Im Nachlass von Maria Schoeneseifen, Mutter der Verfasserin wurde ein handgeschriebenes Schriftstück gefunden. Es war die Geschichte der Familie Klauer.
Wilhelm Josef Klauer war mit Sybille Maria Tusch (geb.1854) verheiratet. Die beiden bekamen 18 Kinder. Einige starben direkt bei der Geburt oder kurz danach. Wilhelm Josef Klauer soll kein guter Mann gewesen sein, jede Mark, die er im Wohnwagen fand, vertrank er. Er starb früh an Kehlkopfkrebs und ließ seine Frau mit vier Kinder, die überlebt hatten zurück.
Maria Schoeneseifen erzählte gerne von den alten Zeiten. Sie war etwa 80 Jahre alt, als sie die folgenden Seiten aufschrieb.
„Diese Geschichte über das Leben einer wunderbaren Frau (meiner Ur-Großmutter) schreibe ich natürlich, denn ich bin erst 1925 geboren, nur nach Erzählungen ihrer Kinder, Enkelkinder und Verwandten und ihren letzten Lebensjahren, die ich erlebt habe.
Im Jahre 1854 wurde den Eheleuten Bruno und Sybille Tusch in Vanikum Kreis Düren eine Tochter geboren. Sie nannten sie Sybille Maria, Rufname Maria.
Die Eltern hatten für die damaligen Verhältnisse ein kleines Häuschen und ein paar Helfer, die für sie Körbe flochten.
Sie hatten einen Planwagen. Mit diesem Wagen, natürlich mit Pferd, befuhr der Vater die Krammärkte. Z. B. Aachen, Düren, Pützchens Markt und verkaufte dort seine Ware.
Von weiteren Märkten sind mir die Namen leider nicht bekannt.
Die Mutter blieb zu Hause und beaufsichtigte die Anfertigung.
Ob noch weitere Kinder da waren, ist mir nicht bekannt.
Maria blieb bei der Mutter [Tusch] und wuchs zu einem schönen Mädchen heran. Sie hatte später im Dorf den Spitznamen: Die schöne Rose von Vanikum.
Als sie dann älter wurde, fuhr sie mit dem Vater.
Irgendwann lernte sie den Soldaten Josef Klauer kennen, den sie, nach Beendigung seiner Dienstzeit, Ende des Jahres 1800 heiratete. [Maria Klauer geb. Tusch, Ur-Großmutter von Maria Schoeneseifen]
Josef und Maria Klauer bereisten dann mit dem Vater weiter die Märkte.
Sie kauften sich für die damaligen Verhältnisse einen Wohnwagen, in dem sie wohnen konnten, der Vater blieb dann zu Hause.
Meine Ur-Großmutter [Maria Klauer] hatte darauf bestanden eine Bude anzuschaffen, in der sie auch Spielsachen und andere angebrachten Gegenstände verkauften.
Dann kamen die Kinder. Jedes Jahr eins, insgesamt 18. Einige starben bei oder nach der Geburt. Damals starben ja sehr viele Neugeborene durch die schlechten sanitären Verhältnisse und Nahrung.
Meine Ur-Großmutter hatte keinen guten Mann geheiratet. Heute würde man sagen einen Playboy, der sich für diesen Beruf zu schade war, und ein Trinker wurde. Er war tagelang verschwunden.
Ich habe später ein Bild von ihm gesehen, er sah sehr gut aus, ein Ebenbild von Kaiser Wilhelm.
Finanziell ging es ihnen nicht schlecht.
Meine Ur-Großmutter war eine tüchtige, große und gut aussehende Frau.
Meine Mutter sagte immer, sie trug nur schwarze Prinzesskleider, wochentags mit grau-weiß gestreifter, gestärkter Schürze, sonntags die gleiche in schwarz. Sie trug immer einen Dutt (als ein Topf geflochtenes Haarteil). So habe ich sie in Erinnerung, denn das trug sie noch im hohen Alter.
Sie hatte damals schon in Siegburg ein kleines Haus gekauft. Sie war eine gute Mutter und Geschäftsfrau, aber jede Mark, die ihr Mann im Wohnwagen fand, vertrank er. Er ist dann auch früh gestorben, Anfang 1900. Er ist verhungert an Kehlkopfkrebs.
Aber meine Ur-Großmutter machte weiter.
1902 wurde meine Mutter geboren, das erste von sechs Kindern ihrer ältesten Tochter, die inzwischen verheiratet war. [1914, zwei Monate nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter, Therese, starb die junge Frau im Alter von 36 Jahren.]
Die Schaustellerfamilie Tusch aus Krefeld hatte 1902 in einer Karussellfabrik in Thüringen ein Dampfkarussell bestellt (das erste dieser Art). Es wurde zum Pützchens Markt geliefert.
Es kamen zwei Monteure, die für den technischen Ablauf verantwortlich waren. Eduard Hellmann und Eduard Schmitz. Beide verliebten sich in die beiden ältesten Töchter und heirateten sie. Einer von ihnen war Eduard Hellmann.“ [der Großvater mütterlicherseits von Maria Schoeneseifen]
Leider hört hier das Schreiben auf.
© Margit Ramus
Quellen | Aufzeichnungen von Maria Schoeneseifen |