Name(n) des Geschäftes | Rigi – Turmbahn |
Typologische Bauaufgabe | Hochgeschäft |
Bauform | Skelettbau |
Baujahr | 1925 |
Hersteller Konstruktion |
Heinrich Mack Friedrich-Wilhelm Siebold |
Bauherr / Inhaber | Friedrich Wilhelm Siebold |
Baugeschichte
Der Zeitpunkt der Entstehung der dritten Achterbahn von Friedrich Wilhelm Siebold aus Bremen wirft Fragen auf. Bei Florian Dering oder Willi Thoma, ist zu lesen, dass Friedrich Wilhelm Siebold 1927 bei der Firma Heinrich Mack eine Turmbahn habe bauen lassen. Aber überlieferte Abbildungen zeigen die Rigi-Turmbahn aus dem Jahre 1925.
Die originale stationäre Rigi-Bahn war 1875 im Rigi-Gebirge am Vierwaldstättersee in der Schweiz als erste Bergbahn Europas eröffnet worden. 1923 und 1925 wurde dort die ersten Dampflokomotiven eingesetzt. Dies kann Inspiration für Friedrich Wilhelm Siebold gewesen sein, eine gleichnamige Bergbahn als Turmbahn zu bauen.
Irrtümlich bezeichnet Thoma die Auftragsfirma als Siebold & Herhaus. Der Zusammenschluss von Siebold & Herhaus kann jedoch erst 1929 erfolgt sein. Denn auf den vielen Abbildungen der Geschäfte ist bis zum Ende der 1920er Jahre nur der Firmenname „Siebold“ zu sehen; sie weisen ihn damit als alleinigen Eigner aus. (Thoma, Willi: Faszination Karussell- und Wagenbau Mack. Waldkirch 1988. S. 243)
Unabhängig davon, ob das Baujahr 1925 oder 1927 war, erwies sich der Auftrag für die Firma Mack in diesen Jahren der Wirtschaftskrise als ein Glücksfall. Für Friedrich Wilhelm Siebold hatten sich ebenfalls finanzielle Schwierigkeiten ergeben. Täglich wurde das Geld weniger wert. Die Rettung kam aus der Schweiz. Der Schausteller Heinrich Weidauer stieg als Kompagnon in das Projekt Rigi-Turmbahn ein.
Willi Thoma schreibt in seinem Buch über die Firma Mack, dass der Teilhaber aus der Schweiz jedes Wochenende nach Waldkirch gekommen sei und die erwünschten „Fränkli“ abgeliefert habe. Dafür habe die Firma Weidauer die Bahn drei Jahre lang für die Basler Mess‘ ausgeliehen bekommen. (Thoma, 1988. S. 242)
Siebold beaufsichtigte persönlich den Bau der Turmbahn und wohnte während der gesamten Bauphase in Waldkirch in der Gaststätte Kniebühler. Dort übernachteten später, in den 1970/80er Jahren, noch immer die Schausteller, sobald der Bau ihrer Geschäfte bei Mack in die Endphase gegangen war. Während ihres Aufenthalts planten und bauten die Schausteller meist selbst die Verladeeinrichtung in den Packwagen. Beim Auf- und Abbau sowie Transport hat auch heute noch jedes Einzelelement eines Karussells oder eines anderen Geschäftes seinen festen Platz. Das erleichtert den Ab- und Aufbau und ist Grundlage für den schadensfreien Transport einer Anlage.
Anfang der 1930er Jahre gibt es Bildmaterial von der Turmbahn mit der Schrift Siebold & Herhaus.
Baubeschreibung
Offene Holzkonstruktion in Skelettbauweise mit einer in sich geschlossenen Schienenführung.
Siebold konstruierte eine Turmbahn, bei der die Wagen nicht auf einer geraden Strecke, sondern auf einer spiralförmigen Schiene nach oben gezogen wurden. Die Streckenführung wurde namensgebend für die Turmbahn, die zur Bauaufgabe der Hochfahrgeschäfte gehört.
Der Zugang zum Einstieg führt an einem Kassenhaus vorbei. Die Sockelzone der gesamten Konstruktion ist mit einem Lattenzaun umschlossen.
Die Turmbahn in Stockholm
Anfang der 1930er Jahren wurde die Rigi-Turmbahn nach Stockholm in den „Gröna Lund Tivoli“ ausgeliehen. Der genaue Zeitraum ist nicht bekannt.
Dieser Vergnügungspark war 1883 von einem Deutschen, Jacob Schultheis, auf einem gepachteten Grundstück errichtet worden. Die Nachkommen von Schultheis, Familie Lindgren führte den Park bis 2001.
Überliefert ist, dass dort am 23.03.1935 ein Großbrand ausbrach. Die Turmbahn wurde stark zerstört. Nach den Löscharbeiten begann vor Ort sofort der Wiederaufbau. Noch im gleichen Jahr konnte die Turmbahn wieder in Betrieb genommen werden.
Bevor die Achterbahn nach Deutschland zurückgeholt werden konnte, brach der Zweite Weltkrieg aus. Das Geschäft wurde 1939 unverzüglich von den Schweden beschlagnahmt.
Provenienz
Friedrich-Wilhelm Siebold starb 1944, deshalb versuchte seine Witwe Medy Siebold nach dem Zweiten Weltkrieg die Turmbahn nach Deutschland zurückzuholen.
Erst 1957 gelang es Medy Siebold mit Hilfe von Konrad Adenauer die Rückgabe zu erzwingen. Nachdem festgestellt worden, dass die Kosten der Rückführung nach Deutschland dermaßen hoch waren, entschied man die Turmbahn wurde vor Ort zu verkaufen.
Medy Siebold erhielt außerdem von den Behörden eine großzügige Entschädigung für die Enteignung und den jahrelangen Umsatzverlust.
© Margit Ramus
Quellen | Müller, Günter: Der schöne alte Oldenburger Kramermarkt. 1982 S. 168 |