Vergnügungsparks und ihre Entwicklung A - Z

0. Frühe Vergnügungsparks

Zum Sternenacker in Weißensee bei Berlin. Komet 1888 © Dering/Pumu München

Frühe Formen von in stationären Vergnügungsstätten und -Parks.

Schloss Haimbhausen

Ein Stich von 1701 zeigt in unmittelbarer Nähe zum Schloss Haimbhausen Einzelszenen eines Vergnügungsparks. Schießhütten, ein Reitplatz und ein Karussell sind zu erkennen.

Schloss Zellhofen

Auf dem Stich von Schloss Zeilhofen von 1723 ist ebenfalls ein Karussell dargestellt. Die Detailansicht zeigt eine genaue Darstellung der Konstruktion.

Schloss Pelheimb

Ein drittes Beispiel liefert ein Bildausschnitt gleichfalls von 1701 aus dem Stich des Schloss Pelheimbs. Die Platzierung im eingegrenzten Hofbereich oder in den Gartenanlagen macht deutlich, dass es sich noch nicht um Geräte zur allgemeinen Volksbelustigung handelte, sondern um Lustbarkeiten speziell für die Hofgesellschaft.

 

Bauernlustbarkeit in Dresden

Anlässlich eines im Jahre 1709 in Dresden für den Hof stattfindenden  Festes waren verschiedene Belustigungen aufgebaut worden. Festgehalten wurde das Ereignis im Bild ‚Bauernlustbarkeit im großen Garten’.  Abgebildet sind in einem architektonisch reizvoll gestalteten Garten eine Schaukel, eine ‚Russische Schaukel“  eine Vorrichtung zum Vogelschiessen und ein Karussell.
Die scheinbar immer noch als „Drehe“ bezeichnete Karussellvorrichtung bestand aus einer ebenerdigen kreisförmigen Plattform, vergleichbar mit einem waagerecht am Boden liegendem Mühlrad, auf dem Pferde und Wagen montiert waren.
Zwei Reiter auf Pferden und zwei Damen in Wagen hatten die Möglichkeit, verschiedene Zielobjekte in der Umlaufbahn der sich drehenden Plattform zu avisieren.
Hier kann ein direkter Bezug zu den Reiterspielen, Ring-, Quintan- und Kopfrennen gesetzt werden, allerdings zeigt die Teilnahme von Damen am Ringelspiel die allmähliche Abwendung vom ursprünglichen Zweck des männlichen Geschicklichkeitsspiels zur direkten Lustbarkeit. Angetrieben wurde das Karussell durch Menschenhände, die in einem darunter liegenden Keller das Drehrad anschoben.

Augsburger Bilderbogen

Ein ganzes Spektrum an Vergnügungsmöglichkeiten wird auf einem kolorierten Stich von Johann Martin Will in einem Augsburger Bilderbogen um 1770 dargestellt. Auf der Detailabbildung zeigt sich hier die frühe Form eines Hängekarussells. Die Grundkonstruktion lässt sich leicht rekonstruieren. An einem fest in die Erde verkeilten Mast hängt horizontal ein an vier Streben mit der Mastspitze verbundenes großes Rad. Zwischen den sechs Radspeichern sind im Außenkranz abwechselnd drei Sitze für Damen und drei hölzerne Springpferde für den Reiter befestigt. Um das Karussell herum sind die bekannten Ziele für Kopfrennen und Ringstechen platziert. Angetrieben wurde das Karussell manuell von einer einzelnen Person im Innenkreis des Rades.

Das einzige erhaltene höfische Karussell im europäischen Raum wird im Marstallmuseum des Nymphenburger Schlosses in München verwahrt. Es stammt ursprünglich aus der Würzburger Residenz und wurde dort von Großherzog Ferdinand von Toskana zwischen 1805 und 1814 angeschafft[5] (Abb.17).

Bakken Park Kopenhagen und
Vauxhall Garden London

Der älteste Vergnügungspark, der „Bakken Park“ in Kopenhagen, ist aus dem Jahre 1583 bekannt.
In London öffnete 1661 der Vauxhall Garden.

Wiener Prater

Im deutschsprachigen Raum ist der „Wiener Prater“ der älteste öffentliche Vergnügungspark. 1766 gab Kaiser Josef II. das im 12. Jahrhundert angelegte kaiserliche Jagdrevier als Belustigungsort für die Wiener Bevölkerung frei.  Aus dem Jahre 1782 ist der älteste Plan des Praters überliefert, darauf sind bereits 48 Ausstellungsobjekte wie Karussells, Russische Schaukeln, einfache Schaukeln sowie Buden, in Wien Hütten genannt, abgebildet. 

