Name(n) des Geschäftes | Raupe |
Typologische Bauaufgabe | Fahrgeschäft |
Bauform | Rundfahrgeschäft |
Baujahr | 1925 ff |
Hersteller | Bothmann |
Maler | Speth; Harry Will; Max Müller |
Dekorationsthema | Neubarock; Rock & Pop |
Bauherr / Inhaber | Steiger; Buchholz u.a. |
Baugeschichte
Bereits 1925 bot die Firma Fritz Bothmann eine Berg- und Talbahn ohne Überdachung an. Die im Verbund angeordneten Fahrgastgondeln hatten die Form kleiner Kutschböcke. Während der Fahrt wurde eine umlaufende stoffliche Korbmarkise — Balg — darüber gestülpt. Das Aussehen erinnerte so stark an eine kriechende Raupe, dass der Vergleich schon während der Planung namengebend für das neue Karussell wurde. 1926 ergänzte Bothmann den feststehenden Unterbau mit einem Dachstuhl für ein Ringdach.
Aufgefundene Bilder zeigen außerdem eine Raupe, die noch in den 1970er Jahren in der ehemaligen DDR betrieben worden sein soll. Der feste Rundbau mit Dachstuhl und Laube stimmt mit den Bothmann Raupen überein. Allerdings sind anstelle der im Verbund angeordneten Fahrgastgondeln mit Balg, kleine Gondeln aufgesetzt, die an die frühen Berg- und Talbahnen von Heyn erinnern.
Von 1925 bis zur Zwangsversteigerung des Unternehmens Bothmann am 18. November 1930 blieb Fritz Bothmann in Thüringen der einzige überlieferte Hersteller. Aufgrund der Akten, Pläne und Auftragsunterlagen im Hauptstaatsarchiv Weimar ist nachgewiesen, dass auf nationaler und internationaler Ebene Aufträge für den Bau von Karussells bis in das Jahr 1931 datiert sind, trotzdem endete die Produktion Ende 1930.
Möglicherweise ergab sich für die Firma Achtendung in Köln im gleichen Zeitraum ein neuer Aufgabenbereich im Karussellbau. Einige Raupen wurden auch von der Firma Orenstein & Koppel aus Dortmund gebaut. 1980 baute auch Heinrich Mack die Raupe in modifizierter Gestaltung. Zu den einzelnen Herstellern in gesonderten Beiträgen mehr.
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg schossen in vielen Städten Deutschlands die Raupen wie Pilze aus der Erde.
In Köln bewarben sich 1933 für die Karnevals-Veranstaltung 1934 gleich sechs Firmen mit einer Raupe. Dies ist belegt durch die überlieferten Anfragen an die Stadt Köln. Es waren die Firmen: Adolf Delcour, Julius Meyer (damals noch Kölner, später Umzug nach Neuwied), Johann Rosenzweig, Josef Schiffer, Heinrich Heindrichs mit zwei Raupen, eine gemeinsam mit dem dem Düsseldorfer Schausteller Cronenberg. Nicht alle waren von Bothmann gebaut worden, die von Cronenberg z.B. von Achtendung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Westen Deutschlands bis in die frühen 1960er Jahre, neben der Rakete (St. Moritzbahn) die Raupe zum Kultkarussell. Dann wurde sie von den Holzpfosten-Musikexpress (Jaguar) abgelöst. Noch heute erinnern sich Zeitzeugen an eine Fahrt auf der Raupe und mit einem Lächeln an ihren ersten Kuss beim Schließen der Korbmarkise.
Baubeschreibung der Bothmann Raupe
Feststehender Rundbau von 22 ± Meter Ø mit Ringdach. Die Dachkonstruktion wird von einem umlaufenden Stützenkranz mit kannelierten Pfeilern und geradem Gebälk getragen. Eine Schmuckdachkante schließt die Fassade der Raupe nach oben ab. Die Übergänge sind mit Lichtblenden gedeckt.
In der Sockelzone ist ein über Täler und Höhen geführter hölzerner Umgang von Panneaux umschlossen. Darüber ist ein Geländer angebracht. Kutschen ähnliche Fahrgastsitze werden bei der über Berg und Tal führenden Kreisfahrt mit einer umlaufenden Korbmarkise für wenige Augenblicke geschlossen. Ein breiter Aufgang führt in die Einstiegsebene.
