Name(n) des Geschäftes | Figur-8-Bahn |
Typologische Bauaufgabe | Hochgeschäft |
Bauform | Skelettbau |
Baujahr | 1911 |
Hersteller | Friedrich Wilhelm Siebold |
Bauherr / Inhaber | Friedrich Wilhelm Siebold |
Baugeschichte
In Deutschland hatte der Schausteller Carl Gabriel eine aus den USA importierte Achterbahn anlässlich der „Ausstellung München 1908“ auf der Theresienwiese aufgestellt. Für den schnellen Auf- und Abbau war sie jedoch zu schwer, deshalb für den Betrieb auf Volksfestplätzen nicht geeignet.
Noch im gleichen Jahr präsentierte der Münchner Schausteller Max Stehbeck die erste, transportable Figur-8-Bahn. Stehbeck hatte für den Bau den Ingenieur Erwin Vettel aus Sandusky/ Ohio hinzugezogen. Vettel hatte als Ingenieur bei der „Ingersoll Construction Company in Pittsburg/ Pennsylvania“ gearbeitet, die sich bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts auf den Bau von Achterbahnen spezialisiert hatte.
Im Dezember 1909 kaufte Hugo Haase die Achterbahn von Stehbeck. Ein Jahr später hatte Haase bereits sechs Achterbahnen nach den Konstruktionsplänen und dem Patent von Erwin Vettel in seiner Fabrik in Roßla bauen lassen. (Dering 1986. S.120)
Vermutlich angeregt durch Hugo Haases Einstieg in den Achterbahnbau begann Friedrich Wilhelm Siebold nach seiner Rückkehr aus den USA unverzüglich in den Werkstätten des Vaters, Franz Siebold, auf dem Grundstück Meißelstraße Ecke Schlendhofstraße in Essen, mit dessen Fachpersonal und dessen Geld den Bau einer Holz-Achterbahn nach den in Amerika erworbenen Plänen und Patent.
Bis zum Ausbruch des Krieges reiste Friedrich Wilhelm Siebold mit der Figur-8-Bahn und seiner ersten Schaubude. Dann begann der Erste Weltkrieg und er wurde als Offizier eingezogen.
Aus dem Krieg heimgekehrt stand Siebold bereits ab 1919 mit seiner Figur-8 Bahn auf dem Bremer Freimarkt und auch auf dem Oldenburger Kramermarkt. (Müller, Günter: Der schöne alte Oldenburger Kramermarkt. 1982 S. 168
Die erfolgreiche Führung vieler unterschiedlichen Unternehmen konnte Siebold nur mit Hilfe seiner Frau Luise und kompetenten Geschäftsführern wie Franz Barber, Otto Hirsch, Wilhelm und Fritz Herhaus, Heiner Froitzheim und sicherlich noch anderen gelingen. Anfangs waren die von der Reise stammenden Mitarbeiter scheinbar nur Geschäftsführer, später wurden sie möglicherweise Teilhaber der einzelnen Geschäfte. Zum Beispiel wurde Fritz Herhaus Ende der 1920er Jahre Teilhaber der Figur-8-Bahn.
Baubeschreibung
Offene Holzkonstruktion in Skelettbauweise mit einer in sich geschlossenen Schienenführung.
Der Schienenweg mündete nach einer geraden Auffahrtstrecke in Form einer Acht. Deren Schleifen wurden auf der einen Seite dreimal und auf der anderen Seite zweimal in verschiedenen Höhen durchfahren. Die Streckenführung wurde namensgebend für die Achterbahn, die zur Bauaufgabe der Hochfahrgeschäfte gehört. Von der ebenerdigen Einstiegsebene wurden kleine schienengebundene Fahrgastgondeln von einem Kettenaufzug, über ein schräges Auffahrtgleis zum höchsten Punkt des Skelettbaus gezogen.
Der Zugang zum Einstieg führte an einem Kassenhaus vorbei. Die Sockelzone der gesamten Konstruktion war mit einem Lattenzaun umschlossen.
Provenienz
Die Frage, wie die Abwicklung der Eigentümerverhältnisse der Figur-8-Bahn nach dem Tod von Friedrich Wilhelm Siebold im Jahre 1944 abgelaufen ist, kann nicht konkret beantwortet werden.
Einige Geschäftsführer übernahmen einen Teil der Geschäfte in Eigenregie, anfangs noch unter Siebold & Herhaus, später verschwand der Name Siebold. So geschah dies auch mit der Figur-8-Bahn, die von Familie Herhaus betrieben worden war.
Am 15. Juli 1945 hatte Prof. Bernhard Grzimek den Frankfurter Zoo wiedereröffnet. Auf dem Gelände des Tiergartens wurde ein Vergnügungspark durch Frankfurter Schausteller eingerichtet. Auch Lulu Herhaus bekam einen Platz für die Figur-8-Bahn von Siebold & Herhaus. Sie stand dort von 1945 bis 1948.
Es ist möglich, dass Lulu Herhaus nur als Frankfurter Schaustellerin einen Platz im Zoo bekommen hat und deshalb den Namen Siebold entfernt hatte. Dies war zeitweise eine durchaus gängige Praxis bei Schaustellern. Dazu würde ein Plakat aus dem Jahre 1945 passen. Professor Bernhard Grzimek machte kurz nach Ende des Krieges Reklame für den Zoo mit folgendem Hinweis:
„Die einzige Achterbahn, die in Westdeutschland noch übriggeblieben ist, steht jetzt im Zoo.“
Einen Firmennamen ließ er weg.
Es ist unwahrscheinlich, dass Lulu Herhaus die Familie Siebold in den ersten vier Wochen nach Kriegsende ausgezahlt hat und die Familie Herhaus von nun an alleinige Inhaberin der Achterbahn war. Der eine Firmeninhaber war ein Jahr zuvor gestorben und sein Kompagnon, Fritz Herhaus war noch bis 1948 in Gefangenschaft.
Die Tochter von Friedrich Wilhelm Siebold, Hildegard Pfennig vermutet, dass Lulu Herhaus die Übernahme ohne weitere Konsequenzen alleine durchgeführt hat. Dies würde zu den Anfangsschwierigkeiten der jungen Witwe Medy Siebold passen, ist jedoch rein spekulativ. Möglich ist, dass Medy später ihren Anteil bekommen hat.
Verbleib
Über den weiteren Verbleib der Figur-8-Bahn ist bisher noch nichts bekannt.
© Margit Ramus
Hier geht es zu Siebold Teil I
Hier geht es zu Siebold Teil II
Quellen | Müller, Günter: Der schöne alte Oldenburger Kramermarkt. 1982 S. 168 |