Schaustellergeschäfte A - Z

Autoskooter ab 1920er Jahre

1930er Jahre Autoskooter von Alfred Müller.. © Sammlung Andrea Schröder-Patzer
Baugeschichte

Erst in jüngster Zeit wurde bekannt, dass Fritz Bothmann bereits Anfang der 1920er Jahre  Autoskooter gebaut hat. Zunächst unter den Namen Vergnügungsbahn oder Avus-Bahn, später Elektro-Autobahn. 
Bei einem persönlichen Besuch der Verfasserin in Weimar und Gotha konnten Originalbaupläne im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar ausfindig gemacht und publiziert werden.

Export von Autoskooter

Mit einem Schriftstück vom 29. Mai 1924 kann bekundet werden, dass Fritz Bothmann bereits 1923 Elektro-Selbstfahrer ins Ausland exportierte. Er arbeitete mit sogenannten Vermittlern aus Schaustellerkreisen. Wenn ein „Vermittler“ fünf Aufträge eingebracht hatte, bekam er selbst zu Sonderkonditionen ein eigenen Fahrgeschäft.

„Geehrter Herr Bothmann.
Teile ihnen mit, dass in einigen Tagen sie Herr Julius Fisch aus Bukarest besuchen wird in der Angelegenheit einen Elektro-Selbstfahrer. Ich habe ihm die zu mich gesannten Prospekte übergeben sowie die Briefe aus Wien von ihrem Vertreter. […] Bukarest 29.5.1924“
  ThHSTA

Deutsche Abnehmer

Ein weiterer Beleg für Bothmann als Hersteller von Autoskooter in den 1920er wird durch einen Vertrag dokumentiert, datiert auf den  24.07.1929, der dem Archiv von Peter Loosen aus Aachen zur Verfügung gestellt wurde.
Die Herren Dyonisus Geiser/Gormanns/Loosen hatten am 19.01.1927 gemeinsam eine „Elektrische Vergnügungsbahn“ bei Fritz Bothmann in Gotha erworben. Die Kaufsumme betrug 36.000 RM. Sie bezahlten einen Teil in bar und für den Rest unterschrieben sie sogenannte Wechsel.
Eine Finanzierungsmöglichkeit, die bis in die 1970 Jahre durchaus gängig war und von vielen Schaustellern und Schaustellerinnen genutzt wurde. 
Es spricht für finanzielle Engpässe bei Fritz Bothmann, dass er, laut Vertrag vom 24.07.1929, die Wechsel an die Firma Goldschmidt weiter gab. Er erhielt damit sofort sein Geld und gab die Eigentumsansprüche bis zur restlosen Bezahlung an die Firma Goldschmidt ab. Normalerweise gaben die Verkäufer die Wechselpapiere an ihre Hausbanken weiter.

Vertrag über Wechsel-Prolongation, datiert auf den 24.07.1929 © Sammlung Peter Loosen

 Autoskooter der Firma Lindner aus Nürnberg

Im Westen Deutschlands soll die Familie Heinrich Lindner 1927 den ersten Autoskooter aus den USA importiert haben. Dies berichtete die Enkelin von Heinrich Lindner der Verfasserin.
Die Abbildung unten weist allerdings erstaunliche Übereinstimmungen mit den Originalplänen von Fritz Bothmann aus dem Jahr 1926 auf.

Sicher ist, dass Bothmann in diesen Jahren bereits Autoskooter baute. Deshalb ist es eher unlogisch, dass die Nürnberger Schaustellerfamilie Lindner einen Autoskooter aus den USA importierte, während Fritz Bothmann in Thüringen bereits Autoskooter baute und mittlerweile weit über die deutsche Landesgrenze hinaus auslieferte.

Autoskooter der Firma Lindner aus Nürnberg. Foto Ende der 1930er Jahre. © Sammlung Lindner

 


Aufriss einer Skooterhalle. Auszug aus den Originalplänen Bothmanns. ©
ThHSTA Weimar, Fa. Bothmann Nr. B-II-2,5.4.BL. 1. Teil 2

Bei dem Vergleich mit dem originalen Bauplan im Staatsarchiv von Gotha ist Bothmann als Hersteller des Autoskooters von Lindner nicht auszuschließen.

Dekoration Lindner

Der Schwerpunkt der Dekoration des Lindner Autoskooters lag in der Gestaltung der Schmuckdachkante.
Die Kopfseite wurde durch einen Segmentbogen betont. Auf einer Kartusche waren der Auftraggeber und seine Gattin dargestellt. Darunter war ein plastisch erscheinendes Spruchband gespannt mit der Aufschrift: „Elektro-Selbstfahrer“.
Das Mittelfeld war beidseitig von Schmuckfeldern flankiert, die an den Längsseiten fortgesetzt wurden. Die Bilder der Schmuckdachkante, von floralen Verzierungen und Voluten gerahmt, zeigten Menschen und Tiere bei der Arbeit.
Auf den Bildtafeln der Kopfseite waren in Anlehnung an die Funktion des Baukörpers zeitgenössische Automobile dargestellt. Die Bildträger wurden zusätzlich durch umlaufende Bänder mit Glühbirnen betont.
Die Archivolten des Arkadenkranzes waren mit Voluten und Krabben verziert. Die Dekoration der Schmuckdachkante nahm stilistisch Zitate der Barockzeit auf, während die Archivolten eher klassizistische Züge zeigten.

Bothmann Skooter im Osten Deutschlands

Nach der Wiedervereinigung wurden ältere Autoskooter, die im Osten erhalten geblieben waren, für die Recherche zugänglich. Sie sind  Bothmann als Hersteller zuzuordnen. Sie wurden meist bis zur Wende in der ehemaligen DDR betrieben.  
Die Dekoration der Autoskooter, die in der folgenden Galerie ausgestellten sind wurden von der Maler Familie Horst Patzer ausgeführt. Es fällt auf, dass auf der Schmuckdachkante immer wieder der Krieg thematisiert wurde. 

 

Auch die Firma Achtendung aus Köln baute Autoskooter, wie die untere Abbildung beweist.

Autoskooter während der Bauphase auf dem Grundstück der Firma Achtendung. © Sammlung Petra Murrmann

 

© Margit Ramus

 

Opitz sen.

Opitz

Dazu Schaustellergeschäfte im Archiv Kulturgut Volksfest:

Weitere Geschäfte dieser Baureihe

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ThSTHA Schriftverkehr von Bothmann mit Kunden.
Aufriss einer Skooterhalle. Auszug aus den Originalplänen Bothmanns. © ThHSTA Weimar, Fa. Bothmann Nr. B-II-2,5.4.BL. 1. Teil 2.
Dokumente von Peter Loosen.
Ramus 2013. Kat. 23.

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