Anfang der 1960er Jahren erwarb die Firma Steiger aus Oberhausen eine Raupe. Sie war im Jahr 1926 von der Firma Fritz Bothmann gebaut worden. Sie ist noch heute auf der Reise und wird von der Familie Buchholz betrieben.
Alle Bilder in der folgenden Galerie wurden von Mark Schumburg dem Archiv zur Verfügung gestellt. © Mark Schumburg
Dekoration
Die 1926 gebaute Raupe der Firma Steiger/Buchholz ist mit Recht als ein Stück Kulturgut der Volksfeste zu bezeichnen.
Sie wurde in den 1990er Jahren komplett überholt und von dem Maler Harry Will aus Gütersloh neu bemalt. 1993 wurden die Bildtafeln der Schmuckdachkante neu bemalt. Musiker und Musikbands der 1950er und 1960er Jahre sind dargestellt. Die Übergänge sind mit Lichtblenden in Form von Notenschlüssel verdeckt. Eine Galerie von bunten Fahnen schließt die Schmuckfassade nach oben ab.
1994 wurden die Bildtafeln der Panneaux, die in der Sockelzone den auf und ab geführten hölzernen Umgang umschließen, mit amerikanischen Straßenfluchten mit Air-Brush bemalt.
1998 wurde die Korbmarkise — Balg — erneuert. An der transparenten Laube, die Haase bereits 1905 ins Zentrum des Karussells Libelle gesetzt hatte, wird bis zur Gegenwart festgehalten. Die Lichtbögen unter dem Ringdach sind noch mit Glühbirnen akzentuiert. Der innere Kranz des Ringdachs ist mit einer kurzer Schürzen aus kleinen Bildtafeln betont.
Typisch für die 1950er Jahre sind die Spiegelkugeln die mit Scheinwerfern angestrahlt werden.
Recht ungewöhnlich ist, dass die Raupe eine zweite Garnitur der Schmuckdachkante und den Panneaux hat und zeitweise auf historischen Märkten eingesetzt wird.
Provenienz und Verbleib
1926 von Bothmann erbaut ist die Raupe nach einer Neugestaltung in sehr gutem Zustand und auf vielen Volksfestplätzen und Historischen Jahrmärkten zu finden.
© Margit Ramus
Alle Bilder in der folgenden Galerie wurden von Mark Schumburg dem Archiv zur Verfügung gestellt. © Mark Schumburg
Quellen | Ramus 2013. Kat. Nr. 22 und 73. |
Evtl. Können Sie was über die Raupe von Welte in Erfahrung bringen. M.E.n. die größte dieser Bauart?
Und findet leider kaum irgendwie Erwähnung im www.
https://ride-index.de/2006/10/15/raupenbahn-welte/
Danke für die tollen Infos hier
Hallo, ich werde versuchen, weitere Infos zu bekommen. Bis dahin freundliche Grüße
Ebenfalls von Fritz Bothmann gebaut wurde „Die Raupe“, die ab Anfang der 30er Jahre bis in die späten 60er Jahre vom Kölner Schausteller Wilhelm Schiffer betrieben wurde. Ende der 60er Jahre erwarb Günter Bremer aus Lüneburg das Karussell, bevor es über einen kurzen Aufenthalt bei Fam. Stein aus Marburg zur Fam. Weis nach Guntersweiler verkauft wurde. Bis ca. 1990 wurde die Bahn noch betrieben und anschließend in Packwagen auf einem Privatgrundstück über 10 Jahre eingelagert.
Die Steirische Kulturförderungs GesmbH erwarb die Anlage im Jahre 2011 und wollte sie weitestgehend restaurieren. Ein Probeaufbau fand statt und einzelne Elemente wurden bereits hergerichtet. Anschließend dienten Front und Rundlauf in modifizierter Bauweise als Kulisse für eine Opern-Aufführung. Zum Einsatz als Karussell kam es allerdings leider nie.
Mittlerweile befindet sich die Bahn wieder im Besitz eines deutschen Privatiers, der mit der Restaurierung fortfahren wollte. Leider ist über den aktuellen Restaurierungszustand nichts bekannt, da die Kontakte in dieser Richtung leider abgebrochen sind.