 

Wilhelmsbad bei Hanau

Zwischen 1777 und 1780 entstand in Wilhelmsbad bei Hanau unter dem Landgrafen Wilhelm IX. ein Staatspark mit Burg und Karussell, in dem sowohl die höfische Gesellschaft als auch das aufstrebende Bürgertum ihre Freizeit verbrachten. 1785 hielt A.W. Tischbein dies auf einem Gemälde fest.
Der Architekt und Ingenieur Franz Ludwig Canrin entwarf für den nach französischem Vorbild angelegten Lustgarten ein Karussell ganz besonderer Art. Er entwickelte ein pavillonartiges Gebäude von 18 Meter Durchmesser, das auf einem künstlich angehobenen und ausgeschachteten Hügel steht. Das Karussell im Hanauer Wilhelmsbad ist der älteste noch erhaltene Karussellbau. Vergleichbar mit der seltenen Form eines griechischen oder römischen Tempels, einem Monopteros, könnte Ludwig Canrin auch von dem Gemälde ‚Die Rotunde von Beachborough Manor’ von Edward Haytley von 1740 inspiriert worden sein.

Auf einem zweistufigen Sockel aus Sandstein erhebt sich ein Säulenkranz aus jeweils zwölf toskanischen Säulen, der von allen Seiten offen und begehbar ist. Der Zentralbau wird von einer fast halbkreisförmigen Kuppel bekrönt, die eine kleine kegelförmige Zuspitzung hat. Vier runde Fledermausluken im schiefergedeckten Kuppeldache dienen der Belüftung. Am umlaufenden Fries ist ein zweireihiger Zahnschnitt zu erkennen, der von einem ein wenig überstehendem Kranzgesims abgeschlossen wird. Die Decke des inneren Bereichs ist flach. Die Decke des kreisrunden Säulengangs ist halbrund, ähnlich einem Tonnengewölbe, an ihr ist der drehbaren Fußboden mittels Eisenstäben abgehangen. Zur Erstausstattung der aus Holz geschnitzten Karussellbesatzung gehörten zwei vergoldete Wagen mit je zwei Pferden, zwei Reitpferde, ein Schimmel und ein Rappen, mit vollständigem Sattelzeug. Sie waren auf dem Fußboden des Säulengangs installiert. Der Antrieb erfolgte durch einen versteckten Mechanismus im Keller des Gebäudes. Anfangs von Menschenhand, dann von Pferden oder Ochsen und später mittels eines Motors. Die Originalkarussellbesatzung wurde 1871 durch französische Truppen zerstört und erst 1895 von der Karussellfabrik Fritz Bothmann & Glück in Gotha erneuert. Sie setzt sich aus zwölf mannshohen Pferden und vier Kutschen zusammen.

Colosseum Brigittenau

1828 wurde das  Colosseum in der Brigittenau bei Wien gegründet. Auf einer „Kreisfahrbahn“ konnten die Besucher um 1835 auf den an Auslegern eingehängten kleinen Sitzen ein Fahrgefühl erleben, was sich mit dem späteren Hängekarussell vergleichen lässt.

Betz´schen Gastwirtschaft in München-Bogenhausen

Ein Beispiel für einen feststehenden geschlossenen Karussellbau ist das um 1820 im Garten der  Betz´schen Gastwirtschaft in München-Bogenhausen aufgestelltem Karussell. In einem zwölfeckigen hölzernen Zentralbau lag eine ebenerdige Plattform, auf der einzelne Pferde und Pferde mit Wagen montiert waren. Der Antrieb erfolgte per Hand vom Keller aus. Der Karussellbau wurde 1921 abgerissen und die Besatzung konnte vom Münchner Stadtmuseum gerettet werden. Sie besteht aus fünf Pferden, sechs Wagen, einem Dromedar, einem Widder und einem Steinbock. Neben dem höfischen Karussell im Münchner Stadtmuseum sind es die ältesten erhaltenen Karussellbesatzungsteile. Es bietet sich ein Vergleich an zwischen diesem geschlossenen Karussellbau von 1820, einem von 1913 und einem auf der Skizze von Rembrandt aus dem Jahre 1652.

