftes | Kingdom of Magic > Geisterschlucht > Grüne Hölle > Daemonium |
Typologische Bauaufgabe | Geisterbahn |
Bauform | Hallenbau |
Baujahr | 1979/ 2005 |
Hersteller / Umbaufirma | Heinrich Mack; Andreas Dietz |
Maler | Heinz Opitz; Maciej Bernhardt |
Bauherr / Inhaber | Renoldi > Blume |
Baugeschichte
Manche Schaustellergeschäfte würden, wenn sie sprechen könnten, interessante Geschichten erzählen können, seien es über Besitzerwechsel oder die Stationen, die einige in ferne Orte der Welt führen. Andere erleben Metamorphosen. So auch die Geisterbahn Daemonium.
1979 bestellte Klaus Renoldi bei Heinrich Mack eine Geisterbahn. Gewünscht war eine gigantische Burganlage mit dem Namen Kingdom of Magic. Die Fassade erhielt eine graue farbliche Fassung.
Bereits 1980 wechselte Renoldi von grau in ein kräftiges Rot.
1983 erfolgte ein erster großer Umbau, indem aus der mittelalterlichen Burganlage eine rote Geisterschlucht wurde.
1986 wechselte Renoldi wieder einmal die farbliche Fassung und die rote Geisterschlucht wurde zur blauen Geisterschlucht.
1992 kaufte Martin Blume die Anlage und reiste weitere sechs Jahre mit der blauen Geisterschlucht.
1998 folgte der nächste große Umbau der Geisterbahn unter dem neuen Inhaber Martin Blume. Aus der Geisterschlucht in einem kräftigen Blau wurde eine Grüne Hölle.
Nur zwei Jahre später, 2000 erfolgte ein Wechsel der Dekoration in Fantasia.
2005 folgte ein komplette Neugestaltungen der Fassade. aus der Geisterbahn Grüne Hölle/Fantasia wurde das Daemonium
Beschreibung des Baukörpers
Einem rechteckigen Hallenbau von 36 Metern Länge und 18 Metern Tiefe mit Pultdach ist eine Vorhangfassade, in Form eines dreistöckigen Kulissenbaus, vorgesetzt. Die Fassade ist einer mittelalterlichen Burg nachempfunden und wird von zwei funktionslosen Ecktürmen gefasst.
Das Sockelgeschoss des im Zentrum der Dreiturmanlage stehenden Turms wird als Eingangs und Kassenbereich genutzt. Horizontal sind die Geschosse mit Blendfriesen gegliedert.
Vereinzelte rundbogige Öffnungen lassen den Blick ins Innere der Burg frei. Hinter der Fassade fahren in einem geschlossenen Schienensystem drehbare Gondeln in Muschelform im Viererbund durch den Hallenbau. Im ersten und zweiten Geschoss navigiert die Schienenführung die Fahrgäste auch ins Freie.
Dekoration des Kingdom of Magic
1979 wurde die erste Anlage als von Dämonen bewohnte mittelalterliche Burg, dargestellt. Die dreistöckige Fassade war aus nachgebildeten Steinquadern errichtet.
Aus den rundbogigen Öffnungen schauten vereinzelt Köpfe von feuerspeienden Drachen oder dämonischen Wesen in weißen Gewändern heraus. In anderen Fenster waren Skelette eingestellt. Im Sockelgeschoss war in einer rundbogigen kreuzgangähnlichen Maueröffnung die Einstiegsebene angelegt. Stützen, deren Kapitelle als Totenmasken mit riesigen Stoßzähnen gearbeitet waren, trugen die Rundbögen. Die Türme schlossen nach oben mit Steinfragmenten ab. Zitate der klassischen Architektur, wie zum Beispiel Rundbogenfenster, Blendarkaden oder Würfelfriese, rundeten das Bild einer mittelalterlichen Burg ab. Zunächst wählte der Auftraggeber eine klassisch graue farbliche Fassung. Bereits nach der ersten Saison wurde die Fassade in Rot gefasst.
Im Jahr 1982 erfolgte die erste große Umgestaltung. Die ursprüngliche Fassadengestaltung einer Burganlage wurde gegen eine gewaltige illusionistische Fassade in drei Ebenen umgebaut.
Aus dem Kingdom of Magic wurde eine Geisterschlucht. An dem westlichen funktionslosen Turm wurde fest gehalten. Die drei Ebenen der Anlage wurden horizontal mit balkonähnlichen Vorbauten gekennzeichnet. Auch hier wählte Renoldi zunächst eine rote Fassung. Der burgähnliche Charakter war verschwunden und die Oberfläche der Fassade wechselte zwischen lavaähnlichen Steinkrusten und glatten bemalten Flächen. Deren Bildinhalte erinnerten an Dämonen und sonstige Unterweltbewohner.
