Die deutsche Volksfest-Kultur Spiegel unserer Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart.
Sie ist immer noch lebendig, dafür ist das Lullusfest in Bad Hersfeld ein besonders gutes Beispiel.
Das Lullusfest ist einer der ältesten Volksfeste Deutschlands. Es erinnert an den Gründer Bad Hersfelds, den Bonifatius-Schüler Erzbischof Lull (710 – 786).
Ursprünglich war es ein reines Kirchenfest zum Gedächtnis des „Heiligen Lullus“, des Erzbischofs von Mainz und Gründer der Reichsabtei. Lullus ist am 16. Oktober 786 in seinem Kloster Hersfeld gestorben; er wurde dort in der von ihm erbauten Kirche beigesetzt.
In den Jahren 831 bis 850 ist unter den Äbten Bun und Bunwart eine neue Kirche erbaut worden. Zwei Jahre nach der Weihe dieser großen Kirche, am Gründonnerstag, den 7. April des Jahres 852, wurden die Gebeine des Erzbischofs Lull erhoben und an einer würdigeren Stelle in dem Neubau der Kirche beigesetzt. Vom Zeitpunkt der Heiligsprechung hat man wohl schon jedes Jahr zu Lullus Gedächtnis an seinem Todestag den 16. Oktober ein kirchliches Fest gefeiert. Zu diesem Kirchenfest wurden nun auch Waren feilgeboten und es entwickelte sich allmählich ein Jahrmarkt
Neben dem freien Geleit der Handelsleute wurde der Marktfrieden eingeführt. Er besagte, dass alle Vergehen, die während, der durch eine Marktfahne am Rathaus angezeigten Marktdauer, begangen wurden, „mit doppeltem Strafmaß belegt wurde.“
„Das Lullusfest ist angeordnet im Jahr 852, und war nichts anderes als ein kirchliches Fest, so wie es in der katholischen Welt jedem Heiligen gefeiert wird,…“ (Lipphardt, Konrad: Das Lullusfest. Aufsatz)
Die erste urkundliche Erwähnung des Lullusfest und des damit verbundenen Jahrmarktes findet sich in einer Urkunde vom 16.11.1326. (Petzoldt, Leander: Volkstümliche Feste. 1983 S. 246)
Von einem „Lullusfeuer“, mit dessen feierlichem Anzünden noch heute am Montag der Lulluswoche das Heimatfest beginnt, wird zuerst durch einen Eintrag in einem städtischen Gedenkbuch am Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts berichtet
Die „Fierche“, wie die Hersfelder das Feuer nennen, war Symbol für die „Lullusfreiheit“, die Befreiung von gemeindlichen Abgaben für die Dauer des Festes.
Eine weitere Besonderheit ist der Festbeginn: Es ist das einzige Volksfest das montags beginnt.
Mit dem feierlichen Anzünden des Lullusfeuer beginnt für die „Herschfeller“ eine neue Zeitrechnung, das „Lollsjahr“. Die Hersfelder teilen das Jahr in vor Lolls und nach Lolls ein.
Ein weiterer alter Brauch ist, dass die Kinder, Kastanien, die in den Tagen zuvor gesammelt wurden, in das Feuer werfen und sich freuen, wenn sie in der Glut zerplatzen. Dies sollen bereits die Eltern, Großeltern und deren Eltern getan haben.
Die Fierche ist seit vielen Jahrhunderten, auch wegen der einzigartigen Atmosphäre, Treffpunkt für Familien, Freunde und alte Bekannte. Geschätzt werden ganz besonders der freie Eintritt zur Belustigung und Unterhaltung der Bevölkerung sowie die Möglichkeit zum multikulturellen Austausch.
© Margit Ramus
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Mein Heimatland Oktober 2022[4151]
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Vortrag Geschichtsverein © Wilfried Roßbach
Zulassungsrichtlinie Lullusfest 08.12.2020
Quellen | Lipphardt, Konrad: Das Lullusfest. Aufsatz |