Zum Sternenacker in Weißensee bei Berlin

Einen Eindruck, inwieweit sich das Angebot in der Volksbelustigung Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt hat, vermittelt das letzte Beispiel. Um 1880 entstand in Weißenssee bei Berlin das stattliche Vergnügungsetablissement „Zum Sternecker“.  Auf einer zeitgenössischen Abbildung sind verschiedene aufwendige Vergnügungsobjekte, eingebettet in Infrastruktur und Architektur, zu sehen. Mit der Pferdebahn gelangten die Berliner direkt bis zum Eingang des Geländes. Gleich hinter dem Eingangspavillon ist links ein Festsaalbau für 2500 Gäste aufgestellt. Im linken Vordergrund erstreckt sich die Sternecker-Weißbier-Brauerei. Im rechten vorderen Bildteil befindet sich das Schloss Weißensee, in dem der Inhaber der Brauerei und Schöpfer der Parkanlage wohnte. Weiter links davon erkennen wir eine halb überdachte Bühne für Konzertaufführungen.
Achszentral zum Eingangsbereich gelangt man über die Hauptpromenade zum Belvedere mit dem Obelisken, vorbei an Konditorei, Blumenbazar, Photoatelier und vielem mehr.
Das Angebot an Jahrmarkstraktionen reichte von ‚Reit-Bahn’, Bodenkarussell, Schaukel, Rutschbahn, Spielbuden, Kraftmesser und sonstigen verschiedenen Schaustellungen bis zu Varietétheater und Dampferfahrt auf dem angrenzenden See. Die Anlage ließe durchaus einen zeit entsprechenden Vergleich zu den Vergnügungsparkanlagen der heutigen Zeit zu.

Bauernlustbarkeit in Dresden Anlässlich eines im Jahre 1709 in Dresden für den Hof stattfindenden  Festes waren verschiedene Belustigungen aufgebaut worden. Festgehalten wurde das Ereignis im Bild ‚Bauernlustbarkeit im großen Garten’.  Abgebildet sind in einem architektonisch reizvoll gestalteten Garten eine Schaukel, eine ‚Russische Schaukel“  eine Vorrichtung zum Vogelschiessen und ein Karussell. Die scheinbar immer noch als „Drehe“ bezeichnete Karussellvorrichtung bestand aus einer ebenerdigen kreisförmigen Plattform, vergleichbar mit einem waagerecht am Boden liegendem Mühlrad, auf dem Pferde und Wagen montiert waren. Zwei Reiter auf Pferden und zwei Damen in Wagen hatten die Möglichkeit, verschiedene Zielobjekte in der Umlaufbahn der sich drehenden Plattform zu avisieren. Hier kann ein direkter Bezug zu den Reiterspielen, Ring-, Quintan- und Kopfrennen gesetzt werden, allerdings zeigt die Teilnahme von Damen am Ringelspiel die allmähliche Abwendung vom ursprünglichen Zweck des männlichen Geschicklichkeitsspiels zur direkten Lustbarkeit. Angetrieben wurde das Karussell durch Menschenhände, die in einem darunter liegenden Keller das Drehrad anschoben. Augsburger Bilderbogen Ein ganzes Spektrum an Vergnügungsmöglichkeiten wird auf einem kolorierten Stich von Johann Martin Will in einem Augsburger Bilderbogen um 1770 dargestellt. Auf der Detailabbildung zeigt sich hier die frühe Form eines Hängekarussells. Die Grundkonstruktion lässt sich leicht rekonstruieren. An einem fest in die Erde verkeilten Mast hängt horizontal ein an vier Streben mit der Mastspitze verbundenes großes Rad. Zwischen den sechs Radspeichern sind im Außenkranz abwechselnd drei Sitze für Damen und drei hölzerne Springpferde für den Reiter befestigt. Um das Karussell herum sind die bekannten Ziele für Kopfrennen und Ringstechen platziert. Angetrieben wurde das Karussell manuell von einer einzelnen Person im Innenkreis des Rades. Das einzige erhaltene höfische Karussell im europäischen Raum wird im Marstallmuseum des Nymphenburger Schlosses in München verwahrt. Es stammt ursprünglich aus der Würzburger Residenz und wurde dort von Großherzog Ferdinand von Toskana zwischen 1805 und 1814 angeschafft.

© Margit Ramus

Dering, S. 28. Fotos S. 29.
Reisezeit. Zeitreise zu den schönsten Schlössern, Burgen, Gärten, Klöstern und Römerbauten in Deutschland. Regensburg 1999, S. 132.