Mittig der Fassade stand die riesige Büste einer interdisziplinären Gestalt. Aus dem Mund des menschenähnlichen Gesichts ragten ein Stoßzahn so wie Köpfe und Hälse verschiedener Urzeittiere heraus. Rechts vor die Fassade wurde ein riesiger, sprechender Affe platziert, der das Interesse der Besucher auf sich zog. 1986 erfolgte eine neue farbliche Fassung in einem leuchtenden Blau. Die im Zentrum der Fassade befindliche Büste wurde in ein kräftiges Rot getaucht.
1992 wurde die Anlage an Martin Blume verkauft. Dieser gestaltete die Fassade erneut um und aus der Geisterschlucht wurde die Grüne Hölle. Im Wesentlichen wurde an der formalen Gestaltung der Fassade festgehalten. Nur die Bemalung erreichte eine neue dekorative Fassung. Nun trieben Riesenspinnen, Riesenfledermäuse und weitere Urtiere vor dem Hintergrund einer Urwaldszenerie ihr Unwesen und versuchten, dem Betrachter einen mysteriösen Schauer zu entlocken. Skulpturale Palmen waren dem Kulissenbau vorgestellt. Nach zwei Jahren erfolgte wiederum eine Restaurierung. Das Thema Fantasia floss in die Dekoration ein.
Im Jahr 2005 konnte Martin Blume den Künstler Maciej Bernhardt aus Düsseldorf für die Realisierung einer neuen Gestaltungsidee gewinnen. Bernhardt berichtete der Verfasserin, dass sein künstlerischer Freiraum insofern eingeschränkt gewesen sei, als es galt, den genauen Vorstellungen seines Auftraggebers Blume in Design und farblicher Gestaltung gerecht zu werden. Thematisiert wurde die Fahrt durch eine mittelalterliche Folterkammer.
Thematisiert wurde die Fahrt durch eine mittelalterliche Folterkammer. Bernhardt versicherte, dass er nicht gewusst habe, dass die originale Dekoration dieser Anlage aus dem Jahr 1979 bereits eine Burganlage dargestellt hatte.
Die Zeichnungen in der folgenden Galerie wurden von Maciej Bernhardt © angefertigt und dürfen nur mit seiner ausdrücklichen Genehmigung aus dem Archiv gescannt oder kopiert werden.
Bernhardt fertigte zunächst Skizzen an. Blume wünschte eine dreistöckige Fassade, die vertikal in mehrere Achsen unterteilt war. Er stellte sich eine von Dämonen bewohnte, mächtige alte Burg vor. Die erste Skizze glich eher einer mittelalterlichen Stadt vor dem Hintergrund einer Burg und wurde von Blume nicht akzeptiert. Der zweite Vorschlag war für Blume logistisch nicht durchführbar. Denn der Auf- und Abbau sowie das Verladen während des Transports mussten berücksichtigt werden. Erst mit der überarbeiteten Skizze kommt Bernhardt den Vorstellungen Blumes näher.
Die spätere großflächige Fassade wurde zunächst in Einzelteilen angefertigt und bearbeitet. Nach der Grundierung wurden die Bildtafeln mit einem plastischen, patinierten Eisenrahmen gefasst. Anschließend skizzierte der Künstler seine figürlichen Darstellungen auf die Fläche. Die vielen Nischen und Öffnungen sollten gruselige Geschichten von Folterungen erzählen. Bernhardt fertigte auch Skulpturen an. Neben den Dämonen wurde die Burg auch von Mönchen bewohnt.
Provenienz und Verbleib
Der Grundbau wurde 1979 von Klaus Renoldi bei Heinrich Mack in Auftrag gegeben. Nach mehreren Umgestaltungen wurde die Anlage 1992 an Martin Blume verkauft. Es erfolgte eine neue Bemalung der Fassade und eine Namensänderung in Grüne Hölle. Nach weiteren Neugestaltungen ist die Anlage seit 2006 als Daemonium auf den größten Volksfestplätzen Deutschlands anzutreffen.
Maciej Bernhardt arbeitete noch weitere Großobjekte, zum Beispiel den Höllenblitz. Bernhardts Frau Maria, ebenfalls Künstlerin, unterstützte ihn bei den Arbeiten.
© Margit Ramus
Quellen | Ramus 2013 Kat. Nr. 71 |